Mitversicherte wissen oft nicht, dass zu ihren Gunsten eine Versicherung abgeschlossen wurde. Welche Rechte und Pflichten sich daraus für sie ergeben, erklärt der Schadenexperte Dr. Wolfgang Reisinger anhand einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH).
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 2/27/2018
Am 2. August 2006 erlitt die mitversicherte Ehefrau des Versicherungsnehmers einen Zeckenbiss am rechten Oberarm mit Rötung, weshalb sie drei Wochen lang behandelt wurde. Im August 2009 wurde bei ihr eine massive Borreliose festgestellt. Auch in den Befunden zweier Labore war die Borreliose schon im April 2009 grenzwertig. Weil das Ehepaar die Borreliose erst im Oktober 2014 erstmals dem Unfallversicherer mitgeteilt hatte, lehnte dieser die Deckung wegen Verjährung ab. Die Deckungsklage blieb ohne Erfolg.
Klägerin hätte in Bedingungen nachsehen müssen
Die Klägerin wäre dazu verpflichtet gewesen, sich in den Versicherungsbedingungen über ihren Leistungsanspruch zu informieren, meinte der OGH (7 Ob 176/17h). Sie habe gewusst, dass sie Mitversicherte und Anspruchsberechtigte aus der Unfallversicherung ihres Mannes war. Eine entsprechende Durchsicht hätte ganz klar ergeben, dass sich der Versicherungsschutz auch auf durch Zeckenbiss übertragene Borreliose erstreckt. Der Einschluss von durch Zeckenbiss übertragene Erkrankungen sei in Unfallversicherungen auch durchaus nicht unüblich, sodass die Argumentation der Klägerin, sie als Laie habe nicht damit rechnen müssen, dass derartige Erkrankungen gedeckt sind, ins Leere gehe. Der Klägerin sei daher eine Verletzung der Erkundungsobliegenheit anzulasten.
Sonderregel für Mitversicherte
Das Gesetz sieht für „Dritte“ eine Sonderregel vor (§ 12 VersVG). Steht der Anspruch aus dem Versicherungsvertrag einem Dritten zu, so beginnt die Verjährung zu laufen, sobald diesem sein Recht auf die Leistung des Versicherers bekannt geworden ist. Ist dem Dritten das Recht nicht bekannt geworden, so verjähren seine Ansprüche erst nach zehn Jahren. „Diese Regelung ist durchaus sinnvoll, weil Mitversicherte vor allem in der Unfallversicherung oft nicht wissen, dass zu ihren Gunsten eine Versicherung abgeschlossen wurde“, so Reisinger. Dies könne zum Beispiel der Fall sein, wenn ein Unternehmen eine Gruppenversicherung für seine Mitarbeiter abschließt oder wenn es sich um eine relativ unbekannte Versicherung wie etwa eine Kfz-Insassenversicherung handle.
Erkundungspflicht verletzt
Reisinger: „Das Berufungsgericht war tatsächlich der Meinung, dass die Versicherte nicht verpflichtet war, die Bedingungen des zwischen ihrem Ehegatten und der Versicherung geschlossenen Unfallversicherungsvertrags auf die Frage hin zu prüfen, ob auch Borreliose unter den vereinbarten Unfallversicherungsschutz fällt.“ Der OGH habe diesen „an sich vertretbaren Rechtsstandpunkt“ nicht geteilt und war der Ansicht, den anspruchsberechtigten Dritten treffen gewisse Verpflichtungen zur Ausforschung bestehender Verträge, wenn dies ohne nennenswerte Mühe möglich sei.
Der gesamte Artikel erscheint in der nächsten AssCompact-Ausgabe.
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