zurück zur Übersicht

Beitrag speichern

Haftungsstreit nach Sturz auf Skipiste

Haftungsstreit nach Sturz auf Skipiste

12. März 2020

|

3 Min. Lesezeit

|

News-Recht & Wissen

Eine Frau stürzte aus Schreck vor einem rasch vorbeifahrenden Skifahrer. Ob sie einen Fahrfehler begangen hat und sie daher eine Mitschuld trifft, hatte der Oberste Gerichtshof (OGH) zu klären.

Kerstin Quirchtmayr

Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 12.03.2020

Die Klägerin, eine sehr gute Skifahrerin, fuhr in gemütlichem Tempo und kleinen Bögen einen Hang talwärts. Der Beklagte, ebenfalls ein versierter Skifahrer, näherte Sich auf Freestyle-Skiern von hinten mit mindestens 40 km/h und wollte links an der Klägerin vorbeifahren. Er war rund einen Meter von ihr entfernt, als sie ein plötzliches Geräusch („Knallen“) der Skispitzen des Beklagten hörte. Sie drehte den Kopf nach hinten, sah den Beklagten neben ihr, erschrak und stürzte, wobei sie sich verletzte.

Klage auf Schmerzensgeld

Das Erstgericht sprach mit Teil- und Zwischenurteil aus, dass das Zahlungs- und Feststellungsbegehren dem Grunde nach zu 50% zu Recht, im Übrigen aber nicht zu Recht bestehen. Darüber hinaus sprach es der Klägerin unter Abweisung des Mehrbegehrens Schmerzensgeld von 5.500 Euro zu. Das Berufungsgericht gab dem gegen die Verschuldensteilung sowie gegen die Bemessung des Schmerzensgeldes mit insgesamt weniger als 13.000 Euro gerichteten Rechtsmittel keine Folge.

Die Revision der Klägerin wendet sich in ihrer Rechtsrüge gegen die von den Vorinstanzen vorgenommene Anrechnung eines Mitverschuldens.

Plötzlich auftretende Gefahr

Der OGH (8 Ob 42/19p) führte dazu aus, dass jeden Skifahrer das allgemeine Gebot des kontrollieren Fahrens treffe. Werde ein Verkehrsteilnehmer bei einer plötzlich auftretenden Gefahr zu schnellem Handeln gezwungen und treffe er unter dem Eindruck dieser Gefahr eine unrichtige Maßnahme, dann könne ihm dies nach ständiger Rechtsprechung noch nicht als Mitverschulden angerechnet werden.

Der Umstand, dass ein Skifahrer gestürzt ist, bedeute für sich allein noch nicht, dass er ein Fehlverhalten zu verantworten habe. Maßgeblich für den Schuldvorwurf des gestürzten Skifahrers sei vielmehr das dem Sturz vorangehende Verhalten. Ein solches Fehlverhalten sei der Klägerin im vorliegenden Fall nicht anzulasten.

Kein fahrlässiges Verhalten

Es wurde ihr weder vorgeworfen, eine nicht ihrem Können und den Pistenverhältnissen angepasste Fahrweise gewählt zu haben, noch hat sie gegen irgendeine anerkannte Pistenregel verstoßen. Von einem fahrlässigen Zuwiderhandeln der Klägerin gegen die allgemein von einem Skifahrer zu erwartende Sorgfalt könne daher nicht gesprochen werden. Fest stehe vielmehr, dass der Sturz der Klägerin auf ihr nachvollziehbares Erschrecken vor dem gehörten „Knall“ zurückzuführen war.

Sorgfaltsverstoß des Beklagten größer

Damit, dass die Klägerin auf das nur einen Meter entfernte „Knallen“ der Schier des Beklagten mit einer Kopfdrehung in seine Richtung reagiert hat, lasse sich ein Sorgfaltsverstoß nicht begründen. Selbst wenn man die Schreckreaktion der Klägerin als technischen Fahrfehler ansehen wollte, weil sie dadurch in der Folge die Kontrolle über ihre Skier verloren hat, wäre ein damit allenfalls anzulastender geringer Sorgfaltsverstoß gegenüber dem weitaus überwiegenden Verschulden des Beklagten, der die Klägerin durch massives Unterschreiten des angemessenen Mindestabstands gefährdet hat, zu vernachlässigen. Der Revision war daher Folge zu geben.

zurück zur Übersicht

Beitrag speichern

sharing is caring

Das könnte Sie auch interessieren


Ihnen gefällt dieser Beitrag?

Dann hinterlassen Sie uns einen Kommentar!

(Klicken um Kommentar zu verfassen)