Laut der Insolvenzprognose von Acredia befindet sich Österreich 2021 weiterhin deutlich unter dem Vorjahr, Großinsolvenzen blieben bisher aus. Eine nationale und globale Trendwende wird erst für 2022 erwartet.
Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 06.10.2021
„Österreich verzeichnet ein Minus von 45,1% bei den Gesamtinsolvenzen gegenüber 2020. Das entspricht rund 1 000 Fällen gegenüber 1 927 Fällen im Vorjahr. Die Insolvenzverbindlichkeiten sind ebenfalls stark gesunken – von 1,744 Millionen Euro in 2020 auf 365 Millionen Euro in 2021. Das liegt daran, dass es keine Großinsolvenzen gibt“, so Meierschitz und ergänzt: „Wir erwarten keine Insolvenzschockwelle für den Rest des Jahres 2021, aber einen leichten wöchentlichen Anstieg ab Herbst mit einer Rückkehr zum Vorkrisen-Niveau. Diesen Trend bestätigen die Zahlen seit Juli 2021 nach Auslaufen der staatlichen Förderungen. Mit Jahresende erwarten wir in etwa die gleiche Fallzahl wie 2020, also rund 3.000 Insolvenzfälle in Österreich.“ Einen starken Rückgang bei den Fällen gab es im Bau- und Baunebengewerbe, dem Dienstleistungssektor sowie Gastronomie und Tourismus.
Für 2022 prognostiziert Acredia einen Anstieg der Firmenpleiten in Österreich auf 4 500 bis 5 000 Fälle.
Weltweite Insolvenzen werden ab 2022 langsam wieder ansteigen
2022 dürften die weltweiten Insolvenzen allmählich auf das Ausmaß von vor der Pandemie zurückkehren – allerdings in einem langsamen Tempo, angepasst an die Rücknahme der umfangreichen staatlichen Unterstützungsmaßnahmen. Trotz eines erwarteten Anstiegs von rund 15% dürften die globalen Fallzahlen 2022 im Durchschnitt weiterhin 4% niedriger liegen als 2019 – vor der Pandemie. Dennoch kehren insbesondere Exportrisiken stärker zurück als bisher.
2020 lag der Rückgang bei den weltweiten Pleiten bei 12% und auch im laufenden Jahr zeichnet sich ein weiterer Rückgang um rund 6% ab, so die jüngste Insolvenzstudie von Österreichs führender Kreditversicherung Acredia in Zusammenarbeit mit Euler Hermes.
„Die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen haben ihr Ziel erreicht, möglichst viele Insolvenzen zu verhindern“, sagt Acredia-Vorständin Gudrun Meierschitz. „In Westeuropa haben die Maßnahmen jede zweite Pleite verhindert, in den USA jede dritte. Für heuer zeichnet sich keine Trendwende ab: Die Verlängerung zahlreicher Programme wird die Insolvenzen im Jahr 2021 auf einem weiterhin niedrigen Niveau halten. Wie es weitergeht, hängt maßgeblich davon ab, wie die Regierungen in den kommenden Monaten handeln. Erst ab 2022 dürfte sich das weltweite Insolvenzgeschehen wieder schrittweise normalisieren.“
Regionale Unterschiede: In einigen Ländern steigen die Insolvenzen 2021 gegen den Trend
Die Entwicklung ist global sehr unterschiedlich: Während in den meisten Ländern 2021 die Pleiten weiter – zum Teil deutlich – rückläufig sein dürften, gibt es auch einige Länder, bei denen die Fallzahlen bereits 2021 gegen den globalen Trend steigen dürften. Dabei gibt auch die unterjährige Entwicklung Aufschluss über mögliche regionale Hot-Spots.
So steigen Insolvenzen in Westeuropa 2021 voraussichtlich in Italien (+47%), Spanien (+30%), Großbritannien (+10%), Luxemburg und der Schweiz (je +4%) sowie in Belgien (+3%). In Osteuropa verzeichnen insbesondere Polen (+62%), Ungarn (+20%), Rumänien (+8%) und Bulgarien (+5%) steigende Fallzahlen ebenso wie in Asien: Hongkong (+24%), Indien (+13%), Taiwan (+10%). In Afrika dürften Marokko (+48%) und Südafrika (+8%) den stärksten Anstieg sehen und in Südamerika sind Kolumbien (+12%) und Brasilien (+6%) besonders betroffen.
Fünf Indikatoren bestimmen die weitere Insolvenzentwicklung
Die neue Normalität bei den Insolvenzen birgt in allen Regionen weiterhin zahlreiche Risiken, die Unternehmen im Auge behalten sollten. Das Zusammenspiel von globaler und lokaler wirtschaftlicher Entwicklung und staatlicher Unterstützung spielt bei der Entwicklung der Insolvenzen eine entscheidende Rolle. Hinzu kommt das weiterhin bestehende Ausfallrisiko von Unternehmen, die bereits vor Covid-19 zu den Wackelkandidaten oder „Zombies“ zählten. Zudem hat die verschlechterte Finanzlage mancher Unternehmen das Problem der Schuldentragfähigkeit verschärft. Die rasche Erholung der Unternehmensgründungen ist zwar einerseits eine positive Nachricht, die aber auch eine Kehrseite der Medaille hat: Junge Unternehmen sind traditionell anfälliger für Insolvenzen. Zudem vergrößert diese Entwicklung die Basis für potenzielle Insolvenzen insbesondere in Bereichen, in denen die Gründung von Unternehmen in hohem Maße mit in der Pandemie neu entstandenen Bedürfnissen zusammenhängt wie zum Beispiel Hauszustellungen, deren langfristige Tragfähigkeit jedoch unsicher ist.
Foto oben: Gudrun Meierschitz, Acredia Vorständin; © Acredia
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