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AssCompact Diskussion um Dauerrabatt: Auslaufmodell oder Pensionsvorsorge?

AssCompact Diskussion um Dauerrabatt: Auslaufmodell oder Pensionsvorsorge?

07. Oktober 2021

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11 Min. Lesezeit

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News-Im Blickpunkt

Ist der Dauerrabatt ein Auslaufmodell? Diese Frage wurde heute beim AssCompact Trendtag in Wien von Fachleuten aus der Branche diskutiert. Im Rahmen der Podiumsdiskussion wurden auch die Ergebnisse einer Makler-Umfrage und einer Versicherer-Umfrage präsentiert.

Andreas Richter

Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 07.10.2021

Moderator Gerhard Matschnig begann seine Einleitung mit einem kurzen historischen Rückblick: „Es gibt ein Urteil des Bezirksgerichts Pregarten aus dem Jahr 1924, in dem es um den Dauerrabatt geht. Seither beschäftigt der Dauerrabatt die Versicherungswirtschaft und die Gerichte.“

Welche Zukunft hat der Dauerrabatt, was ist seine wichtigste Stärke und Schwäche?

Für Sven Rabe, CEO VAV Versicherungs-AG, ist das Instrument des Dauerrabatts aus der Zeit gefallen. „Wir haben uns daher als VAV 2019 entschieden, keinen Dauerrabatt mehr zu verrechnen.“ Der Dauerrabatt habe als Kundenbindungsinstrument ausgedient, weil er eher Kunden verärgere.

Paul Brandstätter, Head of Product & Marketing Management, UNIQA, verwies einleitend auf das OGH Urteil zum Dauerrabatt, das bei der UNIQA eine klare Positionierung nach sich gezogen habe. „Wir hätten den Dauerrabatt mit viel Aufwand und neuen Klauseln nachschärfen können. Wir haben uns aber dazu entschieden, uns vom Dauerrabatt und von Strafzahlungen zu verabschieden. Er passt nicht mehr in unsere Zeit.“ Hauptschwäche sei der hohe Verwaltungsaufwand.

Christian Zettl, Bereichsleiter VT/Pricing Non Life, Allianz, hoffte „auf eine marktweite Einsicht der gesamten Branche, auf den Dauerrabatt zu verzichten.“ Er sah als größte Schwäche die Intransparenz zum Kunden hin: „Welcher Kunde erinnert sich denn nach sieben oder acht Jahren noch daran, was er beim Vertragsabschluss unterschrieben hat?“

Rudolf Mittendorfer, Konsumentensprecher im Fachverband der Versicherungsmakler zeigte sich über die Argumentation seiner Vorredner überrascht. „Die Versicherer entscheiden, mit welchen Tarifen und Vertragsbedingungen sie Produkte auf den Markt bringen. Ich als Makler entscheide, welche Produkte ich verkaufe.“ Der Dauerrabatt sei eine Möglichkeit, dem Kunden gegenüber Knowhow zu beweisen. Absprachen der Versicherer über eine Abschaffung des Dauerrabatts seien im Übrigen kartellrechtlich problematisch.

Christian Grünsteidl, ÖVM Vorstand und Ombudsmann der Fachgruppe OÖ., sieht den Dauerrabatt ebenfalls skeptisch: „Er wird den 100. Geburtstag nicht mehr erleben.“ Bei Privatverträgen habe der Dauerrabatt als Kundenbindungsinstrument auch aus rechtlicher Sicht ausgedient.

Christopher Knapp, KNAPP Versicherungsmakler GmbH, Schwaz/T., und AssCompact Jungmakler 2020, berichtete von vorangegangenen Diskussionen mit Maklerkollegen: „Es gibt Makler, die sagen, es ist nur Verwaltungsaufwand und ein Geld-Hin-und-Herschieben. Dann gibt´s Makler, die sagen, es ist ein Kundenbindungsinstrument. 60% der Makler sind ja in einem fortgeschrittenen Alter, die ihre Kundenstöcke verkaufen oder übergeben wollen.“ Die Laufzeit habe ja wesentlichen Einfluss auf den Wert des Kundenstocks. Wichtigste Schwäche sei die Intransparenz: „Der Kunden kommt ja erst nach zehn Jahren drauf, dass er da ein Goodie gehabt hat.“

Gottfried Pilz, Fachgruppenobmann der niederösterreichischen Versicherungsmakler, verwies auf den Verwaltungsaufwand, den es verursache, Dauerrabatt-Nachzahlungen im Kreis zu schicken. „Es hat keinen Sinn, dass man den Kunden knebelt und bestraft. Da wäre es als Branche besser, dass man sich an das OGH Urteil hält und dass wir es als Chance nehmen, uns diese unnötige Arbeit zu ersparen.“

Umfragen sprechen eine deutliche Sprache

Pilz präsentierte nach der ersten Fragerunde das Ergebnis einer Umfrage unter den niederösterreichischen Versicherungsmaklern. Auf die Frage „Ist der Dauerrabatt, Laufzeitrabatt oder eine ähnliche Regelung ein geeignetes Mittel, um Kunden zu binden?“ antworteten 96% mit nein, 4% mit ja. Ein ähnliches Nachfolgemodell zum Dauerrabatt befürworten 10%, 90% sind dagegen.

Ähnlich eindeutig fiel die Meinung der niederösterreichischen Makler auf die Frage aus, ob der Dauerrabatt dem Image der Versicherungswirtschaft geschadet habe. 89% voteten auf diese Frage mit ja, 11% mit nein. Die Frage „Verhindert eine solche Regelung wie der Dauerrabatt Geschäft, weil sich Kunden immer weniger binden wollen?“ beantworteten 59% ja, 41% nein. Fast identisch hatten die Kärntner Versicherungsmakler in einer Umfrage mit denselben Fragen gevotet.

Eine klare Tendenz gegen den Dauerrabatt zeigt auch eine AssCompact-Umfrage unter österreichischen Versicherungsgesellschaften, die AssCompact Herausgeber Franz Waghubinger präsentierte. Auf die Frage „Ist der Dauerrabatt, Laufzeitrabatt oder eine ähnliche Regelung ein geeignetes Mittel, um Kunden zu binden?“ antworteten 77% mit nein, 23% mit ja. 58% der Umfrageteilnehmer halten alternative Modelle zur Kundenbindung bzw. Kundenbelohnung für sinnvoll, 42% für sinnlos. Die Frage, ob alternative Modell angedacht sind, beantworteten 58% der Teilnehmer analog dazu mit ja, 42% mit nein.

Die Frage, ob der Dauerrabatt dem Image der Versicherungswirtschaft geschadet habe, wurde von 75% mit ja und von 25% mit nein beantwortet. Für 75% ist der mit dem Dauerrabatt verbundene Aufwand höher als der Nutzen.

Auswirkungen auf Laufzeit und Prämie?

Welche Auswirkungen hätte eine Abschaffung auf Laufzeit und Prämie? Mit dieser Frage leitete Moderator Gerhard Matschnig die zweite Fragerunde ein. Sven Rabe berichtete, die Abschaffung habe weder bei der VAV noch bei den Vertriebspartnern Veränderungen hinsichtlich Bestand und Vertragslaufzeiten nach sich gezogen. „Ich würde jeden Makler ermutigen, selbstbewusster zu sein und die persönliche Beratung als Kundenbindungsinstrument zu nutzen, nicht den Dauerrabatt.“

Paul Brandstätter unterstrich, dass lange Laufzeiten für jeden Versicherer ein wichtiger Benefit seien: „Natürlich möchten wir nicht zu 3- oder 1-Jahresverträgen wechseln. Es steckt ja viel Aufwand dahinter, den Kunden zu akquirieren." Die UNIQA wolle aber Kunden über gute Produkte, Service und professionelle Beratung binden.

Auch Christian Zettl sah keinen direkten Konnex zwischen Dauerrabatt und Laufzeiten. Eine Abschaffung werde auch wenig Auswirkungen auf das Pricing haben. „Wir möchten diese Komplexität weghaben, um mit dem Kunden mehr Zeit zu haben, um über unsere Produkte zu sprechen.“

„Warum sitzen wir überhaupt hier, wenn die Abschaffung des Dauerrabatts eh keine Auswirkungen hat“, wandte Rudolf Mittendorfer ein. Er verstehe nicht, warum man sich in der Branche von allem Komplexen trennen wolle. „Versichern ist per se nichts Einfaches, wir Makler betrachten uns ja als Navigator durch den Versicherungsdschungel.“ Mittendorfer stellte auch die Fragestellung der präsentierten Umfragen in Frage: „Es kommt ja immer darauf an: Was wird gefragt und nicht gefragt. Wenn ich die Makler frage „Wollt ihr mehr Provision, werde ich 105 Prozent Zustimmung bekommen.“ Bei Diskussionen mit Maklerkollegen sei er zu anderen Ergebnissen gekommen: „Viele Unternehmen machen sich Sorgen um den Wert der Bestände.“

Gottfried Pilz sah das Umfrageergebnis als klaren Auftrag: „Wenn 75 Prozent sagen, der Dauerrabatt macht mehr Aufwand als Nutzen, dann sollten wir den Mut haben, ihn abzuschaffen.“

Auch Christian Grünsteidl unterstrich den Wert langfristiger Verträge, sowohl für die Versicherer als auch für die Vermittler und die Kunden, plädierte aber wie Pilz für die Abschaffung des Dauerrabatts: „Wir werden es auch in Zukunft schaffen, Dauerrabatte wechselseitig zu verrechnen, die Frage ist aber, ob der Aufwand dafür steht.“

Christopher Knapp verwies darauf, dass die uneinheitliche Praxis, wie die Branche mit dem Dauerrabatt umgeht, die Beratung weiter verkompliziere. Er regte an, die Versicherungswirtschaft könnte anstelle des Dauerrabatts einen Fonds für die Abgeltung von Katastrophenschäden bilden.

Fachverbandsobmann Christoph Berghammer, von Moderator Gerhard Matschnig zu einer Wortmeldung gebeten, fürchtete so wie Rudolf Mittendorfer um den Wert der Bestände: „Wir bringen uns mit dieser Diskussion unsere eigene Pensionsvorsoge um.“

Gibt es alternative Modelle zum Dauerrabatt?

Bei der Frage nach alternativen Modellen zur Kundenbindung sprach Sven Rabe Mehr-Spartenrabatte an, das OGH Urteil zum Dauerrabatt sei eine klare Ansage für dessen Abschaffung: „Je länger wir uns weigern, desto öfter werden wir als Branche in der Zeitung stehen.“

Paul Brandstätter konnte dem Vorschlag Christopher Knapps für eine bessere Absicherung von Naturkatastrohen etwas abgewinnen und verwies auf die Bedeutung guter Servicierung: „Wenn der Kunde gutes Service bekommt, ist das mehr wert.“

Dieser Argumentation schloss sich auch Christian Zettl an: „Das Wichtigste wird sein, über Service zu punkten. Ob man mit preislichen Argumenten arbeitet, muss jede Gesellschaft für sich entscheiden. Wir müssen den Kunden am Beginn für unsere Produkte begeistern, nicht dann, wenn der Vertrag endet.“

Rudolf Mittendorfer sah die Diskussion als Sturm im Wasserglas: Er verstehe nicht, in einer Zeit, in der Online-Versicherungen auf den Markt drängen, die Komplexität in Frage zu stellen, die dem Makler die Chance biete, sich von den Online-Angeboten zu unterscheiden. „Laissez faire muss ja nichts Schlechtes sein.“

Christian Grünsteidl konnte Boni für Mehr-Sparten-Verträge etwas abgewinnen: „Das werden die Versicherungsmakler gerne aufnehmen.“ Über gute Servicierung Vollkunden zu gewinnen, sei für Vermittler vordringlich.

Christopher Knapp sah es als falschen Weg an, den Dauerrabatt abzuschaffen, ohne ihn durch alternative Modell zu ersetzen.

Gottfried Pilz sprach abschließend noch einmal den Arbeitsaufwand an: „Der Dauerrabatt verursacht viel Arbeit für nichts. Die Makler machen Kundenbindung tagtäglich durch ihre tolle Arbeit. Wir brauchen uns keine Sorgen um unsere Zukunft zu machen.“

Foto oben: Die Teilnehmer der AssCompact Podiumsdiskussion v.l.n.r.: Sven Rabe, Paul Brandstätter, Christian Zettl, Rudolf Mittendorfer, Gerhard Matschnig; Christian Grünsteidl, Christopher Knapp und Gottfried Pilz; ©Klaus Mitterhauser

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