Der heimische Mittelstand steckt mitten im Wirtschaftsabschwung. Die Geschäftslage der Unternehmen hat sich in den letzten Monaten markant verschlechtert. Das zeigt die aktuelle Herbststudie der Creditreform Wirtschaftsforschung. Demnach belasten die Folgen von Inflation und allgemeiner Konjunkturschwäche viele kleine und mittlere Unternehmen schwer. Zudem wird die Unternehmensfinanzierung durch das hohe Zinsniveau erschwert.
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 13.12.2023
Gerhard Weinhofer, Geschäftsführer vom Österreichischen Verband Creditreform:
"Im Jahr 2023 dürfte es nicht mehr zu einem Wirtschaftswachstum kommen. Das Creditreform Klimabarometer für die mittelständische Wirtschaft rutschte erstmals seit dem Corona-Jahr 2020 wieder in den Minusbereich. Das lässt eine Rezession wahrscheinlich werden."
Mit minus 4,9 Punkten zeigt das Creditreform Konjunkturbarometer eine erhebliche Verschlechterung der mittelständischen Wirtschaftslage (Vorjahr: plus 7,4 Punkte).
Dabei verzeichnet das Baugewerbe einen besonders deutlichen Abwärtstrend, nachdem dieser Sektor lange Zeit ein Stabilitätsanker war. Im Handel übertrifft der Stimmungsabschwung sogar den Einbruch während der Corona-Zeit.
Bereits in den Sommermonaten 2023 sind die Auftragseingänge im Mittelstand eingebrochen. Mehrheitlich wurden von den Befragten Auftragsrückgänge gemeldet. So verzeichnete fast jeder zweite Befragte (49,3 Prozent) einen rückläufigen Auftragsbestand (Vorjahr: 34,6%). Steigende Auftragseingänge meldeten nur 12,4% der Unternehmen (Vorjahr: 19,4%).
Gerhard Weinhofer:
"Die Umfragedaten zeigen: In den kommenden Monaten ist mit einer weiteren Eintrübung der Wirtschaftslage zu rechnen. Der Geschäftserwartungen im Mittelstand sind überwiegend pessimistisch."
Die Talsohle der aktuellen Krise dürfte somit noch nicht erreicht sein. Derzeit rechnen 46,7 Prozent der befragten Unternehmen mit sinkenden Aufträgen, nur 7,9% der Befragten erwarten einen Anstieg. Die konjunkturellen Rahmenbedingungen lassen derzeit keine Stabilisierung der Auftragslage zu. Im Gegenteil: Die Erwartungen der Unternehmen sind so pessimistisch wie seit über 20 Jahren nicht.
Gerhard Weinhofer:
"Der Mittelstand gerät bei der Unternehmensfinanzierung immer mehr unter Druck. Eigenmittel, also selbst erwirtschaftete Erträge, fließen derzeit kaum. Dagegen steigen die Kosten für Fremdkapital massiv."
Überwiegend hätten die befragten Unternehmen verschärfte Finanzierungsbedingungen gemeldet. Die Investitionstätigkeit werde dadurch bereits spürbar gebremst. Auch in den kommenden Monaten sei nicht mit einer Entspannung an der Zinsfront zu rechnen. Die befragten Unternehmen würden sogar weiter steigende Kreditzinsen erwarten. Zudem befürchtet fast jedes fünfte Unternehmen (19,3%), gar keinen Kredit mehr zu bekommen (Vorjahr: 15,5%).
"Insolvenzen steigen weiter, Zahlungsmoral sinkt"
Von Jänner bis September 2023 waren 4.016 Unternehmensinsolvenzen zu verzeichnen. Die Fallzahl erhöhte sich damit um 10,6% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres (1.-3. Quartal 2022: 3.632).
Gegenwind verzeichnen die mittelständischen Unternehmen auch durch die Verschlechterung der Zahlungsmoral. So blieben lediglich 22,9% der Unternehmen von Forderungsausfällen verschont, während 7,2% der Befragten größere Forderungsverluste von mehr als 1,0% des Umsatzes zu beklagen hatten (Vorjahr: 5,8%). Weitere 13,1%der Befragten waren von Ausfällen in Höhe von 0,5 bis 1,0% des Umsatzes betroffen.
Angesichts der angespannten Ertragslage dürfte sich die Eigenkapitalsituation im Mittelstand verschärfen. Schon in den vergangenen Monaten schrumpfte der Anteil der eigenkapitalstarken Unternehmen. Noch 44,8% der Unternehmen wiesen eine hohe Eigenkapitalquote von über 30% auf (Vorjahr: 46,2%). Auch der Anteil der eigenkapitalschwachen Unternehmen (Eigenkapitalquote unter 10%) ging zuletzt leicht zurück. 18,4%der Befragten wiesen eine sehr niedrige Eigenkapitalquote auf (Vorjahr: 19,1%).
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