Der Versicherungsnehmer hatte eine Lebensversicherung abgeschlossen. Er war der Meinung, dass er nicht gehörig über sein Rücktrittsrecht nach § 165a VersVG idF BGBl Nr. 1997/6 belehrt wurde, weshalb er einen Spätrücktritt vom Versicherungsvertrag vollzog. Der OGH musste schlussendlich über den zu Recht oder zu Unrecht erfolgten Rücktritt entscheiden.
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 14.07.2021
Im sechsseitigen Versicherungsantrag wurden auf der vorletzten, zweispaltig bedruckten, Seite mit dem Titel „Schlusserklärungen bezüglich des Abschlusses dieser beantragten Versicherung“ unter der fettgedruckten Zwischenüberschrift „RÜCKTRITTSRECHT LAUT § 5B, § 38 und § 165A VERSICHERUNGSVERTRAGSGESETZ BZW § 3 und § 3A KONSUMENTENSCHUTZGESETZ“ die einzelnen gesetzlichen Bestimmungen wörtlich wiedergegeben. Die Unterschrift des Versicherungsnehmers findet sich auf der den Schlusserklärungen unmittelbar vorangehenden Seite 4, die aber einen vom Kläger gesondert unterschriebenen Hinweis enthält, dass im Rahmen der Schlusserklärungen wesentliche Bestimmungen dargestellt werden. Über den zu Recht oder zu Unrecht erfolgten Rücktritt wurde zwischen dem Versicherungsnehmer und der Versicherungsgesellschaft ein Rechtsstreit abgeführt.
Wie ist die Rechtslage?
Nach zahlreichen höchstgerichtlichen Entscheidungen ist es mittlerweile kein Geheimnis mehr, dass der Lauf der Rücktrittsfrist nach § 165a VersVG idF BGBl Nr. 1997/6 erst dann ausgelöst wird, wenn der Versicherungsnehmer eine korrekte Belehrung über die Rücktrittsmöglichkeit und die einzuhaltende Frist erhalten hat.
Im vorliegenden Rechtsstreit hatte letztlich der OGH (7 Ob86/21d) zu beurteilen, ob die Wiedergabe der gesetzlichen Bestimmungen auf den letzten Seiten des unterfertigten Antrages als ausreichende Rücktrittsbelehrung zu werten ist, was vom OGH, ebenso wie von den Vorinstanzen, schließlich bejaht wurde.
Nach Ansicht des OGH wurde § 165a VersVG idF BGBl Nr. 1997/6 im Antrag wörtlich wiedergegeben, womit die Belehrung der Rücktrittsfrist angeführt ist. Außerdem findet sich auf jener vorangehenden Seite, die vom Versicherungsnehmer unterfertigt wurde, ein klarer Hinweis darauf, dass im Rahmen der Schlusserklärung wesentliche Bestimmungen dargestellt sind. Die Zwischenüberschriften würden bei Setzen der Unterschrift zudem ins Auge stechen. Aus diesen Gründen hat der Lauf der Frist für das Rücktrittsrecht zu dem Zeitpunkt begonnen, als der Versicherungsnehmer davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass der Vertrag geschlossen ist, also mit Zugang der Polizze (siehe dazu beispielsweise 7 Ob 3/20x, 7 Ob 6/20p u.A.).
Schlussfolgerung
Dazu Dr. Roland Weinrauch: „Nicht jeder Spätrücktritt führt nach der alten Rechtslage zum Erfolg. Entscheidend ist die Frage, ob eine ausreichende und richtige Belehrung über das Rücktrittsrecht stattgefunden hat.“
Von Dr. Roland Weinrauch (Foto), Gründer der Kanzlei Weinrauch Rechtsanwälte: https://weinrauch-rechtsanwaelte.at/
Titelbild: ©Studio_East – stock.adobe.com
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