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Die (nicht) verspätete Versicherungskündigung des Liegenschaftserwerbers

Die (nicht) verspätete Versicherungskündigung des Liegenschaftserwerbers

04. Juni 2021

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3 Min. Lesezeit

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News-Im Blickpunkt

Ein Versicherungsnehmer hat die versicherte Liegenschaft an einen Erwerber veräußert. Der Erwerber wollte das bis dato bestehende Versicherungsverhältnis kündigen, doch die Versicherung lehnte die Kündigung mit der Begründung ab, dass der Erwerber, ausgehend von der erstmaligen Kenntnis des bestehenden Versicherungsvertrages Anfang Juli, die einmonatige Frist nicht eingehalten hat.

Kerstin Quirchtmayr

Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 04.06.2021

Was ist passiert?

Der Versicherungsnehmer hat die versicherte Liegenschaft an den Erwerber veräußert. Der Erwerber war mit Anfang Juli zum Zeitpunkt des Eigentumsübergangs davon in Kenntnis, dass ein Versicherungsverhältnis besteht. Mehr Informationen zum Versicherungsverhältnis hatte der Erwerber zunächst nicht. Die Kündigung des Veräußerers wurde schließlich abgelehnt. Der Veräußerer teilte dies dem Erwerber mit Ende Juli mit und übermittelte diesem zum ersten Mal die konkreten Versicherungsdaten. In der zweiten Augustwoche wurde das Versicherungsverhältnis vom Erwerber gemäß § 70 Abs. 2 VersVG aufgekündigt. Die Versicherung lehnte die Kündigung mit der Begründung ab, dass der Erwerber, ausgehend von der erstmaligen Kenntnis des bestehenden Versicherungsvertrages Anfang Juli, die einmonatige Frist nicht eingehalten hat.

Wie ist die Rechtslage?

Nach § 70 Abs. 2 VersVG ist der Erwerber der versicherten Sache dazu berechtigt, das Versicherungsverhältnis zu kündigen, wenn das Kündigungsrecht innerhalb eines Monats nach dem Erwerb ausgeübt wird. Diese Kündigungsfrist beginnt allerdings erst dann, wenn der Erwerber von der Versicherung Kenntnis hat. Von diesem Zeitpunkt weg hat der Erwerber sohin einen Monat Zeit, den Vertrag mit sofortiger Wirkung aufzukündigen.

Im (noch) anhängigen Rechtsstreit geht es um die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Frist im Sinne von § 70 Abs. 2 VersVG ausgelöst wurde. Legt man den Sachverhalt der bisher dazu ergangenen Rechtsprechung bzw. der Lehre zugrunde, sollte dies erst jener Zeitpunkt sein, zu welchem dem Erwerber die Versicherungsdaten hinreichend bekannt waren. In diesem Fall wäre die Kündigung gemäß § 70 Abs. 2 VersVG noch rechtzeitig erfolgt.

Hatte der Erwerber im Zeitpunkt des Erwerbs nämlich keine Kenntnis von der „konkreten“ Versicherung, so läuft die Frist zur Kündigung bis zum Ablauf eines Monats ab Kenntniserlangung. Kenntnis von der Versicherung bedeutet, in Kenntnis jener Informationen zu sein, die den Erwerber in die Lage versetzen, sein Kündigungsrecht auszuüben. Es muss daher sowohl die Kenntnis vom Bestehen des Vertrages, als auch die Kenntnis vom „konkreten Versicherer“ vorliegen (siehe dazu OGH 7 Ob 50/74, SZ 47/56; BGH 28.04.2004, IV ZR 62/03, (Frankfurt/M) = VersR 2004, 765; hM, vgl Grassl-Palten, Sacherwerb 288).

Schlussfolgerung

Dazu spricht Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch folgende Empfehlung aus: „Bei Veräußerung der versicherten Sache und beim Willen einen bestehenden Versicherungsvertrag sofort auflösen zu wollen, sollte der Veräußerer vorsorglich um Bekanntgabe der konkreten Versicherungsdaten eines allfällig bestehenden Versicherungsvertrages ersucht werden, damit eine diskussionslose, fristgerechte Kündigung möglich ist.“

Von Dr. Roland Weinrauch (Foto), Gründer der Kanzlei Weinrauch Rechtsanwälte: https://weinrauch-rechtsanwaelte.at/

Titelbild: ©ARMMYPICCA – stock.adobe.com

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