Zwischen einer Auftraggeberin und einem Handwerksbetrieb entfacht ein Rechtsstreit über eine offenbar fehlerhafte und viel zu hohe Rechnung. Zwei Rechtsschutzversicherer kommen für die Deckung in Frage – doch keiner der beiden fühlt sich angesprochen.
Redakteur/in: Mag. Peter Kalab - Veröffentlicht am 20.12.2016
Im Herbst 2013 beauftragte die Frau ein Spengler- und Dachdeckerunternehmen, das Arbeiten an ihrem Haus durchführte. Ein halbes Jahr später erhielt sie – bereits nach mehrfacher Urgenz – einen Rechnungsentwurf. Weil darin aus ihrer Sicht einige falsche Rechnungsposten enthalten waren, forderte sie eine Korrektur. Die Einwände ließ das Unternehmen bei der endgültigen Rechnungslegung im März 2015 allerdings unberücksichtigt.
Unternehmen habe nicht vor hohen Kosten gewarnt
Nun weigerte sich die Auftraggeberin, die fällige Summe von mehr als 8.000 Euro zu bezahlen. Das Unternehmen reichte daraufhin eine Mahnklage ein. Die Frau ließ das nicht auf sich sitzen – ihren Einspruch begründete sie damit, dass die gelegte Rechnung „unangemessen hoch“ sei. Der Auftragnehmer sei angesichts der „exorbitanten Überschreitung“ der Kosten des ursprünglichen Angebots ihren Warnpflichten gegenüber der Konsumentin (gemäß § 1170a ABGB und § 5 KSchG) nicht nachgekommen.
Die Kundin reichte Schadensmeldungen bei zwei Rechtsschutzversicherern ein – sie hatte den Versicherer am 1. Jänner 2015 gewechselt. Beide lehnten die Deckung mit der Begründung ab, der Versicherungsfall falle in den zeitlichen Deckungsbereich des jeweils anderen Versicherers.
Verstoß während erster oder zweiter Vertragslaufzeit?
Zur Deckungspflicht des ersten Versicherers meint die Rechtsservice- und Schlichtungsstelle im Fachverband der Versicherungsmakler (RSS): Wenn sich die Frau darauf beruft, das Unternehmen sei seiner Warnpflicht nicht nachgekommen, liege ein Verstoß im Sinne von Art 2 Pkt.3 der ARB 1995 vor. Die Warnung hätte während der Bauarbeiten im Herbst 2013 ausgesprochen werden müssen – und damit falle der Verstoß in die Laufzeit des ersten Rechtsschutz-Vertrages.
Ebenso empfahl die Schlichtungskommission dem zweiten Versicherer die Deckung. Bei mehreren Verstößen sei der erste adäquat ursächliche Verstoß für die Bestimmung des Versicherungsfalls maßgeblich (Art 2.3 und 2.4 ARB 2010). In diesem Fall sei die Verletzung der Warnpflicht nicht von Belang, da diese mehr als ein Jahr vor Beginn der zweiten Rechtsschutzversicherung zu erfüllen gewesen wäre.
Falsche Rechnungslegung löst Versicherungsfall aus
Nun ging es um die Frage, welcher Vorfall den Versicherungsfall auslöste – schon die verspätete Rechnungslegung oder erst die aus Sicht der Kundin fehlerhafte Rechnung? Die RSS kommt angesichts der diesbezüglichen Rechtsprechung zu dem Schluss, die Rechnungslegung des Unternehmens sei „unvollständig und nicht ordnungsgemäß“. In diesem Verhalten sei ein adäquater, kausaler Verstoß zu erblicken.
Das Nichtlegen einer Rechnung sei hingegen – unabhängig vom fälligen Zeitpunkt – noch nicht adäquat ursächlich. Trotz des Verzuges sei es nämlich dem Auftragnehmer noch möglich, eine ordnungsgemäße Rechnung zu legen. Da somit der erste Verstoß in den zeitlichen Geltungsbereich der Rechtsschutzversicherung fällt, war spruchgemäß zu entscheiden.
Quelle: RSS/Fachverband der Versicherungsmakler; bearbeitet von AssCompact Österreich
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