Die österreichische Finanzwirtschaft habe die wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie bisher gut gemeistert und sei stabil aufgestellt. Die zunehmenden geopolitischen Spannungen sowie die Zeitenwende zu einer neuen europäischen Sicherheitsordnung infolge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine stellen die europäische Wirtschaft und Politik aber vor große Herausforderungen, so der Vorstand der FMA, Helmut Ettl und Eduard Müller, bei der Präsentation des FMA-Jahresberichtes 202.
Redakteur/in: Mag. Peter Kalab - Veröffentlicht am 10.05.2022
„Die Wirtschaftsstrukturen müssen zum Teil neu ausgerichtet werden, rasant steigende Energie- und Rohstoffpreise sowie Materialengpässe treiben die Inflation an, was absehbar geldpolitisch eine Zinswende erzwingen und insbesondere die Finanzteilnehmer besonders fordern wird. Gleichzeitig muss angesichts des fortschreitenden Klimawandels der Umstieg auf ein nachhaltigeres Wirtschaftsmodell noch konsequenter vorangetrieben werden.“ Dies habe auch gravierende Auswirkungen auf den Finanzmarkt Österreich und alle seine Teilnehmer, so Ettl und Müller, das erfordere eine vorausschauende und besonnene Anpassung der Geschäftspolitik der Finanzdienstleister, aber ebenso eine solche in Regulierung und Aufsicht.
2021: Turbulente Realwirtschaft, stabile Finanzmärkte
Im Berichtsjahr haben Österreichs Banken das harte Kernkapital – trotz der COVID-19-bedingten Schwierigkeiten – weiterhin stabil auf einem in etwa doppelt so hohen Niveau wie in der Globalen Finanzkrise halten können. Das harte Kernkapital ist zwar von 16,1% auf 15,7% leicht abgesunken, das ist aber immer noch der historisch zweitbeste Wert. „Angesichts der skizzierten großen Herausforderungen, vor der wir alle stehen, müssen wir aber eine besonders besonnene und vorausschauende Ausschüttungspolitik einmahnen, damit sich hier keine Trendwende manifestiert und so Stabilität und Krisenfestigkeit ausgehöhlt werden,“ so der Vorstand der FMA. Das Volumen der notleidenden Kredite sank – vor allem gestützt durch die nach wie vor massiven COVID-19-Hilfsmaßnahmen der öffentlichen Hand – mit 1,4% bis 2,0% aller Ausleihungen weiter ab. Auch die Versicherungsunternehmen sind bisher gut durch die schwierigen Zeiten gekommen und verfügen mit einer Solvenzquote (SCR) von im Schnitt rund 230% über mehr als das Doppelte an finanziellen Mitteln, als selbst bei dramatisch verschlechterten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen erforderlich ist. Zudem konnte die von der FMA 2013 verordnete Zinszusatzrückstellung in der Lebensversicherung inzwischen auf mehr als 1,5 Mrd. Euro sogar signifikant überdotiert werden, womit auch in der Hochzinsphase garantierte Verzinsungen abgesichert erscheinen. Investmentfonds, Pensionskassen und Betriebliche Vorsorgekassen haben die Auswirkungen der Börsenturbulenzen 2020 wieder aufgeholt und schlossen 2021 mit neuen Höchstwerten bei den von ihnen verwalteten Vermögen. Auch die Wiener Börse, die von den COVID-19-Turbulenzen 2020 überschießend betroffen war, erholte sich zeitlich etwas verzögert und erreichte 2021 erneut Vorkrisenwerte.
2021 hat Österreichs Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) mit 390 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern 938 konzessionierte oder registrierte Unternehmen beaufsichtigt, die zusammen Vermögenswerte von rund 1.383 Mrd. Euro verwalten. Das Gesamtbudget der FMA betrug 2021 rund 74,6 Mio. Euro, wovon 10,7 Mio. Euro als Durchlaufposten für die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) als Teilkostenersatz für deren Dienstleistungen einzuheben waren. 4,5 Mio. Euro der Kosten deckt der Bund pauschal, 9,3 Mio. Euro wurden durch Gebühren und sonstige Erträge gedeckt, der Rest ist verursachergerecht auf die Beaufsichtigten umzulegen. Davon entfielen auf die Banken 55,6%, die Wertpapieraufsicht 24%, Versicherungsunternehmen 18,8% und Pensionskassen 1,6%.
Bild: ©Jürgen Fälchle – stock.adobe.com
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