Die Kryptowährung Bitcoin hat Ende 2020 und Anfang 2021 fulminante Kursentwicklungen hingelegt. Tesla investiert mittlerweile sogar schon seine Cash-Reserven in Bitcoin. Mastercard und auch BNY werden Bitcoin-Zahlungen abwickeln. Hat der Schuldenexzess der Pandemie nun endgültig den Weg für Digitalwährungen geebnet?
Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 11.03.2021
Seit der Finanzkrise 2008 sind quasi die Regeln von Währungs- und Wirtschaftsstabilität außer Kraft gesetzt. Seit über einem Jahrzehnt sind die Leitzinsen im Sinkflug und Geldmengen werden überdurchschnittlich erhöht. Anfangs mit dem Ziel, maroden Staatsfinanzen Spielraum zu geben, ist mittlerweile schon in aller Breite akzeptiert, dass die Zinsen nicht wieder steigen können, ohne dabei Staatspleiten in Kauf zu nehmen. Als wäre das nicht schon genug gewesen, kommt dann auch noch die Pandemie, die mit Lockdowns und Überbrückungskrediten für betroffene Wirtschaftstreibende bekämpft wird. Was anfangs als Notmaßnahme geplant war, zieht sich mittlerweile schon ein Jahr lang hin: Realwirtschaft wird auf Sparflamme heruntergefahren, der Staat springt ein und macht neue Schulden für die Hilfsmaßnahmen. So weit, so unausweichlich. Doch was kommt danach? Werden Steuern erhöht und Schulden getilgt, bis man Staatsschulden wieder auf ein gesundes Maß reduziert hat und die Notenbanken wieder eine normale Geldpolitik betreiben können? Sehr unwahrscheinlich! Springt die Wirtschaft wieder an, muss man also wieder mit Inflation rechnen. Verbraucherpreissteigerungen, die in den letzten Jahren trotz Geldmengenausweitungen kaum spürbar waren, werden wieder als steigende Gefahr wahrgenommen. Gleichzeitig bereiten sich auch die letzten Banken auf noch länger tief bleibende Zinsen vor und kündigen Sparbücher mit positiver Verzinsung – sogar Negativzinsen für höhere Einlagen werden eingeführt. Traditionell profitiert Gold davon. Auch dieses Mal. Doch die digital-affine Generation, die mittlerweile bis in die Vorstandsetagen der größten Unternehmen der Welt reicht, hat noch eine andere Alternative bei Niedrigzins und Inflationssorgen für sich entdeckt. Eine Lösung, die im Gegensatz zu Gold nicht nur als Wertspeicher dient, sondern auch für den täglichen Zahlungsverkehr eingesetzt werden kann: Kryptowährungen, allen voran Bitcoin!
Tesla adelt Bitcoin zur Cash-Reserve & Zahlungsmittel
Tesla ist durch die Aktienrallye 2020 zu einem der wertvollsten Unternehmen der Welt aufgestiegen und wird von den Anlegern an der Börse neunmal so hoch bewertet wie Konkurrent Volkswagen. Bei einem Output von 500.000 Autos pro Jahr liegt Tesla nach wie vor weit hinter Volkswagen mit 9,3 Millionen Fahrzeugen im abgelaufenen Jahr. Während Volkswagen in der COVID-Krise 15% weniger Fahrzeuge absetzen konnte, steigerte Tesla den Absatz um 36%. Es lässt sich streiten, ob Wachstumsraten und Profitabilität solche Bewertungen rechtfertigen, Fakt ist allerdings, dass Tesla spätestens jetzt als Größe der Automobilindustrie angesehen werden muss.
CEO Elon Musk hat sich schon seit geraumer Zeit immer wieder öffentlich (insbesondere auf Twitter) als Fan von Bitcoin und anderen Kryptowährungen geoutet. Nun gab Tesla offiziell bei der US-Wertpapieraufsicht SEC bekannt, 1,5 Mrd. US-Dollar seiner 19 Milliarden Cash-Reserven in Bitcoin investiert zu haben.
Dabei wird Bitcoin nicht nur als Cash-Reserve verstanden, sondern auch in Zukunft als Zahlungsmittel für den Kauf von Tesla-Produkten akzeptiert.
Etablierte Zahlungsdiensteanbieter Mastercard und BNY springen auf Bitcoin-Zug auf
Der Februar war für Bitcoin ein besonders guter Monat, denn nicht nur Tesla bekennt sich zur Kryptowährung, sondern auch Mastercard und Bank of New York MellonCorp (BNY) verkünden die Integration von Bitcoin in ihre Systeme und somit in den etablierten Geldtransfer. BNY hat sogar eine eigene Abteilung für das Verwahren, Übertragen und Emittieren von Kryptowährungen eröffnet. Mastercard erklärt in einer Pressemitteilung klar, dass sie nicht zum Investment in Bitcoin oder Kryptowährungen raten, jedoch ihren Kunden die Möglichkeit geben wollen, sämtliche Vermögenswerte über ihr Netzwerk als Bezahlung transferieren zu können.
Mastercard hat bereits 2019 mit einer eigenen Kryptowährung geliebäugelt, aber im Vorjahr Abstand von einer Teilnahme an der “Libra-Kryptowährung” genommen, nachdem dieses von Facebook angeführte Kryptoprojekt 2020 auf enormen Widerstand, unter anderem aus dem US-Senat, gestoßen war. Auch wenn das soziale Netzwerk nun weniger Unterstützer hat und auch den US-Senat damit besänftigt hat, nichts zu starten, ohne vorab das grüne Licht der US-Behörden eingeholt zu haben, wird weiter am Projekt gearbeitet. Nun unter neuem Namen: “Diem” soll eine vom US-Dollar gedeckte Kryptowährung werden und unter anderem in den Facebook Messenger und in WhatsApp integriert werden. Durch die Deckung mit US-Dollar ist “Diem” vorerst weniger als Kryptowährung, sondern mehr als digitale Zahlungsinfrastruktur zu bewerten.
Wer Bitcoin und somit die Dezentralisierung und Privatisierung von Währungen als Randthema ignoriert hat, muss spätestens jetzt akzeptieren, dass ein signifikanter Teil der Industriegrößen das Thema Kryptowährung akzeptiert hat und sogar als echte Alternative für Cash-Reserven und Zahlungsabwicklung hält.
Von Mag. Markus Waghubinger, Gründer der finothek GmbH (Foto oben)
zurück zur Übersicht
Beitrag speichern
sharing is caring
Das könnte Sie auch interessieren