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Streit um Deckung für Aus- und Einbaukosten

Streit um Deckung für Aus- und Einbaukosten

22. November 2021

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6 Min. Lesezeit

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News-Im Blickpunkt

Die erweiterte Produktehaftpflichtversicherung ist eine komplexe Materie. In einem aktuellen Fall musste der OGH entscheiden, ob Deckung für einen Schadenfall aus der erweiterten Produktehaftpflichtversicherung besteht (OGH 7 Ob 153/21g, versdb 2021, 57). Mehrere Aspekte wurden dabei vom OGH beleuchtet.

Andreas Richter

Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 22.11.2021

Der VN stellte Antriebseinheiten für bewegliche Glaselemente, bestehend aus Elektromotor, Umlenkrolle und Zahnriemen her. Er lieferte diese an seine Auftraggeberin, die die Montage durchführte. Im November 2015 meldete die Auftraggeberin das Abrutschen von Zahnriemen. Der VN sah die Ursache in einem Montagefehler der Auftraggeberin, die dies zur Kenntnis nahm. Nachdem die Auftraggeberin eine Mehrzahl der Zahnriemen ersetzt hatte, entschloss sie sich zum Austausch aller unter Beiziehung eines Sachverständigen zur Überwachung dieser Arbeiten. Der geplante weitere Austausch wurde gestoppt, nachdem der Sachverständige die Ursache, nämlich eine fehlerhafte Konstruktion der Umlenkrolle festgestellt hatte, die einer Konstruktionsänderung bedurfte. Für den nicht erforderlichen und damit frustrierten Austausch nur der Zahnriemen ersetzte der VN der Auftraggeberin 27.897,52 Euro (Personalkosten inklusive Kosten für die Überwachung durch den Sachverständigen), wofür er von der Beklagten (Versicherer) Deckung begehrt.

Der OGH musste nun klären, ob ein berechtigter Deckungsanspruch des VN aus seiner Haftpflichtversicherung besteht. Eine Vielzahl von möglichen Deckungspunkten wurde beleuchtet:

Sachschaden

Der VN begehrt Deckung von – der Auftraggeberin ersetzten – (frustrierten) Kosten für den Austausch der Zahnriemen (Personalkosten inklusive Aufwand für den die Arbeiten überwachenden Sachverständigen). Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dabei handle es sich um einen reinen Vermögensschaden, der aus einem nicht versicherten Sachschaden resultiere, sodass kein Versicherungsschutz nach Art 1 AHVB bestehe, ist nicht zu beanstanden. Durch die mangelhafte Umlenkrolle entstand kein Sachschaden an einer bereits bestehenden Sache, ist doch der Zahnriemen gleichfalls Teil des von der Klägerin hergestellten und gelieferten Produkts.

Fehlersuchkosten

„Fehlersuchkosten“ sind bereits aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Bestimmung in den Bedingungen jedenfalls keine solchen der Anspruchsfeststellung und -abwehr. Tatsächlich wären derartige Aufwendungen für die Fehlersuche als Kosten der vorbereitenden Maßnahmen, die zur Mängelbehebung erforderlich sind, nicht versichert.

Weiterbearbeitung, Weiterverarbeitung (erweiterte Produktehaftpflicht)

Die Montage des vom VN hergestellten und gelieferten Produkts ist weder Weiterver- noch Weiterbearbeitung nach Abschnitt A, Z 2, Pkt 4.1.2 EHVB. Daher besteht keine Deckung aus diesem Baustein der erweiterten Produktehaftpflichtversicherung.

Aus- und Einbaukosten (erweiterte Produktehaftpflicht)

Keine stichhaltigen Argumente bringt der VN gegen die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass eine Deckung nach Abschnitt A, Z 2, Pkt 4.1.3 EHVB schon deshalb ausscheide, weil die hier noch gegenständlichen Aufwendungen der Auftraggeberin ausschließlich den Austausch eines nicht mangelhaften Teils des Produkts des VN betrafen.

Prüf- und Sortierkosten

Eine Subsumtion der Aufwendungen der Auftraggeberin unter Prüf- und Sortierkosten nach Abschnitt A, Z 2, Pkt 4.2 EHVB verbietet der Wortlaut der Bestimmung. Die Bestimmung in den Bedingungen lautet für Prüf- und Sortierkosten: „Der Versicherungsschutz erstreckt sich auch auf gesetzliche Schadenersatzverpflichtungen wegen Kosten aus der Überprüfung von Erzeugnissen auf Mängel, wenn die Mangelhaftigkeit einzelner Erzeugnisse bereits festgestellt wurde und aufgrund eines ausreichenden Stichprobenbefundes gleiche Mängel an gleichartigen Erzeugnissen konkret zu befürchten sind. Die Überprüfung muss der Feststellung dienen, welche Erzeugnisse mit Mangelverdacht tatsächlich mangelhaft sind und welche nach Abschnitt A, Z 2, Pkt 4.1 ff EHVB versicherten Maßnahmen zur Mangelbeseitigung erforderlich sind. Erzeugnisse im Sinn dieser Besonderen Vereinbarung sind solche, die von Dritten aus- oder mit Produkten des Versicherungsnehmers hergestellt, be- oder verarbeitet wurden.“

Anmerkung:

Es besteht hier keine Deckung aus der Haftpflichtversicherung (Aus- und Einbaukosten der erweiterten Produktehaftpflicht), weil die Umlenkrolle das vom VN gelieferte mangelhafte Produkt ist. Würde dieses Produkt ausgetauscht werden, würde Deckung für die Ein- und Ausbaukosten im Rahmen der erweiterten Produktehaftpflichtversicherung und evtl. auch für folgende Prüf- und Sortierkosten bestehen. Ausgetauscht wurde aber das mangelfreie Produkt – der Zahnriemen. Da dieses Produkt des VN aber nicht mangelhaft war, besteht für die Aus- und Einbaukosten für dieses Produkt kein Versicherungsschutz.

Autor: Ewald Maitz, MLS (Foto) – www.knowhow-versicherung.at
versdb – Datenbank: www.versdb.at
versdb – Zeitschrift: www.versdb.at/print

Titelbild: ©peterschreiber.media – stock.adobe.com

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