Wie Marga Derstroff (Head of Life bei der Zürich Versicherungs-Aktiengesellschaft), Patrick Gremlica (Head of Broker Sales bei der Allianz Elementar Versicherungs-AG) und Christian Schuster (Leitung Betriebliche Altersvorsorge bei der Wiener Städtischen Versicherung) das Thema BAV-Spezialisierung für unabhängige Vermittler sehen und welche Rolle die BAV in Österreich laut den Experten in zehn Jahren eingenommen haben wird, lesen Sie im zweiten Teil der Interviewrunde zum Thema „Betrieblichen Altersvorsorge“.
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 15.11.2023
Marga Derstroff sieht die Zukunftsperspektiven für unabhängige Vermittler, die sich auf BAV spezialisieren wollen, als vielversprechend: „Die Nachfrage nach Betrieblichen Vorsorgelösungen steigt stetig. Gleichzeitig ist das Produkt komplex. Damit einher geht ein hoher Beratungsbedarf für Arbeitgeber, denn es gibt viele steuerliche und rechtliche Aspekte zu berücksichtigen. Über die Kompetenz beim Thema BAV können sich Vermittler eine fundierte Grundlage für interessante Folgegeschäfte schaffen.“
Patrick Gremlica erklärt, dass je individueller ein BAV-Angebot sein soll, umso mehr müsse man die steuerrechtlichen und arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen beachten und auf dem aktuellen Stand der Gesetzgebung und Rechtsprechung sein. „Das alles ist als ‚Nebenerwerb‘ mittlerweile nicht mehr möglich und es gibt somit nur zwei Möglichkeiten: entweder man spezialisiert sich selbst auf dieses Thema oder man kooperiert mit einem BAV-Berater seines Vertrauens. Viele Vermittler greifen auch gerne auf das Know how unserer BAV-Spezialist:innen zurück.“
Aufgrund der Komplexität des BAV-Bereichs sei laut Christian Schuster eine Spezialisierung notwendig, um Kunden professionell beraten zu können: „Ich denke sogar, dass man nicht gleichzeitig Sachspartenvermittler und BAV-Vermittler sein kann. Am Markt bemerkt man die Zunahme von Kooperationen mit BAV-Spezialisten.“
„Private Vorsorge muss von staatlicher Seite mehr gefördert und allen zugänglich gemacht werden“
Für eine Erhöhung der 300 Euro p.a. im Rahmen der Zukunftssicherung (§3 Abs. 1. Zi 15 lit. a.) ist vor allem die Politik gefragt. Das sieht auch Marga Derstroff so: „Leider hat sie der Dringlichkeit bisher nicht im erforderlichen Ausmaß Rechnung getragen. Die Betriebliche Vorsorge ist schon jetzt eine wichtige Säule und wird immer wichtiger, um den Wohlstand in Österreich zu sichern. Dasselbe gilt übrigens auch für die private Vorsorge, die von staatlicher Seite mehr gefördert und damit allen zugänglich gemacht werden sollte. Denn besonders Frauen sind aufgrund ihrer Lebenserwerbskurve gefährdet, in die Altersarmut zu rutschen. Wünschenswert wäre ein klares Signal der Politik, um die Eigenvorsorge attraktiver zu machen.“
Patrick Gremlica weist darauf hin, dass die einzige Anpassung, die es in den letzten Jahrzehnten gab, die Aufrundung von ehemals 4.000 Schilling auf einen runden Eurobetrag, war: „Die Anhebung dieser Grenze bzw. zumindest ein teilweiser Wertausgleich der letzten Jahrzehnte liegt schon seit langem als Forderung des Versicherungsverbands auf dem Tisch. In den letzten Jahren war schon das Verständnis des zuständigen Finanzministers gegeben und somit denke ich, dass wir hier zwar im dreisteilligen Eurobereich bleiben werden, die längst fällige Anpassung aber möglich sein wird.“
„Die Betriebliche Altersvorsorge wird sich immer mehr zur privaten Vorsorge entwickeln“
Marga Derstroff ist überzeugt, dass die BAV in Österreich eine immer wichtigere Rolle einnehmen wird: „Im Rahmen des Drei-Säulen-Modells wird die Betriebliche Altersvorsorge in Österreich sicher weiter an Bedeutung gewinnen. Dabei gibt es einige Einflussfaktoren, die schwer einschätzbar sind. Erstens, das rechtliche Umfeld. Es ist möglich, dass es in den nächsten Jahren weitere gesetzliche Änderungen geben wird, die die Betrieblichen Altersvorsorgemodelle attraktiver machen. Oder es werden neue Anreize auf Arbeitgeber- oder Arbeitnehmerseite geschaffen, was wiederum zu einer breiteren Akzeptanz führen könnte. Zweitens verändert sich die Arbeitswelt. Freelancing-Modelle und Teilzeitarbeit werden immer häufiger. Hier wird es neue Ideen brauchen, um diese Erwerbstätigen besser in die BAV einzubeziehen. Ein dritter Aspekt ergibt sich aus den Chancen, die die Digitalisierung bietet. Technologische Innovationen könnten auch die Art und Weise beeinflussen, wie die BAV angeboten und verwaltet wird.“
Auch Patrick Gremlica ist sich sicher, dass sich die BAV weiterentwickeln und sich nicht nur auf die Altersvorsorge beschränken, sondern auch die Bereiche Familienabsicherung, Gesundheitsvorsorge und Unfallschutz beinhalten wird: „Damit wird erreicht, dass ein großer Teil der privaten Vorsorge schon über den Arbeitgeber abgedeckt wird. Nicht nur, dass dadurch ein Großteil der Versorgungslücken des staatlichen Sozialbereichs abgedeckt wird, verhindert es auch Härtefälle für jene Menschen, die an private Vorsorge nicht (rechtzeitig) gedacht haben oder sich diese schlichtweg nicht leisten konnten.“
Christian Schuster rechnet ebenfalls mit einem Anstieg der BAV: „Durch die demographische Entwicklung wird es in Zukunft schwer sein, die staatliche Pensionsvorsorge im derzeitigen Ausmaß aufrechtzuerhalten. Ebenso wird die Suche nach „Talenten“ am Arbeitsmarkt nicht leichter. Das sind nur zwei von vielen Gründen, warum eine Betriebliche Vorsorge als Ergänzung zur ersten Säule immer wichtiger werden wird.“
Das gesamte Interview lesen Sie in der AssCompact November-Ausgabe!
Foto oben v.l.n.r.: Patrick Gremlica (Head of Broker Sales bei der Allianz Elementar Versicherungs-AG), Marga Derstroff (Head of Life bei der Zürich Versicherungs-Aktiengesellschaft) und Christian Schuster (Leitung Betriebliche Altersvorsorge bei der Wiener Städtischen Versicherung)
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