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Deckungserweiterungen vs. Deckungsausschlüsse: Haftpflichtversicherung im Wandel der Zeit

(Bild: © magele-picture – stock.adobe.com)

Deckungserweiterungen vs. Deckungsausschlüsse: Haftpflichtversicherung im Wandel der Zeit

08. Februar 2024

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8 Min. Lesezeit

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Im Blickpunkt

Wie hat sich das Risiko Betriebshaftpflicht in mehr als dreieinhalb Jahrzehnten verändert, was sind im aktuellen Risikoumfeld die größten Herausforderungen für Gewerbe und Industrie und wo liegen die größten Gefahren als Makler in eine Haftungsfalle zu tappen? Darüber spricht Mag. Thomas Herndlhofer, Competence Center Manager Haftpflicht, GrECo International AG, und Vortragender beim AssCompact Gewerbesymposium am 05. März in der Pyramide Wien/Vösendorf, im Interview.

Kerstin Quirchtmayr

Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 08.02.2024

Mag. Thomas Herndlhofer hat seine berufliche Karriere 1987 bei einem großen österreichischen Versicherer begonnen und ist seither in führenden Positionen in der Branche tätig. Für den Haftpflichtexperten waren die letzten Jahrzehnte vor allem durch technologische Entwicklungen, Änderungen der Haftungssituationen, aber auch durch Änderungen im Anspruchsverhalten geprägt. „Auch wenn all diese Entwicklungen insgesamt sehr positiv sind, führen sie zu massiven Risikoerhöhungen von Unternehmen. Im Konsumentenbereich sind verschuldensunabhängige Haftungen mittlerweile Standard. Strengere Vorschriften in Bezug auf Produktsicherheit und Qualität der Produkte führen zu immer häufigeren Produktrückrufen. Durch das steigende Umweltbewusstsein und damit einhergehende strengere Umweltgesetze hat sich auch in diesem Bereich die Haftung der Unternehmer massiv erhöht. Neben Strafen und sonstigen wirtschaftlichen Nachteilen ist zu erwarten, dass zukünftig die Verletzung der Nachhaltigkeit auch vermehrt zu zivilrechtlichen Ansprüchen führen wird. Die Änderung der Technologien hat aber auch in vielen Bereichen zu Änderungen in der Tätigkeit von Unternehmen geführt. Mittlerweile werden z.B. nicht nur Maschinen erzeugt, der Maschinenhersteller liefert auch gleichzeitig die Software für den Betrieb der Maschine. Internet macht auch Fernwartungen möglich. Dadurch verlagert sich das Risiko des Unternehmens verstärkt auf reine Vermögensschäden“, berichtet Herndlhofer.

„Um konkurrenzfähig zu bleiben, müssen Unternehmen ihre Geschäftsmodelle an die Digitalisierung anpassen“

Die größte Herausforderung für Gewerbe und Industrie sei für Herndlhofer, mit den Entwicklungen Schritt zu halten und gleichzeitig auch die sich daraus ergebenden Risiken zu erkennen. „Um konkurrenzfähig zu bleiben, müssen Unternehmen ihre Geschäftsmodelle vor allem an die Digitalisierung anpassen. Dabei wird oft übersehen, dass Änderungen in den Geschäftsmodellen auch Änderungen des Haftungspotenzials bedeuten. Eine Flut von Gesetzen und Vorschriften macht es vor allem kleineren Gewerbebetrieben annähernd unmöglich, sämtliche Haftungen, die sich daraus ergeben, auch zu erkennen. Konzerne neigen immer häufiger dazu, die sie treffenden Haftungen dadurch zu entschärfen, dass sie diese einfach vertraglich an ihre Zulieferer weitergeben. Dadurch entsteht beim Zulieferer ein Haftungspotenzial, das er oft gar nicht abschätzen kann und damit auch keine Möglichkeit hat, dieses Haftungspotenzial entsprechend abzusichern“, erläutert der Experte.

„Der Versicherungsmarkt neigt dazu, neue Risiken eher abzulehnen als entsprechenden Versicherungsschutz bereitzustellen“

Die Erhöhung des Risikopotenzials sollte laut Herndlhofer auch neue Geschäftsmöglichkeiten für den Versicherungsmarkt in Österreich mit sich bringen: „Die Erhöhung des Risikopotenzials führt aber in der Regel auch zu höheren Schadenfrequenzen bzw. -kosten. Die Auswirkungen der Risikoerhöhungen sind für den Versicherungsmarkt auf Grund fehlender Schadenerfahrung teilweise sehr schwer abschätzbar. Der Versicherungsmarkt neigt daher dazu, neue Risiken eher abzulehnen als entsprechenden Versicherungsschutz bereitzustellen. Aus Sicht der Versicherungsnehmer wäre es sicher wünschenswert, wenn der Versicherungsmarkt schneller auf Risikoänderungen reagieren würde.“

„Professionelle Versicherungsberatung bedeutet, den Kunden bedarfsgerechte Versicherungen zu empfehlen“

Ein Gewerbe- und Industriemakler sei als Sachverständigenberater gefordert, das sich aus den Änderungen ergebende Haftungspotenzial auch zu identifizieren, ist Herndlhofer überzeugt und erklärt: „Professionelle Versicherungsberatung bedeutet, den Kunden bedarfsgerechte Versicherungen zu empfehlen, aber auch über nicht versicherbare Risiken aufzuklären. Das heißt aber, dass der Makler nicht nur über einen sehr guten Marktüberblick verfügen, sondern auch die Änderung des Haftungspotenzials auf Grund Anpassung der Geschäftsprozesse, technologischen Fortschritts und Gesetzesänderungen jederzeit im Blick haben muss. Das ist nicht nur eine Herausforderung, sondern gleichzeitig auch eine Chance für Versicherungsmakler. Viele Unternehmer neigen dazu, neue Geschäftsideen zu entwickeln oder Aufträge anzunehmen, ohne sich im ersten Schritt die daraus resultierenden Haftungen zu überlegen. Den Unternehmer auf diese Risiken aufmerksam zu machen und im besten Fall eine Versicherungsmöglichkeit vorschlagen zu können, bringt langfristig gesehen zufriedene Kunden.“

Haftungsfalle für Makler

Haftungsfallen für Makler ergeben sich laut Herndlhofer zum Beispiel beim Wechsel des Versicherers: „Auch wenn in Österreich die Versicherungsbedingungen immer ähnlich bezeichnet werden, heißt das noch nicht, dass die Bedingungen bei jedem Versicherer gleich sind. Die AHVB/EHVB sind beispielsweise bei fast allen Versicherern im Detailbereich unterschiedlich. Die AHVB/EVB 2012 (Verbandsempfehlungen) haben im Art. 7 insgesamt 17 Ausschlüsse. Es gibt aber auch Versicherer, die den Ausschlusskatalog auf 21 erweitert haben. Dazu kommt, dass Deckungserweiterungen in diversen Klauseln mit gleicher Überschrift oft unterschiedliche Deckungsinhalte haben. Ähnliches gilt auch für andere Sparten. Das heißt, die Gefahr, dass bei einem Wechsel des Versicherers durch unterschiedliche Bedingungswerke eine Deckungslücke entsteht, ist jedenfalls gegeben.“

Eine weitere Haftungsfalle könne sich auch aus mangelnder Kenntnis des eigentlichen Risikos ergeben, ergänzt Herndlhofer. „Es ist zwar bei Gewerbebetrieben auf Grund der Gewerbeordnung klar, was der Betrieb machen darf, Bestandsrisiken, die der Gewerbebetrieb hat, sind aber aus der Gewerbeordnung nicht abzuleiten. Auch Haftungserweiterungen, die sich aus Gesetzen oder Verträgen ergeben können, sind nicht unbedingt der Gewerbeordnung zu entnehmen. Regelmäßige Risikogespräche mit entsprechender Dokumentation helfen dabei, das Haftungsrisiko des Maklers zu minimieren.“

Thomas Herndlhofer beim AssCompact Gewerbesymposium 2024

Deckungserweiterungen vs. Deckungsausschlüsse: Haftpflichtversicherung im Wandel der Zeit

Foto: Mag. Thomas Herndlhofer

Thomas Herndlhofer wird beim AssCompact Gewerbeversicherungssymposium am 05. März in der Pyramide Wien/Vösendorf darüber referieren, wie sich die Betriebshaftpflichtklauseln im Wandel der Zeit entwickelt haben. Teilnehmerinnen und Teilnehmer erwartet dabei eine kurzweilige Zeitreise, die die Entwicklung der Haftpflichtversicherung seit dem Wegfall der Genehmigungspflicht von Versicherungsbedingungen betrachtet. Daraus abgeleitet mögliche zukünftige Entwicklungen der Haftpflichtversicherung und Klauseln. Im Zuge dessen wird Herndlhofer auch einige ausgesuchte Klauseln näher betrachten.

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AssCompact Gewerbesymposium 2024

Deckungserweiterungen vs. Deckungsausschlüsse: Haftpflichtversicherung im Wandel der Zeit

Beim AssCompact Gewerbesymposium am 5. März in der Pyramide Wien/Vösendorf werden die neuen Gefährdungslagen der freien Wirtschaft in den Mittelpunkt gestellt und die Möglichkeiten für Beratungsansätze samt Beleuchtung denkbarer Haftungen daraus mit einschlägig tätigen hochkarätigen Experten aus Recht und Versicherung dargestellt. Jetzt anmelden und 5 unabhängige IDD Stunden sichern!

TICKETPREIS: Für Vermittler und Sponsor-Partner des AssCompact Gewerbeversicherungssymposiums gilt der reduzierte Preis in Höhe von 190 Euro. Wenn Sie kein Vermittler oder Sponsor-Partner des AssCompact Gewerbeversicherungssymposiums sind, gilt der Normalpreis in Höhe 380 Euro.

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