Einerseits persönlich, andererseits digital: Versicherer stellen sich künftig auf äußerst unterschiedliche Kundenerwartungen ein. Die Service-Verbesserung gilt als wichtigste Strategie, wie der „Branchenkompass Insurance 2017“ von Sopra Steria Consulting und dem F.A.Z.-Institut zeigt.
Redakteur/in: Mag. Peter Kalab - Veröffentlicht am 3/23/2018
Für die Studie wurden zunächst Führungskräfte der Versicherungsbranche in einem Think Tank zusammengebracht und mit ihnen über aktuell brennende Themen diskutiert. Im Oktober 2017 wurde außerdem eine Online-Befragung unter 85 Entscheidern verschiedener Versicherungen durchgeführt. Als Top-5-Herausforderungen der Branche gelten das Niedrigzinsniveau (75%), Regulierung und Compliance (72%), Kundenerwartungen (70%), Datensicherheit und –schutz (70%) sowie die Digitalisierung der Geschäftsprozesse (69%). Als ihre drei wichtigsten Strategien bis 2020 nennen die Versicherer die Verbesserung der Servicequalität (94% sehr großer oder großer Nutzen), mehr organisches Wachstum (83%) und durchgängige Automatisierung der Geschäftsprozesse (82%).
Insurtechs und Produkttrends
Das Verhältnis zu Insurtechs ist gespalten: 46% betrachten diese als große Herausforderungen, 47% wollen aber auch die Zusammenarbeit ausbauen. Mehr als zwei Drittel (69%) wollen Insurtech-Lösungen integrieren oder nutzen sie bereits. Auf der Produktseite werden in den nächsten fünf Jahren deutlich an Bedeutung gewinnen: Produktbündelungen (47%), Cyber (46%), Assistance (41%), verhaltensabhängige Tarifierungen (36%) und situative Produkte (26%).
70% bemerken Wunsch nach digitaler Beratung
Die Prognosen, welche Beratung sich Versicherungskunden künftig wünschen, sind sehr verschieden. Einerseits sehen 79% der Befragten die persönliche Beratung als eine der wichtigsten Erwartungen der Kunden an eine Versicherung. Andererseits spüren 70% einen Trend in Richtung digitale Beratung – vor allem bei jungen Menschen. Mehr als die Hälfte (54%) geht davon aus, dass Kunden Abschlüsse über das Internet künftig als Standard erwarten. „Für Versicherer wird es durch diese uneinheitlichen Erwartungen nicht einfacher“, sagt Petra Weber, Versicherungsexpertin von Sopra Steria Consulting. „Sie müssen ihre Beratungsprozesse zweigleisig aufstellen und Vertriebs- und Beratungsangebote bieten, die alte und neue Welten verbinden.“
Große Veränderungen im Vertrieb
Die Branche reagiert auf diese Herausforderung mit unterschiedlichen strategischen Ansätzen und Maßnahmen. Jeder Zweite erwartet im Vertrieb gravierende Veränderungen. Das gilt vor allem für das Privatkundengeschäft, das stärker von der Digitalisierung betroffen ist als die Versicherung von Unternehmen. Eine Strategie ist die Spezialisierung: 57% der Befragten äußern Pläne, sich auf bestimmte Kundensegmente zu fokussieren, zum Beispiel Kunden mit einem ähnlichen Beratungsbedarf. Fast ebenso viele Entscheider wollen sich auf bestimmte Produkte spezialisieren, die eine annähernd gleich Beratung erfordern. 67% der Versicherer wollen außerdem die unterschiedlichen Kommunikationskanäle stärker verzahnen. Persönliche Beratung soll damit auch über digitale Wege möglich sein. So setzt etwa jeder fünfte Versicherer bereits auf Videoberatung und Live-Chats, rund ein Drittel (32%) plant, diesen Service einzuführen.
Schnelle Reaktionen als größte Aufgabe
Nicht nur die digitale Transformation, sondern mit ihr auch eine kulturelle Transformation prägt laut Studie die Versicherungsbranche. Diese Anforderungen stellen Versicherer an sich selbst: kurze Reaktionszeit auf Kundenbedürfnisse (72%). eine veränderte Kultur und neue Kompetenzen der Mitarbeiter (67%), höhere Agilität (59%), mehr Kooperationen (47%).
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