Sind Strafen oder zumindest Regressansprüche im Rahmen einer D&O-Polizze versicherbar? Mit dieser heiklen Frage befasst sich Mag. Rainer Hörmann, Haftpflichtexperte bei der R+V Allgemeine Versicherung AG, Niederlassung Österreich, in der aktuellen AssCompact-Ausgabe.
Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 13.07.2018
Von Mag. Rainer Hörmann
In letzter Zeit häufen sich Anfragen zur Versicherbarkeit von Strafen oder zumindest Regressansprüchen aus Strafen im Rahmen der D&O-Versicherung. Die Gründe hierfür liegen wohl einerseits in medial präsenten Fällen wie dem der Firma Andritz, deren vierköpfigem Vorstand wegen angeblicher Arbeitsrechtsvergehen eine Verwaltungsstrafe von 22 Mio. droht; Andererseits in der gerade in Kraft getretenen Datenschutzgrundverordnung mit ihren drakonischen Strafandrohungen. So sehen auch wir Versicherer uns dazu veranlasst, diese Problematik näher zu beleuchten.
Versicherung von Strafen wider den guten Sitten
Dass Strafen nicht versicherbar sind, ist ein juristisches Faktum. Die Gründe liegen auf der Hand und leuchten dem gesunden Menschenverstand ein. Eine Versicherung käme einer vorweg vertraglich vereinbarten Übernahme der Strafe gleich, damit wären die Strafzwecke – General- und Spezialprävention – unterlaufen, weil keine negativen Folgen mehr zu befürchten wären. Ja, es wäre sogar damit zu rechnen, dass strafrechtlich relevantes Verhalten gefördert werden würde. Insofern verstößt eine Versicherung von Geldstrafen gegen die guten Sitten.
Sind Regressforderungen versicherbar?
Etwas differenzierter scheint es im Hinblick auf die Versicherbarkeit von Regressen, die ein Unternehmen gegen seine Organmitglieder anstrengt, zu sein. Bei einem Regress gegen Organmitglieder geht es letztlich um die Frage der Überwälzbarkeit einer Strafe von einem Unternehmen auf eine Einzelperson. Zwar wurde diese Problematik von der österreichischen Rechtsprechung noch nicht endgültig geklärt, doch finden sich in der Fachliteratur einige stichhaltige Argumente dagegen.
Warum die Versicherung von Regressen nicht zulässig sein kann
So ist zuallererst das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz zu nennen, das in seinen Bestimmungen ein ausdrückliches Regressverbot enthält. Die Grundprinzipien des Strafrechtes stützen ebenfalls die These, dass das Versichern von Regressen unzulässig ist. Strafen dürfen nicht unverhältnismäßig sein. Unternehmensstrafen, die sich ja am Umsatz des Unternehmens bemessen, wären bei der Übertragung auf einen einzelnen klar unverhältnismäßig. (Man denke nur an den Strafrahmen der DSGVO von bis zu 4% des Konzernumsatzes!) Auch das Grundprinzip der Höchstpersönlichkeit von Strafen – die Strafe muss diejenigen treffen, die für das Fehlverhalten verantwortlich sind – wäre nicht erfüllt.
Und wenn die Ökonomische Analyse des Rechts mittlerweile auch ein Unternehmen als soziales Gebilde betrachtet, kann auch nur das Unternehmen höchstpersönlicher Adressat von Strafnormen sein. Schlussendlich wäre also die Versicherung eines Regresses nur eine Umgehung des Versicherungsverbotes von Strafen – und würde wohl die Strafe wie auch das Strafrecht konterkarieren!
Die steigende Anspruchsmentalität sowie die in der Justiz zu beobachtenden Entwicklungen verdeutlichen jedoch, dass die Sinnhaftigkeit des ursprünglichen Zwecks einer D&O-Versicherung weiterhin unumstritten ist: nämlich die Absicherung vor den Folgen von Pflichtverletzungen durch das Management.
Den Beitrag lesen Sie auch in der AssCompact Juli-Ausgabe.
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