Die meisten europäischen Großbanken – so auch die österreichischen – haben noch Handlungsbedarf in der methodischen Auseinandersetzung mit Klimarisiken. Dies geht aus dem veröffentlichten, im ersten Halbjahr 2022 durchgeführten bankaufsichtlichen Klimastresstest der Europäischen Zentralbank (EZB) hervor.
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 21.07.2022
So haben weniger als die Hälfte aller getesteten Banken Klimarisiken in ihre internen Stresstestmodelle integriert, und nur eine kleine Minderheit inkludiert Klimarisikoaspekte im eigenen Kreditvergabeprozess. Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass es derzeit noch an standardisierten klimarelevanten Daten mangelt, um die Risiken in einer zufriedenstellenden Genauigkeit analysieren zu können. Insgesamt zeigt der Stresstest eine nicht zu unterschätzende Vulnerabilität des europäischen Bankensektors gegenüber Klimarisiken auf. Diese fällt jedoch in einem geordneten Anpassungsprozess der Wirtschaft deutlich geringer aus als bei verzögerten, disruptiven Veränderungen.
„Die Ergebnisse des Klimastresstests der EZB für europäische Großbanken, darunter auch fünf österreichische, zeichnen damit das gleiche Bild wie es der OeNB-Klimastresstest aus dem Herbst 2021 für die regional relevanten heimischen Banken erhoben hat. Sie zeigen, dass viele Banken derzeit noch am Beginn der methodischen Auseinandersetzung mit den finanziellen Auswirkungen von Klimarisiken stehen“, so OeNB-Vize-Gouverneur Gottfried Haber. Da Klimastresstests als Teil der Aufsichtsstrategie hat das Ziel, das Risikomanagement der Banken gegenüber Klimarisiken zu stärken. Vorstand der FMA, Helmut Ettl und Eduard Müller fordern „die Banken zu entschlossenem Handeln auf. Die Integration von Klimarisiken in das Risikomanagement der Banken muss forciert werden.“ EZB, OeNB und FMA werden gemeinsam die Fortschritte der Banken in diesem Bereich aufsichtlich vorantreiben, eng begleiten und konsequent überwachen.
EZB-Klimastresstest Methodologie
Der Klimastresstest wurde von den teilnehmenden Banken nach einer von der EZB vorgegebenen Methodologie selbst berechnet und ist in mehrere Module gegliedert. Er umfasst eine Einschätzung der Adäquanz der bankeigenen Risikomodellierung und Berechnungen über die Exponierung gegenüber Klimarisiken. Größere Banken berechneten zusätzlich die Auswirkungen mehrerer kurz- und langfristiger Klimaszenarien. Diese beinhalten sowohl Extremwetterereignisse wie Überflutungen und Dürreperioden („physische Risiken“) als auch Risiken aus Veränderungen der Wirtschaft, wie beispielsweise durch die Bepreisung von Treibhausgasemissionen („Transitionsrisiken“). Als „Learning Exercise“ konzipiert, zielen die Klimastresstests nicht auf Kapitalmaßnahmen ab, sondern erfassen den aktuellen Stand der Klimarisikomodellierung und helfen so sowohl Banken als auch Aufsicht, sich mit neuen Aspekten vertraut zu machen. Insgesamt nahmen 104 europäische Banken teil.
Bild: © Monster Ztudio -stock.adobe.com
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