Bei einem landwirtschaftlichen Anwesen kam es durch einen Murenabgang zu Schäden im Straßen- und Geländebereich. Der Kläger begehrte für diese Schäden Versicherungsschutz aus der Katastrophenhilfe, doch die Versicherung lehnte ab.
Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 11.04.2022
Zwischen dem Kläger und der Beklagten besteht eine Bündelversicherung „Hof & Ernten 2013“, die unter anderem den Baustein „1030 Katastrophenhilfe“ enthält. Der Versicherungspolizze liegen unter anderem die Versicherungsbedingungen F 630 Katastrophenhilfe – Hof & Ernten 2013 sowie die Gruppierung Erläuterungen F 639 für Land- und forstwirtschaftliche Betriebe 2014 zu Grunde.
Im November 2019 kam es am landwirtschaftlichen Anwesen des Klägers durch einen Murenabgang zu Schäden im Straßen- und Geländebereich, insbesondere an der Zufahrt und der Stallzufahrt eines Wirtschaftsgebäudes. Der Kläger begehrte für diese Schäden Versicherungsschutz aus der Katastrophenhilfe. Die Beklagte lehnte ab und vertrat die Rechtsansicht, dass die Schäden an den Zufahrten bedingungsgemäß nicht vom Versicherungsschutz umfasst sind. Ob diese Rechtsansicht ausgehend von den vereinbarten Bedingungen zutreffend ist oder nicht, hatte der OGH in der Entscheidung 7 Ob 191/21w zu beantworten.
Nachsehende Bedingungen waren strittig:
„1. Diese Erweiterung gilt für
– in der Versicherungspolizze angeführte Wohn- und landwirtschaftliche Gebäude
– die gesamten in der Versicherungspolizze angeführten landwirtschaftlichen Einrichtungen, Erntefrüchte und Viehbestände, die sich in den Versicherungsräumlichkeiten auf dem Versicherungsgrundstück befinden.
[...]“
[2] Darüber hinaus liegen dem Vertrag die Gruppierungserläuterungen F 639 für land- und forstwirtschaftliche Betriebe (Fassung 07/2014) zugrunde, die auszugsweise lauten:
„1. Anwendungsbereich
Die Gruppierungserläuterung gilt für land- und forstwirtschaftlich genutzte Anlagen und Gebäude im Sinne der Gewerbeordnung.
[…]
2. Gruppierung
Gruppe A: Gebäude
A.1. Als Gebäude im Sinne dieser Gruppierungserläuterungen gelten:
A.1.1. Alle Gebäude im engeren Sinn, […]
[...]
A.1.2. Ferner die folgenden Bauwerke:
A.1.2.1. Überdachungen, Vordächer, Verbindungsbrücken, Rampen, Aufzugschächte und ähnliche Bauwerke, die konstruktiv als Teile von Gebäuden nach Punkt A.1.1. zu gelten haben;
[…]
A.1.2.5. bauliche Einfriedungen aller Art
[…].“
Wie ist die Rechtslage?
Der OGH stellte mit Verweis auf die ständige Rechtsprechung (RS0121516; 7 Ob 204/20f) zunächst klar, dass die Auslegung von Bedingungsklauseln dann nicht von rechtserheblicher Bedeutung ist, wenn der Wortlaut der betreffenden Bestimmung so eindeutig ist, dass keine Auslegungszweifel vorliegen. Dies sei nach Ansicht des OGH gegenständlich der Fall.
Wie der Begriff „Gebäude“ zu verstehen ist, ergibt sich demnach aus den Gruppierungserläuterungen F 639. Dazu gehören nicht nur Gebäude ieS, sondern auch die in Punkt A.1.2.1 angeführten Bauwerke, so beispielsweise Verbindungsbrücken und Rampen. Nach Punkt A.1.2.5 fallen darunter auch bauliche Einfriedungen aller Art.
Schäden an Straßen und im Geländebereich sind nach Ansicht des OGH ausgehend vom klaren Bedingungswortlaut auch unter Zugrundelegung des Verständnisses eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers sohin gerade nicht als Gebäudeschäden zu qualifizieren und sohin nicht vom Versicherungsschutz umfasst, weshalb die Deckungsablehnung für diese Schäden berechtigt sei.
Schlussfolgerung
Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch: „Ein Schaden an einer Gebäudezufahrt wird für gewöhnlich nicht einem deckungspflichtigen Gebäudeschaden zuzuordnen sein, sofern dies nicht bedingungsgemäß explizit geregelt ist oder die Zufahrt, z.B. in Form einer Rampe, einen konstruktiven Gebäudebestandteil darstellt.“
Von Dr. Roland Weinrauch (Foto), Gründer der Kanzlei Weinrauch Rechtsanwälte: https://weinrauch-rechtsanwaelte.at/
Titelbild: © bibiphoto – stock.adobe.com
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