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Digitalisierung in der Versicherungsbranche mit Ketchup-Effekt

Digitalisierung in der Versicherungsbranche mit Ketchup-Effekt

08. April 2022

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6 Min. Lesezeit

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News-Im Blickpunkt

Michael Selb, Versicherungsmakler und Arbeitskreisleiter Technologie im Fachverband der Versicherungsmakler spricht im Interview über die Entwicklung der Digitalisierung in der Versicherungsbranche, was moderner Vermittlerservice für ihn bedeutet und wie man Kolleginnen und Kollegen, die wenig technikaffin sind, digitale Tools schmackhafter machen kann.

Andreas Richter

Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 08.04.2022

Herr Selb, wie sehen Sie als Arbeitskreisleiter Technologie im Fachverband der Versicherungsmakler die aktuelle Situation für Versicherungsmakler, was die Entwicklung der Digitalisierung betrifft?

Ich vergleiche die aktuelle Situation gerne mit dem Ketchup-Effekt (Zitat von Sebastian Kurz). Zuerst waren die Entwicklungen, vor allem im Bereich der Schnittstellen, sehr mäßig und für die Maklerschaft nur wenig oder gar nicht spürbar. Nun sind wir an einem Punkt angekommen, bei dem diese Normen und Standards nicht nur entwickelt und definiert werden, sondern auch zur Anwendung gelangen. Dadurch entsteht ein enormes Potenzial und Dynamik im Versicherungsvertrieb und eröffnet zugleich ganz neue Geschäftsideen. Somit werden die Teilnehmer gezwungen, mit von der Partie zu sein, was wiederum zur Weiterentwicklung beiträgt. Was für den Versicherungsmakler bis vor kurzem noch ein nice-to-have war, wird plötzlich zum Standard und unverzichtbar im Alltagsgeschäft.

Die Themen EDV, IT und Digitalisierung haben auch meist eng mit Vermittlerservice zu tun. Was verstehen Sie unter modernem Vermittlerservice in diesem Bereich?

Nachdem wir gesetzlich verpflichtet sind, den bestmöglichen Versicherungsschutz für den Kunden zu vermitteln, ist der Vergleich der am Markt befindlichen Anbieter unabdingbar. Es geht hier um den gesamten Prozess Angebot-Offert-Antrag, Stichwort Schnittstellen OMDS 3.0 bzw. BiPRO. Um zukünftig diesen Prozess wirtschaftlich abbilden zu können, müssen wir aus unserer Kundenmaklersoftware die verschiedenen Gesellschaften und Produkte rechnen, anbieten und beantragen können, ohne dass wir dabei das Kundenportal der Versicherer nutzen müssen. Vor allem im Massengeschäft ist die Automatisierung unbedingt erforderlich. Auch die Bereitschaft der Versicherer, ihre Produkte auf Vergleichsportalen zur Verfügung zu stellen, sehe ich als einen wichtigen Vermittlungsservice. Die Bestandsdaten in der Kundenverwaltungssoftware müssen aktuell sein, was die Belieferung mit Maklerdatensatz OMDS 2.X voraussetzt.

Wie erfolgt die Kommunikation? Es kann ja nicht sein, dass wir in das Portal des Versicherers einsteigen müssen, um die Antworten unserer Anfragen abzurufen. Kfz-Versicherungsbestätigungen müssen online verfügbar bzw. generierbar sein. Wird die digitale Unterschrift unterstützt bzw. akzeptiert – da könnten wir endlos darüber sprechen, was unter modernem Vermittlerservice zu verstehen ist.

Nachdem wir in den letzten Jahren immer mehr Regularien zu erfüllen haben, hat die Administration in den Maklerbüros sehr zugenommen. Vereinfacht gesagt, verstehe ich unter modernem Vermittlungsservice alle Prozesse, Unterstützungen und Automatisierungen, die uns der Versicherer zur Verfügung stellt, damit wir uns wieder mehr um unserer eigentlichen Tätigkeit – nämlich der Beratung unseres Kunden – widmen können.

Was waren aus Ihrer Sicht in den vergangenen Jahren die größten Fortschritte, die aus der Arbeit des Arbeitskreises Technologie hervorgegangen sind?

Die Frage müsste ich korrekterweise an meinen Vorgänger KommR Siegfried Fleischacker weitergeben.

Im Arbeitskreis Technologie versuchen wir, die Interessen der Maklerschaft auf technologischer Ebene mitzugestalten und voranzutreiben. Wir selbst sind dabei nur ein kleines, aber wichtiges Zahnrad im Getriebe und neben den Softwarehäusern sind wir hier vor allem von dem Wohlwollen der Versicherer abhängig.

Ich denke, dass in der Vergangenheit die Zusammenarbeit mit den Versicherern, den Softwarehäusern und dem VVO sehr gut funktioniert hat und die Tatsache, dass viele Ausschussmitglieder selbst ein Softwarehaus betreiben oder Mitglied bei einer Gruppierung sind, hat uns dabei sehr geholfen. Gerade die Gruppierungen haben viel Vorarbeit geleistet und bei der Entwicklung und Umsetzung der Schnittstellen einen großen Beitrag erbracht.

Was sind in nächster Zukunft die wesentlichsten Themen, die Sie im Sinne der Versicherungsmakler verfolgen werden?

Zusammen mit den Softwarehäusern arbeiten wir daran, dass die bereits funktionierenden digitalen Tools zum Einsatz bei den Betrieben gelangen. Zudem bemühen wir uns aktuell, dass wir auch von deutschen Versicherungsunternehmen Provisions- und Vertragsdaten als OMDS 2.x Datensatz erhalten. Das Ziel ist es, aktuelle Vertragsdaten in unseren Kundenverwaltungsprogrammen zu führen – automatisiert versteht sich – nur so können wir beispielsweise eine Kunden-App mit allen Vertrags- und auch Schadendaten ausrollen.

Ein gar nicht so kleiner Teil der Maklerschaft hat nach wie vor mit digitalen Tools nichts am Hut. Wie kann man diese Kolleginnen und Kollegen ins Boot holen?

Das ist eine gute Frage. Grundsätzlich kann ich nur jedem empfehlen, sich vermehrt mit den digitalen Tools vertraut zu machen, das gilt auch für die KollegInnen und Kollegen, die kurz vor der Pensionierung stehen. Warum? Wenn das Maklerunternehmen kein ordentlich geführtes Kundenverwaltungsprogramm aufweisen kann, wird man aus wirtschaftlichen und haftungstechnischen Gründen nur schwer einen Käufer finden und muss gleichzeitig mit hohen Abschlägen rechnen. Die Digitalisierung muss als große Chance wahrgenommen werden, vor allem in Einzelunternehmen!

Das gesamte Interview lesen Sie in der AssCompact April-Ausgabe!

Foto oben: Michael Selb, Versicherungsmakler und Arbeitskreisleiter Technologie im Fachverband der Versicherungsmakler
Titelbild: ©alexkich – stock.adobe.com

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