Große und mittelgroße Lieferanten sichern sich häufig gegen einen Zahlungsausfall ihrer Kunden ab. Je höher die offenen Forderungen, desto höher sind auch die Kreditversicherungsprämien. Doch die Versicherer übernehmen nur Risiken bis zu einer im Vorhinein definierten Höhe. Nun erfordert die hohe Inflation aber immer öfters eine Anpassung dieser Kredit-Limite, so Finanzexperte Christoph Zawadil von der Kreditversicherungsmaklergesellschaft A.C.I.C. Österreich.
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 24.08.2022
Um den Wirtschaftskreislauf in Österreich sowie die Exporte am Laufen zu halten, spielen Kreditversicherungen eine tragende Rolle. Durch die permanente Absicherung der offenen Forderungen können Lieferanten zu stark vermindertem Risiko ihre Geschäftskunden ständig mit Waren auf Ziel beliefern. Seitens der heimischen Kreditversicherer gibt es Deckungszusagen in Höhe von rund 56 Milliarden Euro – davon knapp 40 Milliarden Euro für Exportgeschäfte. Die Versicherungsprämien der Lieferanten orientieren sich meist primär an der Höhe ihrer versicherten Forderungen sowie an der Bonität ihrer jeweiligen Geschäftskunden. Die Versicherer legen zudem für die einzelnen Geschäftsbeziehungen maximale Deckungszusagen fest – im Fachjargon auch Kredit-Limite genannt.
Geschäftsberichte haben pandemiebedingt wenig Aussagekraft
Christoph Zawadil erläutert die aktuellen Herausforderungen: „Die Nachfrage nach Waren ist in vielen Branchen unvermindert stark. Zugleich sorgt die hohe Inflation dafür, dass die Preise und somit auch die offenen Forderungen steigen.“ Dies erfordert zunehmend eine Anhebung der Kredit-Limite, wobei bei der Beantragung gegenüber den Kreditversicherern gute Argumente hilfreich sein können. „Als Spezialmakler mit jahrelangen Geschäftsbeziehungen zu allen relevanten Kreditversicherern am Markt fällt es uns naturgemäß leichter, die Anforderungen, aber auch Probleme der Versicherer zu verstehen und gemeinsam mit unseren Kunden Argumente zu finden, die eine Erhöhung der Kredit-Limite rechtfertigen“, räumt der Experte ein, dennoch werde dies zunehmend anspruchsvoller.
Grundsätzlich behalten sich alle Versicherer in ihren Verträgen vor, den Versicherungsschutz für einzelne Geschäftsbeziehungen eines Lieferanten zu senken oder ganz zu streichen. Zu diesem Zweck treffen sie ständig Bonitätseinschätzungen für deren Geschäftskunden, wobei die Geschäftsberichte der Vergangenheit pandemiebedingt in manchen Branchen derzeit kaum Einschätzungen über die künftige Entwicklung erlauben. Hinzu kommen die kriegsbedingte Unsicherheit bezüglich der Versorgungssicherheit in Europa, allfällige weitere Zinsanhebungen der EZB oder der Fed sowie die stetig steigende Inflation.
Kredit-Limite spielen auch beim Factoring eine wichtige Rolle
„Cash ist derzeit für die Unternehmen wieder King“, bringt Zawadil die aktuelle Herausforderung auf den Punkt. Immer mehr Lieferanten verkaufen daher ihre offenen Forderungen an spezialisierte Factoring-Banken, um vorzeitig zu Geld zu kommen. Voraussetzung dafür ist aber immer eine Kreditversicherung. Ist das Kredit-Limit zu gering, ist auch die Möglichkeit der Factoring-Bank zum Forderungsankauf eingeschränkt. Die Anhebung der Kredit-Limite ist daher auch für Unternehmen, die ihre Forderungen weiterverkaufen sehr wichtig, damit keine Unterdeckung vorliegt.
Tipps des Experten
Um die Anhebung von Kredit-Limiten zu erreichen, gibt es laut dem Zawadil etliche Optionen. Angefangen von der Durchforstung der Geschäftsberichte der vermeintlich bonitätsschwachen Unternehmen, um die Vorbehalte der Kreditversicherer argumentativ zu entkräften bis hin zur Aufsplittung der Risiken auf zwei oder mehrere Anbieter, um in Summe höhere Kredit-Limite zu erreichen.
Foto oben: Christoph Zawadil, Head of Relationship Management A.C.I.C. © Jeff Mangione
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