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Kein Krankengeld für Reha: Kunde blitzt vor OGH ab

Kein Krankengeld für Reha: Kunde blitzt vor OGH ab

09. Januar 2017

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4 Min. Lesezeit

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News-Im Blickpunkt

Ein Kunde erhält für seinen Aufenthalt in einer Spezialklinik für psychiatrische Erkrankungen keine Deckung aus seiner Krankenversicherung. Mit seiner Klage ist er in allen Instanzen erfolglos. Dass der Versicherer bereits einmal für den Aufenthalt in derselben Klinik gezahlt hat, ist für die Entscheidung nicht relevant. Schadenexperte Dr. Wolfgang Reisinger kommentiert den Fall.

Andreas Richter

Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 09.01.2017

Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaus-Tagegeldversicherung 1999 zugrunde. Vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind demnach unter anderem Aufenthalte in Anstalten, die vornehmlich auf Rehabilitation ausgerichtet sind oder die chronisch kranke Patienten behandeln.

Der Mann war von 8. Juli bis 5. August 2013 sowie von 3. bis 30. Oktober in einer Sonderklinik für Psychosomatik und Psychotherapie. Dort werden nur Patienten mit einer bestimmten Diagnose aufgenommen, unter die verschiedene psychiatrische Erkrankungen fallen. Die Klinik bietet keine ärztliche Behandlung der Erkrankungen an, sondern zielt auf die Verbesserung der Lebensqualität, der Schmerztoleranz, der Selbstwahrnehmung und der sozialen Kompetenz ab. Patienten werden auch nur in einem Zustand aufgenommen, in dem sie üblicherweise aus psychiatrischen Krankenhäusern entlassen werden, nämlich stabil und medikamentös gut eingestellt.

Versicherung hat bereits einmal für Aufenthalt gezahlt

In diesem Fall lehnte der Versicherer die Deckung für das Krankenhaus-Tagegeld von insgesamt 13.680 Euro ab und begründete dies damit, es bestehe kein Versicherungsschutz für Aufenthalte, die vornehmlich auf Rehabilitation ausgerichtet sind. In seiner Klage argumentierte der Kunde, der Versicherer könne sich nicht auf die Klausel Art 5.8 AVB (Krankenanstalten, die auf einzelne Behandlungsmethoden ausgerichtet seien) berufen – diese sei intransparent und gröblich benachteiligend. Der Kläger sei nicht chronisch krank und die Klinik sei keine Rehabilitationsklinik. Im Übrigen habe die Versicherung das Krankenhaus-Tagegeld für den Aufenthalt in der Klinik von Jänner bis Februar 2011 bereits einmal ausgezahlt. Der Mann habe daher darauf vertrauen können, dass er auch diesmal Versicherungsleistung erhalte.

Therapie richten sich nicht gegen Grunderkrankung

Die Deckungsklage war in allen Instanzen erfolglos. Der Oberste Gerichtshof (OGH 7 Ob 158/16k) hielt fest: Dem Wortlaut des Ausschlusses zufolge sei für die Beurteilung nicht die Art der Krankheit, sondern nur die Art der Anstalt, in der sie behandelt wurde, maßgebend. Im konkreten Fall richte sich keiner der Therapiezwecke der Klinik unmittelbar gegen die Grunderkrankung eines Patienten. Die Ausrüstung entspreche auch nicht den diagnostischen Möglichkeiten eines psychiatrischen Krankenhauses. Es erfolgen vielmehr Nachbehandlungen an Patienten, die im stabilen Zustand aufgenommen werden. Die Therapien sollen den Patienten ein zufriedenes Alltagsleben ermöglichen. Der Risikoausschluss sei damit gegeben.

„Kein Freibrief für künftige Versicherungsfälle“

Das Berufungsgericht ließ die Revision zu, zumal es eine erhebliche Rechtsfrage darstelle, ob die streitgegenständliche Klausel transparent im Sinne des § 6 Abs 3 KSchG sei. „Der OGH hat die Revision zwar angenommen, geht aber interessanterweise auf diesen Punkt überhaupt nicht ein, sondern zitiert nur allgemeine Stehsätze zur Unklarheitenregelung des § 915 ABGB und zur Rechtsnatur von Risikoausschlüssen“, so Reisinger. Das Argument des Kunden, der Versicherer habe bereits einmal Krankenhaustagegeld für den Aufenthalt in dieser Klinik bezahlt, wurde nicht beachtet. Allein daraus könnte nämlich keine Erklärung zur Reichweite des Versicherungsschutzes für die Zukunft abgeleitet werden (siehe 7 Ob 204/15y).

Bei der Beurteilung der Frage, ob ein schlüssiger Verzicht auf ein Recht vorliegt, sei laut Reisinger besondere Zurückhaltung und Vorsicht geboten. Zudem wäre der Versicherungsnehmer für das Vorliegen eines schlüssigen Verzichtes beweispflichtig gewesen. „Dass ein Versicherer – aus welchen Gründen auch immer – eine Leistung erbringt, ohne dazu verpflichtet zu sein, schafft also keinen Freibrief für künftige Versicherungsfälle.“

Der Artikel von Dr. Wolfgang Reisinger erscheint in der AssCompact Jänner-Ausgabe.

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