Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat in einem Fall zum Rücktrittsrecht in der Lebensversicherung entschieden. Der Kläger forderte drei Jahre nach Vertragsablauf eine Rückzahlung des Versicherers wegen fehlerhafter Belehrung.
Redakteur/in: Mag. Peter Kalab - Veröffentlicht am 24.02.2020
Der Kläger, ein Rechtsanwalt, schloss zu privaten Zwecken eine fondsgebundene Lebensversicherung ab. Der Vertrag begann am 1. Februar 1999 und lief am 1. Februar 2014 ab. Die Prämien bezahlte der Kläger als Einmalerlag von 250.000 Schilling (18.168,21 Euro). Einen Rücktritt erwog er während der gesamten Vertragslaufzeit nicht. Nach Laufzeitende 2014 zahlte der Versicherer den Ablaufwert von 14.052,49 Euro aus.
Rücktritt drei Jahre nach Vertragsablauf
Der Kläger erklärte im Mai 2017 den Rücktritt vom Versicherungsvertrag und forderte den Versicherer auf, 15.904,58 Euro an vermeintlich rechtsgrundlos geleisteten Prämien samt Zinsen zurückzubezahlen. Die Belehrung über das Rücktrittsrecht sei fehlerhaft, unzureichend und falsch gewesen, weil entgegen dem Gesetz die Schriftform gefordert worden und ein falscher Fristbeginn angegeben gewesen sei. Sie sei irreführend, weil der Fristbeginn für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht erkennbar sei und das Rücktrittsrecht des § 165a VersVG (aF) erst nach verschiedenen anderen Rücktrittsbelehrungen abgedruckt gewesen sei, die weitere Voraussetzungen erforderten.
Vorabentscheidung des EuGH
Bei dem Fall handelt es sich um ein Verfahren, das der OGH vorübergehend unterbrochen hatte. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) sollte aufgrund eines Vorabentscheidungsersuchens einige Fragen zum Rücktrittsrecht auslegen. Auf Basis der Beantwortung des EuGH kommt der OGH zu folgendem Ergebnis: Einem Rücktrittsrecht des Klägers infolge fehlerhafter Information des Versicherers stehe nicht entgegen, dass der Versicherungsvertrag längst abgelaufen sei und der Versicherer auch schon den Ablaufwert ausbezahlt habe.
Keine Berufung auf Schriftform
Die Belehrung über das Rücktrittsrecht sei inhaltlich richtig gewesen. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Rechtsbelehrung bzw. die AVB des Versicherers dem Kläger den Eindruck einer notwendigen Schriftform für die Ausübung des Rücktrittsrechts vermittelt haben, folge daraus keine relevante Erschwernis dieses Rücktrittsrechts. Auf die Einhaltung der Schriftform konnte sich die Beklagte nicht berufen, sodass ein allfälliger Rücktritt des Klägers in jeder beliebigen Form wirksam gewesen wäre.
Rücktritt längst verfristet
Die Rücktrittsfrist nach § 165a Abs 1 VersVG habe im vorliegenden Fall mit dem Zeitpunkt zu laufen begonnen, zu dem der Beklagte davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass der Vertrag geschlossen sei – also mit Zugang der Polizze samt Begleitschreiben vom 3. Februar 1999. Der im Jahr 2017 erklärte Vertragsrücktritt sei daher längst verfristet. Weitere Fragen zur Verjährung von Zinsen im Fall eines berechtigten Rücktritts des Versicherungsnehmers und zur Rückforderbarkeit der Versicherungssteuer stellen sich somit nicht. Das Fazit des OGH: Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Der Revision war ein Erfolg zu versagen.
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