Ein Versicherungsnehmer schloss eine Unfallversicherung ab und beantwortete auf Grund der Auskunft seines Versicherungsmaklers eine im Antragsformular stehende Frage nach besonderen Gefahren durch „Reisen in außereuropäische Länder“ mit "nein". Nach einem Unfall beim Mountainbiken in Indonesien begehrte der Versicherungsnehmer Leistungszahlung von der Unfallversicherung. Diese wandte jedoch ein, dass der Versicherungsnehmer eine vorvertragliche Anzeigeobliegenheit nach § 16 VersVG verletzt habe. (7 Ob 33/20h )
Artikel von:
Dr. Roland Weinrauch
Gründer der Kanzlei Weinrauch Rechtsanwälte|https://weinrauch-rechtsanwaelte.at/
Im Jahr 2007 beantragte der Versicherungsnehmer über Vermittlung eines Maklers den Abschluss einer Unfallversicherung „mit weltweitem Versicherungsschutz“. Die nachstehende, im Antragsformular vorformulierte Frage beantwortete der Versicherungsnehmer mit „Nein“:
„Sind die zu versichernden Personen besonderen Gefahren (im Sport zB Flug-, Kletter-, Tauchrisiken usw, im Beruf, Reisen nach außereuropäischen Ländern) ausgesetzt oder werden solche Tätigkeiten geplant?“
Zum Zeitpunkt der Antragsstellung war der Versicherungsnehmer beruflich mehrere Wochen jährlich in Südostasien sowie Nordamerika unterwegs. Vor Beantwortung der Frage wies der Versicherungsnehmer den Makler auf diesen Umstand hin, woraufhin der Makler mitteilte, dass die erwähnten Reisen nicht unter die Frage fielen, da in jenen Ländern keine besonderen Gefahren bestünden. Die gegenständliche Frage wurde daher vom Versicherungsnehmer verneint.
Im Oktober 2015 erlitt der Versicherungsnehmer in Indonesien einen Unfall. Dabei war er mit seinem Mountainbike in einem Wohngebiet unterwegs, als der vor ihm fahrende PKW derart abrupt anhielt, dass der Versicherungsnehmer nicht mehr rechtzeitig anhalten konnte und gegen die Heckscheibe des PKW stieß. Durch diesen Unfall erlitt der Versicherungsnehmer eine Verletzung seiner Wirbelsäule bzw. der Bandscheiben.
Ohne Anerkennung einer Leistungspflicht wurde vom Unfallversicherer auf Basis eines Invaliditätsgrades von 35% eine Zahlung von 71.849,88 Euro erbracht. Der Versicherungsnehmer begehrte jedoch auf Basis einer Invalidität von 85% einen weiteren Betrag von 277.135,27 Euro vom Versicherer. Dieser wandte jedoch ein, dass der Versicherungsnehmer eine vorvertragliche Anzeigeobliegenheit nach § 16 VersVG verletzt habe, da er die Frage nach besonderen Gefahren durch „Reisen in außereuropäische Länder“ verneint habe.
Wie ist die Rechtslage?
Im gegenständlichen Fall befasste sich der Oberste Gerichtshof (OGH) zu 7 Ob 33/20h zunächst damit, ob der Versicherungsnehmer die im Antragsformular vorformulierte Frage nur dann mit „Ja“ beantworten hätte müssen, wenn mit den Auslandsreisen auch eine besondere Gefahr für den Versicherungsnehmer verbunden gewesen wäre. Nach Ansicht des OGH habe der Versicherungsnehmer im vorliegenden Fall seiner Anzeigeobliegenheit objektiv nicht entsprochen, weil er die Frage nach „Reisen nach außereuropäischen Ländern“ unrichtig mit „nein“ beantwortet habe. Die Frage sei dabei eindeutig formuliert gewesen, ein Beurteilungsspielraum betreffend die Gefährlichkeit der Länder bestehe nicht.
Darüber hinaus befasste sich der OGH mit der Frage, ob dem Versicherungsnehmer aufgrund der Auskunft des Maklers überhaupt ein Verschulden angelastet werden kann. Nach Ansicht des OGH begründe die unrichtige Einschätzung der Frage durch den Makler kein mangelndes Verschulden des Versicherungsnehmers. Vielmehr sei der den Antrag ausfüllende Makler dem Versicherungsnehmer zuzurechnen, sodass eine schuldhafte Verletzung der vorvertraglichen Anzeigeobliegenheit vorliege.
Da der Versicherungsnehmer im gegenständlichen Fall auch nicht darlegen konnte, dass der Unfall aus einem anderem als dem falsch angezeigten Umstand eingetreten ist, kam der OGH zu dem Ergebnis, dass der Unfallversicherer aufgrund der Verletzung der Anzeigeobliegenheit nach § 16 Abs 1 VersVG leistungsfrei ist.
Schlussfolgerung
Aus der falschen Auskunftserteilung eines Maklers resultiert selbst dann kein mangelndes Verschulden des Versicherungsnehmers, wenn sich der Versicherungsnehmer auf die fachkundige Auskunft verlassen durfte. Das Verhalten des Maklers ist nämlich dem Versicherungsnehmer zuzurechnen. Hervorzuheben ist jedoch, dass bei einer dadurch bedingten Leistungsfreiheit des Versicherers allfällige Ansprüche gegen den Makler selbst bestehen können.
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