„You get what you pay for“ – bezogen auf die Versicherungsbranche ist wohl kein Sprichwort so passend wie dieses, denn wenn ich eines in meiner über zwei Jahrzehnte andauernden Berufslaufbahn gelernt habe, dann ist es das, dass man qualitativ hochwertigen Versicherungsschutz mit Sicherheit nicht zum kleinen Preis oder gar prämienfrei bekommt. Genau das lässt mich auch heute über ein Thema schreiben, welches ein entsprechend großes Risiko birgt, nämlich die bei der Kundschaft allzu – weil prämienfrei – beliebte Rohbaudeckung.
Artikel von:
Akad.Vkfm. Mag. Thomas Leitner, Bakk.
ÖVM Vorstand
Jeder der schon einmal ein Haus gebaut hat, kennt es, die Investitionen für ein derartiges Projekt sind immens und was gibt es Schöneres, als wenn es dann doch mal etwas „gratis“ gibt. Trotzdem, wie eingangs erwähnt, was nichts kostet, ist zumeist auch nichts wert. Im Falle der Rohbauversicherung der diversen Eigenheimbündelverträge ist das leider auch der Fall. Eigentlich ist es ja eine tolle Sache: Einmal abgeschlossen, gibt es Versicherungsschutz für Gebäude-, Grundstücks- und Bauherrnhaftpflicht, Feuer-, Sturm- und gegebenenfalls die Leitungswassersparte je nach Baufortschritt und das alles darüber hinaus auch noch prämienfrei!
Auf den ersten Blick nicht schlecht, dennoch ändern sich die Zeiten, die Inflation lässt die Bauproduktionssummen in die Höhe schnellen, dass zum einen die von den Versicherern vorgegebenen Werte für die verbauten Quadratmeter nicht mehr den tatsächlichen Baukosten entsprechen und zum anderen die prämienfreie Bauherrnhaftpflicht, weil oftmals mit einem bestimmten Bauproduktionswert (= Gesamtkosten des Bauvorhabens inkl. Eigenleistungen und Planungskosten) begrenzt, ausgehebelt wird. Ein Fallstrick, der gerne übersehen wird.
Ähnliches Problem in der Sturmsparte, die ja bekanntlich erst dann Versicherungsschutz bietet, wenn die so genannte „Außenhaut“ des Rohbaus geschlossen ist. Sprich grob gesagt, das Dach eingedeckt und sämtliche Außentüren und Fenster verbaut sind. Doch was tun, wenn das sündhaft teure Dach fertig gestellt wurde, der Fensterlieferant sich jedoch alle Zeit der Welt lässt, der Wettergott seine Schleusen öffnet und anstatt eines herrlich lauen Sommerregens golfballgroße Hagelschloßen vom Himmel fallen oder Sturmböen die gesunden Nachbarsbäume aufs noch nicht fertiggestellte Eigenheim werfen? Das böse Erwachen ist vorprogrammiert!
Gottseidank gibt es mit den Bauwesenversicherungen entsprechende Lösungen am Markt, doch sind diese im Gegensatz zur Rohbauversicherung nicht prämienfrei, sondern sehr prämienintensiv und führen daher bei den Abschlüssen eher ein stiefmütterliches Dasein. Dennoch ist es empfehlenswert, den Häuselbauern diese Deckungslücke begreifbar zu machen und so Risken zu minimieren.
Abschließend jedoch auch noch ein Appell an die Produktentwicklungsteams der Versicherer, ob man nicht zukünftig mit Innovation die große preisliche Diskrepanz zwischen der Rohbaudeckung und Bauwesenversicherung mittels einer einfach handhabbaren, prämienpflichtigen – nennen wir sie mal salopp „Premium-Rohbauversicherung“ – schließen könnte.
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