Hält der Arzt die gesetzliche Aufklärungsfrist von mindestens zwei Wochen vor der Operation nicht ein, haftet er bei negativen Folgen für den Patienten – auch dann, wenn es sich um eine gewöhnliche Komplikation handelt.
Redakteur/in: Mag. Peter Kalab - Veröffentlicht am 29.11.2018
Die Klägerin unterzog sich im Juni 2014 einer operativen Bruststraffung, die vom beklagten Arzt ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Eine Woche nach dem Eingriff traten Schmerzen auf und es trat Wundflüssigkeit aus. Der Arzt sah das als unbedenklich. Nach einem weiteren Besuch in dessen Praxis fuhr die Frau auf Urlaub, den sie aber nach einer Woche wegen einer Wundheilungsstörung abbrechen musste. Dabei handelt es sich um eine eingriffstypische und häufig auftretende Komplikation.
Hat Arzt Aufklärungspflicht verletzt?
Da ihr Arzt nicht erreichbar war, begab sich die Klägerin zur Nachbehandlung in ein Krankenhaus, wo die Wunde gesäubert wurde und sie Medikamente bekam. Ende August unterzog sie sich im Krankenhaus einer Nachoperation. Von ihrem ersten Arzt forderte die Klägerin nun Schmerzensgeld, Nachbehandlungskosten sowie die Kosten einer Haushaltshilfe, außerdem die Feststellung der Haftung für sämtliche zukünftigen Schäden aufgrund der Operation.
Das Erstgericht wies die Klage ab und verneinte eine Verletzung der Aufklärungspflicht – der Arzt habe die Patientin umfassend aufgeklärt. Das Berufungsgericht bejahte hingegen eine Haftung des Beklagten. Die Klägerin habe nicht wirksam in die Behandlung eingewilligt, sei doch die Aufklärung der Klägerin über die Allgemein-Narkose nicht zumindest 14 Tage vor dem Eingriff erfolgt (§ 6 ÄsthOpG).
Gesetzliche Mindestfrist nicht eingehalten
Das am 1. Jänner 2013 in Kraft getretene Bundesgesetz über die Durchführung von ästhetischen Behandlungen und Operationen (ÄsthOpG) legt dem behandelnden Arzt besondere Pflichten bei kosmetischen Operationen auf. Demnach darf eine ästhetische Operation nur durchgeführt werden, wenn der Patient nach umfassender ärztlicher Aufklärung seine Einwilligung nachweislich dazu erteilt hat. Dabei ist überdies eine Frist von zumindest zwei Wochen zwischen der abgeschlossenen ärztlichen Aufklärung und der Einwilligung einzuhalten.
Im vorliegenden Fall erfolgte die Aufklärung laut den widersprüchlichen Feststellungen des Erstgerichts am 4. Juni oder 15. Juni 2014, wie der Oberste Gerichtshof (OGH) feststellte. Ungeachtet des tatsächlichen Zeitpunkts stehe damit aber fest, dass die Mindestfrist von zwei Wochen jedenfalls nicht eingehalten wurde – denn die Operation wurde am 17. Juni durchgeführt (6 Ob 120/18t).
Arzt haftet auch für gewöhnliche Risiken
Hat die ohne Einwilligung oder ohne ausreichende Aufklärung des Patienten vorgenommene Behandlung nachteilige Folgen, haftet der Arzt für diese Folgen, wenn der Patient sonst nicht in die Behandlung eingewilligt hätte – selbst dann, wenn ihm bei der Behandlung kein Kunstfehler unterlaufen ist und sich bloß das gewöhnliche Operationsrisiko verwirklichte. Dem Arzt stehe zwar der Beweis offen, dass der Patient auch bei rechtzeitiger Aufklärung in die Behandlung eingewilligt hätte. Der Beklagte habe sich in diesem Fall jedoch nicht bereits in erster Instanz darauf berufen.
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