Im Folgenden verweist ÖVM-Vorstand Ing. G. Mirko Ivanic auf eine Thematik im Bereich Rechtsschutz für Grundstückseigentum und Miete (GMRS), die regelmäßig für Verwirrung und Unzufriedenheit sorgt. Dies vor allem deshalb, da die Bedingungslage durchaus unterschiedliche Sichtweisen zulässt.
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 25.11.2021
Ausgangssituation sind nachbarschaftsrechtliche Streitigkeiten:
Ein/e Mieter/in einer Wohnung mit Gartenanteil wird vom Eigentümer des Nachbargrundstücks aufgefordert, die vom Mieter gepflanzte und an das Grundstück grenzende Hecke zu entfernen. Um diese Forderung durchzusetzen, nimmt der Nachbar rechtliche Hilfe in Anspruch. Der Mieter informiert seine Rechtsschutzversicherung und ersucht um Deckung für die Abwehr des Anspruches.
Die Versicherung lehnt diese Deckung jedoch ab:
Bei dem Vorfall handelt es sich um die Abwehr von Ansprüchen des Nachbarn auf Entfernung der im gemieteten Garten gepflanzten Bäume (§ 364 ABGB). Die Wahrnehmung rechtlicher Interessen im Zusammenhang mit den streitgegenständlichen Ansprüchen ist nicht vom versicherten Risiko des Artikel 24.2.1 umfasst, weshalb keine Rechtsschutzdeckung besteht.
Artikel 24.2.1 – Was ist versichert?
Aus Miet- und Pachtverträgen, einschließlich der Geltendmachung und Abwehr von Ansprüchen wegen reiner Vermögensschäden, die aus der Verletzung gesetzlicher oder vertraglicher Pflichten zwischen Vertragspartnern entstehen und über die Erfüllungsinteressen hinausgehen oder aus der Verletzung vorvertraglicher Pflichten entstehen.
Artikel 24.2.2 – Dingliche Rechte
Aus dinglichen Rechten ausgenommen Wohnungseigentum; der Versicherungsschutz umfasst die Geltendmachung und Abwehr nachbarrechtlicher Ansprüche.
Artikel 24.2.3 – Aus Wohnungseigentum
2.3.1 für Versicherungsfälle, die das ausschließliche Nutzungsrecht des Versicherungsnehmers am versicherten Wohnungseigentum betreffen;
2.3.2 für Versicherungsfälle, in denen die Eigentümergemeinschaft gegen Dritte vorgeht oder von Dritten in Anspruch genommen wird, anteilig entsprechend dem Miteigentumsanteil.
Der Versicherer lehnt ab, da es aus seiner Sicht einen wesentlichen Unterschied zwischen Eigentümer und Mieter auch in der Rechtsschutzdeckung gibt. Dies bedeutet, dass nachbarschaftsrechtliche Auseinandersetzungen in der Wahrnehmung der rechtlichen Interessen nur Deckung als Eigentümer finden. Diese Sichtweise ist jedoch von Versicherer zu Versicherer unterschiedlich.
Auch der Aufbau des Art. 24 lässt eine deckungsbejahende Interpretation zu.
In Punkt 1.1. des Artikel 24 der ARB wird die Frage „Wer in welcher Eigenschaft versichert ist“ mit Eigentümer, Mieter, Pächter oder dinglichen Nutzungsberechtigten gemeinsam beantwortet. Die Aufzählung des Versicherungsschutzes in Punkt 2 des Artikel 24 sieht keine Unterscheidung zwischen Eigentümer und Mieter vor und führt in Punkt 2.2. unter anderem den Versicherungsschutz für die Geltendmachung und Abwehr nachbarrechtlicher Ansprüche vor. Dieser Aufbau befürwortet den Versicherungsschutz auch des Mieters für die Geltendmachung und Abwehr von solchen Ansprüchen.
Nicht zuletzt sehen die aktuellen Verkaufstarife keinen prämienseitigen Unterschied zwischen Mieter und Eigentümer vor.
Unbeeindruckt durch Argumente oder von den Erläuterungen der Bedingungen, in denen ganz bewusst auf die Gleichstellung zwischen Mieter und Eigentümer eingegangen wird, besteht der Versicherer auf seine Rechtsansicht. Da eine Deckungsklage im Verhältnis zum Streitwert mit zu hohen Kosten verbunden ist und zudem ein langwieriges Verfahren mit sich zieht, ist es ratsam, sich dieser Problematik bewusst zu sein bzw. im Vorfeld mittels Vereinbarung eine Klarstellung mit dem Versicherer zu erreichen.
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Foto oben: Ing. G. Mirko Ivanic, ÖVM Vorstand
Titelbild: ©peterschreiber.media – stock.adobe.com
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