Ein Kunde wollte gegen seinen Lebensversicherer rechtlich vorgehen und ersuchte dafür um Rechtsschutzdeckung. Dabei gab es jedoch mehrere Streitpunkte, die der Oberste Gerichtshof (OGH) zu klären hatte.
Redakteur/in: Mag. Peter Kalab - Veröffentlicht am 11.12.2019
Der Kläger hatte im Jahr 2007 eine indexgebundene Lebensversicherung im Zusammenhang mit der Kreditfinanzierung für den Kauf einer Wohnung abgeschlossen. Er war der Meinung, dass der Versicherer ihn bei Vertragsabschluss unrichtig beraten habe. Der Vertreter des Klägers ersuchte den Lebensversicherer 2017 um Herausgabe bzw. Mitteilung von Anlegerprofil, Risikobelehrung, Versicherungsantrag und -polizze sowie sämtlicher weiterer Erklärungen, die im Hinblick auf den Versicherungsvertrag abgegeben wurde, Wertstandsmitteilungen und Rückkaufswert. Für die Herausgabe wurde unter Klagsandrohung eine Frist von 14 Tagen gesetzt.
Der Klagevertreter übermittelte dieses Aufforderungsschreiben dem Rechtsschutzversicherer und ersuchte um Kostendeckung für die Herausgabeklage. Dieser lehnte die Rechtsschutzdeckung jedoch ab und sah sich nun mit einer Deckungsklage konfrontiert.
Herausgabe verweigert – kein vorvertraglicher Pflichtverstoß
Erst- und Berufungsgericht gingen von der Leistungsfreiheit des Rechtsschutzversicherers nach Art 7.1.6 ARB 2008 aus. Demnach besteht kein Versicherungsschutz für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen im Zusammenhang mit der Vermögensanlage in Finanzinstrumenten.
Der OGH erklärte die Revision des Klägers für teilweise berechtigt. Aus einer früheren Entscheidung (7 Ob 221/17a) des Fachsenats folgt, dass die Herausgabepflicht des Lebensversicherers nur für den Antrag, die Polizze und sonst lediglich für die vom Versicherungsnehmer stammenden Erklärungen bestehen kann. Für alle sonstigen Urkunden (Informationen) bestehe dagegen keine Herausgabepflicht, sodass insoweit auch kein Pflichtverstoß des Lebensversicherers behauptet wird. Schon aus diesem Grund erweise sich die Klageabweisung im Ergebnis als zutreffend.
Eine (arglistig) unrichtige Beratung bei Abschluss des Lebensversicherungsvertrags möge bereits den Keim der späteren Auseinandersetzung in sich tragen über daraus resultierende Rückabwicklungs- und Schadenersatzansprüche. Die Verletzung eines Nebenleistungsanspruchs nach § 3 VersVG auf Herausgabe von Urkunden sei dagegen keine Pflichtverletzung, die mit einer unrichtigen Beratung bei Vertragsabschluss bereits absehbar oder gleichartig wäre.
Die Geltendmachung eines solchen Anspruchs sei auch keine gleichsam logische Folge einer Fehlberatung bei Vertragsabschluss. Die vom Kläger behauptete Verweigerung der Urkundenherausgabe sei daher ein selbständiger Verstoß, der nach Versicherungsbeginn erfolgte und daher nicht vorvertraglich, sondern grundsätzlich deckungspflichtig ist.
Lebensversicherung als Finanzinstrument
Die Vorinstanzen haben übereinstimmend das Vorliegen des Risikoausschlusses nach Art 7.1.6 ARB 2008 bejaht. Diese Rechtsansicht erklärte der OGH für nicht zutreffend. Der Ausschlusstatbestand enthalte den ausdrücklichen Verweis auf die Anlage von Vermögen „in Finanzinstrumente gem. § 48a Abs 1 Z 3 Börsegesetz“. Der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer könne diese Wortfolge nur dahin verstehen, dass unmittelbar von ihm selbst in ein explizit in § 48a Abs 1 Z 3 BörseG angeführtes Finanzinstrument getätigte Vermögensanlagen gemeint sind. Als juristischer Laie unterstelle er den Abschluss einer – im Börsegesetz gerade nicht genannten – Lebensversicherung auch keinem der dort genannten Finanzinstrumente. Der Ausschlusstatbestand war demnach nicht erfüllt.
Ausschluss Bauvorhaben?
Der beklagte Rechtsschutzversicherer machte in seiner Revisionsbeantwortung noch den Risikoausschluss nach Art 7.1.5 ARB 2008 geltend. Demnach besteht kein Versicherungsschutz für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit der Finanzierung eines Bauvorhabens einschließlich des Grundstückserwerbs. Der Abschluss der Lebensversicherung mag zwar der Besicherung einer mit einem Grundstückserwerb verbundenen Kreditforderung gedient haben und insoweit mit dessen Finanzierung in ursächlichem Zusammenhang stehen. Der darüber hinaus notwendige adäquate Zusammenhang zwischen der Geltendmachung von auf Urkundenvorlage gerichteten Nebenleistungsansprüchen aus dem Versicherungsvertrag sei aber zu verneinen, sodass auch dieser Risikoausschluss nicht greift.
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