Am 28.12.2016 hat der Kläger einen Gebrauchtwagen käuflich erworben. Wegen der in diesem Dieselfahrzeug eingebauten Abgasmanipulationssoftware beabsichtigte der Kläger Ansprüche gegen den Fahrzeughersteller klageweise geltend zu machen. Zu diesem Zwecke stellte er bei der beklagten Rechtsschutzversicherung eine Deckungsanfrage. Nachdem die Beklagte die Deckung abgelehnt hatte, brachte der Kläger eine Deckungsklage ein. Der Fall landete schließlich vor dem Obersten Gerichtshof (OGH).
Artikel von:
Dr. Roland Weinrauch
Gründer der Kanzlei Weinrauch Rechtsanwälte|https://weinrauch-rechtsanwaelte.at/
Zwischen dem klagenden Versicherungsnehmer und der beklagten Versicherungsanstalt besteht seit 2014 ein Rechtsschutzversicherungsvertrag. Diesem Vertrag liegen die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung (ARB 2014) zugrunde, die auszugsweise wie folgt lauten:
„…
Artikel 2
Was gilt als Versicherungsfall und wann gilt er als eingetreten?
…
3. In den übrigen Fällen – insbesondere auch für die Geltendmachung eines reinen Vermögensschadens sowie für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen wegen reiner Vermögensschäden – gilt als Versicherungsfall der tatsächliche oder behauptete Verstoß des Versicherungsnehmers, Gegners oder eines Dritten gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften; der Versicherungsfall gilt in dem Zeitpunkt als eingetreten, in dem eine der genannten Personen begonnen hat oder begonnen haben soll, gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften zu verstoßen. Bei mehreren Verstößen ist der erste, adäquat ursächliche Verstoß maßgeblich, wobei Verstöße, die länger als ein Jahr vor Versicherungsbeginn zurückliegen, für die Feststellung des Versicherungsfalls außer Betracht bleiben. …
…“
Wie ist die Rechtslage?
Nach Ansicht des OGH (7 Ob133/21s) handelt es sich im vorliegenden Fall um die Deckung für die Geltendmachung reiner Vermögensschäden, bei denen nach Art 2.3 ARB der tatsächliche oder behauptete Verstoß des Versicherungsnehmers, Gegners oder eines Dritten gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften als Versicherungsfall gilt. Nach dieser Bestimmung liegt der Versicherungsfall in der Rechtsschutzversicherung vor, wenn einer der Beteiligten begonnen hat, gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften zu verstoßen. Der Zeitpunkt, in dem der Fahrzeughersteller begonnen hat, in seine Motoren Abgaswerte verfälschende Software einzubauen, hat allerdings keine Auswirkungen auf die Rechtsposition eines Autokäufers. Ein zeitlich lange vorangehender Gesetzes- oder Pflichtenverstoß, mag er auch die spätere Rechtsverfolgung des Versicherungsnehmers adäquat-kausal begründet haben, kann daher den Versicherungsfall erst auslösen und damit den Zeitpunkt des Verstoßes in Bezug auf den konkreten Versicherungsnehmer in der Rechtsschutzversicherung festlegen, wenn dieser erstmals davon betroffen ist, d.h. in seinen Rechten beeinträchtigt wird. Dies ist im Falle des serienmäßigen Einbaus eines nicht rechtskonformen Bauteils in eine Sache der Zeitpunkt des Kaufs der mangelhaften Sache durch den Versicherungsnehmer. Erst damit beginnt sich auch die vom Rechtsschutzversicherer in Bezug auf den Versicherungsnehmer konkret übernommene Gefahr zu verwirklichen.
Schlussfolgerung
Im vorliegenden Fall hat der Versicherungsnehmer während des rechtsschutzversicherten Zeitraums einen gebrauchten Diesel-PKW erworben und begehrt Deckung für gegen den Fahrzeughersteller geltend zu machende Ansprüche. Der Versicherungsfall im Sinne des Art 2 ARB trat damit während des Deckungszeitraums ein.
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