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Schaden beim Entladen eines LKW: Betriebshaftpflicht muss zahlen

(Bild: © MQ-Illustrations - stock.adobe.com)

Schaden beim Entladen eines LKW: Betriebshaftpflicht muss zahlen

09. April 2024

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7 Min. Lesezeit

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Im Blickpunkt

Die Abgrenzung zwischen der KFZ- und der Allgemeinen Haftpflichtversicherung bereitet oft Schwierigkeiten. Eine aktuelle OGH Entscheidung zeigt wieder einmal, dass der KFZ-Ausschluss in der Allgemeinen Haftpflichtversicherung eng auszulegen ist (OGH 7 Ob 159/23t, versdb 2024, 20).

Artikel von:

Ewald Maitz, MLS

Ewald Maitz, MLS

Gründer und Geschäftsführer von versdb

Am 8. April 2021 wurden Wechselrichter an den VN geliefert, die er später in ein Gehäuse einbauen soll. Ein Mitarbeiter des VN wollte einen Wechselrichter mit einem Gabelstapler vom LKW abladen. Als er den Wechselrichter ca. 15 cm von der Ladefläche anhob und den Stapler zurücksetzte, kippte der Wechselrichter zur Seite. Dabei erlitt der Wechselrichter einen Totalschaden. Der OGH musste klären, ob Deckung für diesen Schaden am Wechselrichter aus der Betriebshaftpflichtversicherung besteht.

Hier die Kernaussagen der Entscheidung:

Ausschluss Verwendung KFZ:

Zum KFZ Ausschluss hat der OGH ausgeführt, dass die Verwendung des Kraftfahrzeugs in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung das versicherte Risiko betrifft, sodass eine weite Auslegung des Begriffs erfolgt, während es sich bei der Verwendung des Kraftfahrzeugs in der privaten oder betrieblichen Haftpflichtversicherung um einen – eng auszulegenden – Risikoausschluss handelt. Eine zweckorientierte Auslegung des Ausschlusstatbestands erfordert demnach die Verwirklichung einer primär von der Verwendung des Kraftfahrzeugs unmittelbar ausgehenden Gefahr, nicht aber die Realisierung anderer (z.B. betrieblicher) Risiken, die in irgendeinem Zusammenhang mit einem Kraftfahrzeug stehen. Das ist auch hier der Fall: Das Entladen des LKW wurde von einem Mitarbeiter des VN mit einem Gabelstapler durchgeführt. In der Folge hat sich das spezifische Risiko des Gabelstaplers, schwere Gegenstände von einem LKW zu entladen, realisiert, weil der Wechselrichter beim Anheben durch den Stapler zur Seite kippte und beschädigt wurde. Damit ist der Schaden im Betrieb des VN eingetreten. Der Ausschluss für die Verwendung des KFZ kommt wegen der engen Auslegung dieses Ausschlusses nicht zur Anwendung.

Deckungserweiterung "Be- und Entladen":

Gemäß Art 7.10.4 AHVB 2006 erstreckt sich die Versicherung nicht auf Schadenersatzverpflichtungen wegen Schäden an beweglichen Sachen, die bei oder infolge ihrer Benützung, Beförderung, Bearbeitung oder einer sonstigen Tätigkeit an oder mit ihnen entstehen. Da hier der Schaden an einer beweglichen Sache (Wechselrichter) bei einer Tätigkeit des VN (Abladen) entstanden ist, greift dieser Risikoausschluss. Der VN ist aber der Ansicht, dass der Schadensfall durch die in den Besonderen Bedingungen enthaltenen sekundären Risikoeinschlüsse gedeckt ist: Die BB 7857 schließt abweichend von Art 7.5.3 und Art 7.10. AHVB 2006 Schadenersatzverpflichtungen wegen Schäden an fremden Land- und Wasserfahrzeugen sowie fremden Containern beim Beladen und Entladen in den Versicherungsschutz ein. Ausdrücklich nicht versichert bleiben Haftpflichtansprüche aus Beschädigung, Verlust, Vernichtung oder Abhandenkommen des Ladegutes. Im vorliegenden Fall wurde das Ladegut im Zuge des Entladevorgangs beschädigt, sodass sich die Versicherungsdeckung nicht aus der BB 7857 ergeben kann.

Deckungserweiterung "Verwahrung":

Die BB 7858 enthält Risikoeinschlüsse für die Verwahrung von beweglichen Sachen. Punkt 3. dieser Besonderen Bedingung schließt Schadenersatzverpflichtungen wegen Schäden an beweglichen Sachen aus dem Titel der Verwahrung – abweichend von Art 7.10.2 und 7.10.3 AHVB 2006 – wieder in den Versicherungsschutz ein. Schäden an diesen Sachen, die bei oder infolge ihrer Benützung, Beförderung, Bearbeitung oder einer sonstigen Tätigkeit an oder mit ihnen entstehen, bleiben aber gemäß Art 7.10.4 AHVB 2006 vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Da das Ladegut im Zuge des Abladevorgangs beschädigt wurde, kann sich die Versicherungsdeckung auch nicht aus der BB 7858 ergeben.

Deckungserweiterung "Tätigkeit an beweglichen Sachen":

Die BB 7878 enthält abweichend von Art 7.10.4 AHVB 2006 einen Einschluss für Schadenersatzverpflichtungen wegen Schäden an beweglichen Sachen, die bei oder infolge einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit des VN an oder mit diesen Sachen entstanden sind. Im Anschluss daran werden bestimmte Tätigkeiten konkret angeführt (Bearbeitung, Reparatur oder Prüfung). Im vorliegenden Fall ist der Schaden zwar nicht bei oder infolge einer Bearbeitung, Reparatur oder Prüfung entstanden, allerdings ist die Aufzählung in der BB 7878 nur beispielhaft („und dgl“). Aus dem Wortlaut der Klausel kann der durchschnittliche VN somit nicht entnehmen, dass Schäden bei einem Abladevorgang nicht von der BB 7878 umfasst sind, solange die bewegliche Sache bei oder infolge der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit des VN an oder mit dieser Sache beschädigt wurde, was hier unzweifelhaft der Fall ist. Auch die Systematik des Bedingungswerks spricht für diese Auslegung: Wenn durch Art 7.10.4 AHVB 2006 Schäden an einer beweglichen Sache, die durch eine Tätigkeit des VN – hier Abladen – entstanden sind, ausgeschlossen sind und die BB 7878 expressis verbis einen davon abweichenden sekundären Risikoeinschluss vorsehen, so kann der durchschnittliche VN davon ausgehen, dass ein Schaden gedeckt ist, wenn er an einer beweglichen Sache (Wechselrichter) bei oder infolge einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit des VN an oder mit dieser Sache (Abladen des Wechselrichters zum Zweck des Einbaus dieses Geräts in ein vom VN hergestelltes Gehäuse) entstanden ist. Der geltend gemachte Schaden ist somit durch diesen sekundären Risikoeinschluss gedeckt.

Anmerkung

Die Entscheidung zeigt erneut deutlich, dass der KFZ-Ausschluss in der Allgemeinen Haftpflichtversicherung eng auszulegen ist, weil Risikoausschlüsse eng - nach dem Zweck der Bestimmung - auszulegen sind. In der KFZ Haftpflichtversicherung handelt sich bei der Verwendung des KFZ um keinen Risikoausschluss - dort ist daher der Begriff weit auszulegen. In der KFZ Haftpflichtversicherung sind Schäden am Ladegut nicht gedeckt. In der Betriebshaftpflichtversicherung gibt es einen derartigen Ausschluss nicht, sodass hier der Betriebshaftpflichtversicherer durch den Einschluss von Tätigkeitsschäden an beweglichen Sachen Deckung zu gewähren hatte.

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