Die Sorgfaltspflicht des Versicherungsmaklers darf laut einem Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH) nicht überspannt werden. Details dazu erklärt ÖVM-Vorstandsmitglied Gerhard Veits in der aktuellen AssCompact-Ausgabe.
Redakteur/in: Mag. Peter Kalab - Veröffentlicht am 14.11.2019
Von Gerhard Veits
In diesem Verfahren ging es um Schadenersatzforderungen eines Versicherungsnehmers an seinen Versicherungsmakler, nachdem sich infolge eines Schadenfalls herausstellte, dass die Garage als Nebengebäude – aufgrund dessen Größe – gar nicht mitversichert war.
Nach den Feststellungen des Erstgerichtes erörterte der Makler die einzelnen Punkte des Versicherungsantrags mit dem Kunden Punkt für Punkt. Dabei habe der Kunde die verbaute Fläche des Wohnhauses mit zehn mal elf Metern angegeben, aber das Vorhandensein eines Nebengebäudes mit einer Fläche von mehr als 30 Quadratmetern nicht erwähnt. Im Zuge der Beratung wies der Versicherungsmakler darauf hin, dass Nebengebäude bis zu einer Fläche von 30 m² mitversichert sind.
Keine Pflichtverletzung
Der OGH (OGH: 10Ob89/04t) stellte letztlich fest, dass der Makler weder seine Aufklärungs- und Beratungspflichten verletzt noch gegen seine Interessenwahrungspflicht gegenüber dem Kunden verstoßen habe. Nach den Ausführungen des Berufungsgerichtes richte sich die Haftung des Versicherungsmaklers zwar nach § 1299 ABGB, doch dürfe auch bei Anwendung dieser Bestimmung der Sorgfaltsmaßstab nicht überspannt werden. Einem Versicherungsmakler müsse zwar bewusst sein, dass es bei der Gebäudeversicherung wesentlich auf das Ausmaß der verbauten Flächen ankomme. Allein deshalb sei er aber noch nicht verpflichtet, die Angaben des Versicherungskunden über die verbauten Flächen zu überprüfen bzw. zu hinterfragen, wenn nicht konkrete Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Angaben des Kunden vorhanden seien.
Makler darf auf Richtigkeit vertrauen
Grundsätzlich müsse sich auch der Versicherungsmakler darauf verlassen können, dass die Angaben des Kunden über verbaute Flächen bei seinem Wohnhaus samt Nebengebäuden richtig seien, wenn dieser beim gemeinsamen Durchgehen des Antragsformulars genaue Flächenangaben mache bzw. ein Nebengebäude mit einer Fläche von mehr als 30 m² (Garage) nicht anführe.
Auf die Richtigkeit der Flächenangabe betreffend des Nebengebäudes habe der Makler vertrauen dürfen, obwohl ihm aufgrund seiner wiederholten Besuche im Haus der Kunden bekannt gewesen sei, dass eine Garage vorhanden sei. Nach allgemeiner Lebenserfahrung sei beim bloßen Betrachten eines Nebengebäudes dessen Fläche nicht annähernd sicher abzuschätzen, zumal die verbaute Fläche nach den Feststellungen mit 39,75 m² nicht so weit über der Grenze von 30 m² gelegen sei.
Das Argument des Kunden, wonach dem Makler in seiner Funktion als Sachverständiger (§ 1299 ABGB) hätte auffallen müssen, dass das Nebengebäude tatsächlich eine Fläche von mehr als 30 m² aufweist, ging ins Leere.
Besondere Nachforschungspflicht?
Als Fachmann auf dem Gebiet des Versicherungswesens ist es Hauptaufgabe des Versicherungsmaklers, dem Klienten mit Hilfe seiner Kenntnisse und Erfahrung bestmöglichen, den jeweiligen Bedürfnissen und Notwendigkeiten entsprechenden Versicherungsschutz zu verschaffen. Aus dem Treueverhältnis zwischen Auftraggeber und Makler ergeben sich für letzteren Schutzpflichten, Sorgfaltspflichten und Beratungspflichten. Die Beurteilung einer Pflichtverletzung ist jeweils im Einzelfall – unter Berücksichtigung der dem Makler erkennbaren Interessen des Auftraggebers – vorzunehmen. Hingegen wurde vom OGH bereits mehrfach ausgesprochen, dass aus der Lehre und Judikatur eine besondere Nachforschungspflicht des Maklers nicht ableitbar ist, wenn für ihn keine Veranlassung besteht, an der Richtigkeit einer Information zu zweifeln.
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