Ein Versicherungsnehmer stürzte beim Fahrradfahren und erlitt in Folge seiner Verletzungen beim Fahrradsturz drei Schlaganfälle. Er begehrte deshalb von seiner Unfallversicherung eine Invaliditätsleistung. Der Unfallversicherer lehnte dies ab, da laut Bestimmung in den AUVB, Herzinfarkt oder Schlaganfall nicht als Unfallfolge gelten.
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 26.02.2021
Was ist passiert?
Ein Versicherungsnehmer kam beim Fahrradfahren zu Sturz und verletzte sich an der linken Schulter und an der Halsschlagader. Die Verletzung an der Halsschlagader hat in weiterer Folge zur Bildung eines Blutgerinnsels und folglich auch zu drei Schlaganfällen geführt. Seit den Schlaganfällen leidet der Versicherungsnehmer unter anderem an Gefühlsstörungen im rechten Arm und in der rechten Hand. Der Versicherungsnehmer hat den Schadensfall seiner Unfallversicherung gemeldet und eine Invaliditätsleistung begehrt. Die Unfallversicherung hat zwar vorprozessual eine Entschädigung geleistet, allerdings hat die Unfallversicherung die Deckung für die Folgen der Schlaganfälle abgelehnt. Dabei hat sich die Unfallversicherung auf eine Bestimmung in den AUVB gestützt, wonach Herzinfarkt oder Schlaganfall nicht als Unfallfolge gelten.
Wie ist die Rechtslage?
Bei der Deckungsablehnung stützt sich die Versicherung auf nachstehende in den AUVB enthaltene Ausschlussbestimmung:
Eine Versicherungsleistung wird von uns nur für die unmittelbar durch den eingetretenen Unfall hervorgerufenen Folgen (körperliche Schädigung oder Tod) erbracht.
Herzinfarkt oder Schlaganfall gelten nicht als Unfallfolge.
Die Versicherung vertrat im Deckungsprozess den Rechtsstandpunkt, dass die Schlaganfälle ausgehend von dem Ausschlusstatbestand keine Unfallfolge darstellen und es sich dabei auch nicht um eine „unmittelbar durch den eingetretenen Unfall“ hervorgerufene Unfallfolge handelt. Dies wurde vom erstinstanzlichen Gericht, gestützt auf den Ausschlusstatbestand, bestätigt.
Der Versicherungsnehmer hat – wie bereits im erstinstanzlichen Verfahren – in der Berufung wiederholt ausgeführt, dass der Ausschlusstatbestand nicht hinreichend bestimmt ist und lediglich so verstanden werden kann, dass der Deckungsausschluss nur für jene Fälle gilt, in denen sich ein Schlaganfall als Unfallfolge anlagebedingt oder ohne Zusammenhang mit einem Unfall ereignet.
Das Berufungsgericht hat der Berufung des Versicherungsnehmers schließlich Folge gegeben und bestätigt, dass der Deckungsausschluss nicht zum Tragen kommt, da die erlittenen Schlaganfälle als Folge der Verletzung der linken Halsschlagader direkte Trauma-Folge und nicht anlagebedingt aufgetreten sind (OLG Graz zu GZ: 3 R 122/19 i). In diesem Zusammenhang zitiert das Berufungsgericht völlig zutreffend die Entscheidung des OGH „7 Ob 73/02 i“ und auch die Rechtsmeinung von Fenyves in Festschrift Krejci II (Seiten 1153 ff [zur „Herzinfarkt-Klausel“ der Privaten Unfallversicherung]). Demnach kann sich der Deckungsausschluss nach dem Verständnis des Versicherungsnehmers nur auf jene Fälle beschränken, in denen ein Herzinfarkt als Unfallfolge anlagebedingt ist.
Schlussfolgerung
Dazu Rechtsanwalt Dr. Roland Weinrauch: „Unklar aufzufassende allgemeine Versicherungsbedingungen müssen so ausgelegt werden, wie dies der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer verstehen musste, wobei Unklarheiten zu Lasten des Versicherers gehen. Die Auslegung hat auch stets unter Berücksichtigung des erkennbaren Zwecks der Bestimmung zu erfolgen (siehe dazu 7 Ob 208/13 h; 7 Ob 199/98 k; RS0008759; RS0080911). Sofern ein Herzinfarkt oder Schlaganfall sohin eine Folge eines Unfallereignisses darstellen, sind sie nach dem Verständnis des Versicherungsnehmers und wohl auch unter Berücksichtigung des Zwecks einer Unfallversicherung, als versichertes Unfallereignis zu verstehen.“
Von Dr. Roland Weinrauch (Foto), Gründer der Kanzlei Weinrauch Rechtsanwälte: https://weinrauch-rechtsanwaelte.at/
Titelbild: © RioPatuca
zurück zur Übersicht
Beitrag speichern
sharing is caring
Das könnte Sie auch interessieren