In einem Urteil vom 17.04.2024 wies der Oberste Gerichtshof (OGH) die Ansprüche eines Versicherungsnehmers ab, der nach zwei Stürzen 2020 eine Verschlimmerung seiner Bandscheibenvorfälle geltend machte. Der Fall stellte die Auslegung der Versicherungsbedingungen zu Bandscheibenhernien und vorbestehenden Zuständen in den Vordergrund.
Artikel von:
Dr. Roland Weinrauch
Gründer der Kanzlei Weinrauch Rechtsanwälte|https://weinrauch-rechtsanwaelte.at/
Was war passiert? Zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer besteht ein Unfallversicherungsvertrag. Die zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen lauten auszugsweise wie folgt:
„[...]
Sachliche Begrenzung des Versicherungsschutzes – Artikel 21
[...]
3. Haben Krankheiten oder Gebrechen, bei der durch ein Unfallereignis hervorgerufenen Gesundheitsschädigung – insbesondere solche Verletzungen, die durch krankhaft abnützungsbedingte Einflüsse verursacht oder mitverursacht worden sind – oder deren Folgen mitgewirkt, ist im Fall einer Invalidität der Prozentsatz des Invaliditätsgrades, ansonsten die Leistung entsprechend dem Anteil der Krankheit oder des Gebrechens, zu vermindern, wenn dieser Anteil mindestens 25 % beträgt. Dies gilt insbesondere auch, wenn die Gesundheitsschädigung durch einen abnützungsbedingten Einfluss mit Krankheitswert, wie beispielsweise Arthrose, mitverursacht worden ist.[...]
4. Bei Bandscheibenhernien wird eine Leistung nur erbracht, wenn sie durch direkte mechanische Einwirkung auf die Wirbelsäule entstanden sind und es sich nicht um eine Verschlimmerung von vor dem Unfall bestandenen Krankheitserscheinungen handelt.
[...]“
Der Versicherungsnehmer kam im Jahr 2020 zwei Mal zu Sturz und zog sich dabei Verletzungen zu. Seitdem leidet er an Beeinträchtigungen infolge eines durch die Stürze verursachten Bandscheibenvorfalls. Nach dem eingeholten Sachverständigengutachten bestanden beim Versicherungsnehmer bereits vor dem ersten Unfall ausgeprägte abnützungsbedingte Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule mit Bandscheibenveränderungen in sämtlichen Segmenten (nämlich in Form von Vorfällen bzw. Vorwölbungen) und eine abnutzungsbedingte Einengung des Rückenmarkkanals, die aufgrund der bei den beiden Unfällen erlittenen Prellungen verschlimmert wurden.
Wegen der bestehenden Beeinträchtigungen begehrte der Versicherungsnehmer vom Versicherer diverse Versicherungsleistungen (Invaliditätsentschädigung, Rehabilitationspauschale, Schmerzensgeld). Nachdem der Versicherer sämtliche Leistungen abgelehnt und der Versicherungsnehmer eine Klage gegen den Versicherer eingebracht hat, landete der vorliegende Fall vor dem Obersten Gerichtshof (OGH).
Wie ist die Rechtslage?
In seiner Entscheidung vom 17.04.2024, Geschäftszeichen 7 Ob 69/24h, führte der OGH zunächst aus, dass der Versicherer unter dem Titel „Sachliche Begrenzung des Versicherungsschutzes“ klarstellt, dass „eine Versicherungsleistung nur für die durch den eingetretenen Unfall hervorgerufenen Folgen (körperliche Schädigung und Tod) erbracht wird“. Gleichzeitig begrenze der Versicherer den Versicherungsschutz in Art 21.4 ausdrücklich für „Bandscheibenhernien“. Danach werde für Bandscheibenhernien eine Leistung nur erbracht, wenn sie durch direkte mechanische Einwirkung auf die Wirbelsäule entstanden sind und es sich nicht um eine Verschlimmerung von vor dem Unfall bestehenden Krankheitserscheinungen handelt.
Die demzufolge ausdrücklich auf Bandscheibenhernien Bezug nehmende Bestimmung des Art 21.4 gehe als speziellere Regelung jener nach Art 21.3 vor. Schon aus dem insoweit völlig klaren Wortlaut ergebe sich, dass der Versicherer leistungsfrei ist, wenn die in Art 21.4 genannten Voraussetzungen nicht kumulativ vorliegen.
Der OGH kam daher im vorliegenden Fall zum Ergebnis, dass eine Krankheitserscheinung vorlag, die bereits vor dem Unfall bestand und durch die beiden Stürze lediglich verschlechtert wurde, weshalb nach Art 21.4 die Versicherungsdeckung ausgeschlossen sei. Dies gelte für sämtliche vom Versicherungsnehmer geltend gemachten Versicherungsleistungen.
Schlussfolgerungen
"Bei den vorliegenden Versicherungsbedingungen erfolgt ein vollständiger Entfall des Leistungsanspruchs des Versicherungsnehmers und keine Leistungskürzung entsprechend dem Anteil der Mitwirkung der Vorschädigung, sofern es sich im Falle von Bandscheibenhernien lediglich um eine Verschlimmerung von Krankheitserscheinungen handelt, die bereits vor dem Unfall bestanden."
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