Alle sprechen über „Blockchain“, doch nur wenige wissen wirklich, was dahinter steckt. Wie Blockchain Prozesse beschleunigt und neue Produkte schaffen kann, beantwortet Oliver Volk, Allianz Re Blockchain-Experte und Vertreter der globalen Blockchain-Initiative B3i.
Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 18.09.2017
Eine Blockchain („Block-Kette“) ist eine dezentrale Datenbank, über die Transaktionen ohne eine zentrale Kontrollinstanz durchgeführt werden. Im Gegensatz zu gängigen Softwareprogrammen greifen bei Blockchain alle Parteien auf einen einheitlichen Datensatz zu. Die bekannteste öffentliche Blockchain ist Bitcoin, mit der man Geld ohne Zwischenhändler überweisen kann. Eine private Blockchain ist vergleichbar mit einem Intranet, das von einer Firma oder Organisation betrieben wird und bei dem der Zugang der Teilnehmer beschränkt werden kann.
Gesamte Wertschöpfungskette betroffen
Die Blockchain-Technologie sei im Vergleich zu gängigen Softwareprogrammen „revolutionär“, so Volk. Sie könne die Digitalisierung der Versicherungswirtschaft weiter vorantreiben – und zwar in der gesamten Wertschöpfungskette. Ein Beispiel: „Ein Erstversicherer kann seinen Kundenstamm zum Beispiel zusätzlich gegen Naturkatastrophen bei einem Rückversicherer absichern, der das Risiko teilweise an einen weiteren Rückversicherer, den sogenannten Retrozessionär weiterleitet.“ Hier biete die Blockchain-Technologie großes Optimierungspotenzial: „Das gesamte Vertragsmanagement kann automatisiert, transparent und fälschungssicher ablaufen.“
Automatisierte Versicherungsprodukte
Blockchain ermöglicht auch neue Produkte. „Beispielsweise kann ein Versicherungsvertrag vollautomatisiert ausgeführt werden.“ Beispielhaft weist Volk auf ein Pilotprojekt für eine Flugverspätungsversicherung hin: „Erreicht ein Flug verspätet sein Ziel oder muss abgesagt werden, dann wird dies von dem Flughafen dokumentiert und diese Information automatisiert an den sogenannten Smart Contract des Kunden gemeldet.“ Dem Kunden werde unmittelbar den finanziellen Ausgleich überwiesen, der im Versicherungsvertrag vereinbart wurde.
Zeitersparnis im Vertrieb
Im Vertrieb werde Blockchain in erster Linie genutzt, um Ineffizienzen in bestehenden Prozessen zu beseitigen. So müssten etwa Daten nicht mehr redundant in unterschiedliche Systeme eingegeben werden, sondern ein einheitlicher Datensatz wäre dezentral auf dem System verteilt und könnte von allen Berechtigten editiert werden. „Sämtliche Änderungen werden mit einem Zeitstempel und dem Hinweis auf den Verfasser gespeichert und abgelegt“, erklärt Volk. „Die Historie ist immer nachvollziehbar. Alle Nutzer greifen auf die für alle identischen Datensätze zu.“ Dies würde dem Vermittler viel Zeit für administrative Aufgaben ersparen.
Rolle der Versicherer wandelt sich
Auf absehbare Zeit geht Volk davon aus, dass Blockchain die Rolle der Versicherer und Rückversicherer verändert. Allerdings sei die Technologie noch eine sehr junge, die erst weiter erforscht werden müsse. Erste Pilotprojekte gebe es bereits – doch bis die praktischen Anwendungen für Endkunden spürbar werden, werde es noch dauern. „Dass die Assekuranzunternehmen in absehbarer Zukunft gänzlich obsolet werden, ist aber aus meiner Sicht nicht realistisch.“
Quelle: AssCompact Deutschland; bearbeitet durch Redaktion Österreich
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