Rund 270 Wiener Unternehmensberater haben an einer Umfrage der WKO über die wirtschaftliche Auswirkung der Coronakrise teilgenommen. Demnach haben bereits 16% der Unternehmensberater während der Pandemie Unternehmen hinsichtlich einer dauerhaften Betriebsschließung beraten.
Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 19.04.2021
Unternehmensberater wissen aufgrund der laufenden betriebswirtschaftlichen und strategischen Betreuung über die aktuelle Lage in den Unternehmen sehr genau Bescheid. Die Berufsgruppensprecherin Unternehmensberatung in der Fachgruppe UBIT der WKO-Wien, Mag. Claudia Strohmaier, hat daher ihre Branchenkollegen im Rahmen einer Umfrage um deren Einschätzung über die Situation bei ihren Kunden gebeten. Die Ergebnisse: 55% der Berater haben von Unternehmen signalisiert bekommen, dass diese (weitere) Mitarbeiter kündigen wollen. 53% gaben an, dass ihre Klienten aus finanziellen Gründen nur temporär Hilfe in Anspruch nehmen, wenn ihre Existenz bereits auf dem Spiel steht. 32% der Berater wurden in Überlegungen über Betriebsschließungen eingebunden, 16% haben ihre Kunden bereits konkret dazu beraten. Rechtzeitige Sanierungsmaßnahmen könnten laut Strohmaier ein Teil dieser drohenden Schließungen verhindern.
„Aus Erfahrung wissen wir, dass etliche Unternehmen leider viel zu lang zuwarten, bevor sie Unterstützung in Anspruch nehmen. Ein Phänomen, das durch die Pandemie noch spürbar verstärkt wurde“, analysiert Mag. Claudia Strohmaier, selbständige Unternehmensberaterin und Berufsgruppensprecherin Unternehmensberatung. Der Trend bei den Beratungen geht bereits verstärkt in Richtung Aufgeben, statt in Richtung Sanieren, wie aus der im März 2021 per E-Mail durchgeführten Umfrage unter den Wiener Unternehmensberatern abzulesen ist. Im Zuge der Pandemie wurden bereits 32% der Unternehmensberater in Überlegungen über Betriebsschließungen eingebunden, 16% haben ihre Kunden sogar ganz konkret zu diesem Thema beraten.
Hilfe zur Selbsthilfe als Gewinn für die Gesamtwirtschaft
Auch für die ohnehin angespannte Situation am Arbeitsmarkt bedeuten die Ergebnisse nichts Gutes: Demnach haben 55% der Unternehmensberater von Unternehmen signalisiert bekommen, dass diese (weitere) Mitarbeiter kündigen wollen. Zugleich gaben 53% der Experten an, dass ihre Klienten aus finanziellen Gründen nur temporär Hilfe in Anspruch nehmen, wenn schon ihre Existenz auf dem Spiel steht. „Die Ergebnisse der Umfrage zeigen für mich klar, dass Hilfe zur Selbsthilfe für die Unternehmen in Form von geförderter Unternehmensberatung durch die öffentliche Hand unter dem Strich ein Gewinn für die Gesamtwirtschaft wäre. Daher sollte dies verstärkt in die Überlegungen einbezogen werden“, erklärt Mag. Martin Puaschitz, Obmann der Wiener Fachgruppe für Unternehmensberatung, Buchhaltung und Informationstechnologie (UBIT).
Konkrete Verbesserungsvorschläge an Politik
Im Rahmen der Befragung konnten die Unternehmensberater auch individuelle, und daher nicht repräsentative Verbesserungsvorschläge an die politischen Entscheidungsträger zum Umgang mit den Herausforderungen der Pandemie skizzieren. „Die aus unzähligen praktischen Erfahrungen abgeleiteten Antworten sind klarer Ausdruck der geballten Fachkompetenz der Wiener Unternehmensberaterinnen und Unternehmensberater“, erklärt Strohmaier. Bekrittelt wurde von den Teilnehmern beispielsweise, dass manche Unternehmen zwar starke Umsatzeinbußen verzeichnen, aber keine angemessenen Kompensationen bekämen, weil ihre Branchen nicht von behördlichen Schließungen betroffen sind. Dadurch seien diese zuweilen finanziell schlechter gestellt als geschlossene Betriebe. Dazu passend plädierte ein anderer Umfrageteilnehmer dafür, dass politische Entscheidungsträger die eigene Berufsgruppe verstärkt als Berater in ihre Entscheidungen einbinden sollten. Das wäre gut für die Volkswirtschaft, denn Unternehmensberater hätten durch den permanenten und engen Kontakt mit kleinen und mittelgroßen Unternehmen extrem viel praktisches Fachwissen, das bereits auf dieser Ebene präventiv viel bewirken könnte.
Foto oben: Mag. Claudia Strohmaier und Mag. Martin Puaschitz
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