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Zahlt eine Lenkerschutzversicherung bei jeder Art von Unfall?

Zahlt eine Lenkerschutzversicherung bei jeder Art von Unfall?

07. September 2021

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4 Min. Lesezeit

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News-Im Blickpunkt

Lenkerschutzversicherungen sind eine kostengünstige und soziale Möglichkeit, Arbeitnehmer*innen vor den finanziellen Folgen eines Verkehrsunfalls zu schützen. Ob dies für alle Unfälle gilt, entschied der OGH in 7 Ob 67/21k vom 28.04.2021.

Mag. Peter Kalab

Redakteur/in: Mag. Peter Kalab - Veröffentlicht am 07.09.2021

Von Dr. Wolfgang Reisinger (Foto)

Sachverhalt

Am 10.06.2018 ereignete sich ein Verkehrsunfall, an dem ein Arbeitnehmer der Versicherungsnehmerin (VN) als berechtigter Lenker eines Firmen-Kfz und S. als Lenker und Halter des gegnerischen Kfz beteiligt waren. S. missachtete den Vorrang des von ihm übersehenen PKW der VN. Es kam im Kreuzungsbereich zur Kollision, wobei das Fahrzeug der VN schwer beschädigt und der berechtigte Lenker verletzt wurde. In den AVB besteht Versicherungsschutz beim vom berechtigten Lenker verschuldeten/teilverschuldeten Unfall oder nach einer aus der Betriebsgefahr des versicherten Kfz entstandenen Körperverletzung oder bei Tod. Der Versicherer lehnte die Deckung ab, weil der berechtigte Lenker unverschuldet und durch ausschließliches Verschulden des Unfallgegners zu Schaden gekommen sei und sich zudem eine Betriebsgefahr des versicherten Kfz nicht realisiert habe. Das Klagebegehren der VN blieb in allen Instanzen ohne Erfolg.

Entscheidungsgründe

Wer eine Lenkerschutzversicherung abschließt, wird schon angesichts der außerordentlich günstigen Prämien keine alle Fälle einschließenden Versicherungsschutz erwarten können und dürfen. Ein verständiger VN wird daher nur erwarten, dass im Falle eines Personenschadens etwaige Anspruchslücken geschlossen werden. Die Lenkerschutzversicherung soll die Deckungslücke schließen, die für den Fahrer eines Kfz für seine unfallbedingten Verletzungen entsteht, wenn er selbst an der Verursachung des Unfalls schuldhaft mitgewirkt hat oder vom Unfallgegner – aus welchem Grund auch immer – sonst kein (vollständiger) Ersatz verlangt werden kann. Im vorliegenden Fall, in dem den Unfallgegner des berechtigten Lenkers – unstrittig – das Alleinverschulden am Unfall trifft, kann somit von diesem bzw. seiner Kfz-Haftpflichtversicherung Ersatz verlangt werden. Damit besteht keine Leistungspflicht des Versicherers nach der Lenkerschutzversicherung.

Kommentar

Wie der OGH bereits in 7 Ob 37/16s festgestellt hat, geht es in der Lenkerschutzversicherung darum, den infolge eines Unfalles verletzten Fahrer so zu stellen, als habe ihn ein Dritter geschädigt. Dabei handelt es sich – entgegen den Worten des OGH – nicht um das Schließen einer Deckungslücke, sondern um das Schließen einer Haftungslücke. Der Versicherer leistet nämlich für den unfallbedingten Personenschaden des Fahrers so, als ob er als Kfz-Haftpflichtversicherer für diesen Schaden eintrittspflichtig wäre. Diese Art von Versicherung wird daher oft auch als „Personen-Kasko“ bezeichnet. Zusätzlich gibt es Deckung für Schäden infolge eines Unfalls auf Grund der Betriebsgefahr des Kfz (zB nach einem Reifenplatzer), weil der Lenker nicht in den Schutzbereich des EKHG fällt und ohne Versicherung entschädigungslos bliebe. Beim – wie hier – ausschließlichen Verschulden eines Dritten ist für den versicherten Lenker nichts zu gewinnen. Darüber hinaus besteht in den AVB noch ein Ausschluss bei Vorliegen kongruenter gesetzlicher oder vertraglicher Ansprüche des Versicherten gegen Dritte, wenn und soweit diese von ihm durchsetzbar sind. Dabei handelt es sich um eine Art Subsidiaritätsklausel, die im konkreten Fall zwar nicht zur Anwendung kommt, aber zB bei Unfällen im Ausland durchaus sinnvoll ist.

Den Beitrag lesen Sie auch in der AssCompact September-Ausgabe!

Titelbild:© Andrey Popov – stock.adobe.com

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