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Zur Streitwertobergrenze in der Rechtsschutzversicherung

Zur Streitwertobergrenze in der Rechtsschutzversicherung

28. April 2022

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4 Min. Lesezeit

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News-Im Blickpunkt

Für die Beurteilung des Risikoausschlusses der Streitwertobergrenze ist die Höhe der tatsächlichen oder der behaupteten Forderungen und Gegenforderungen der Vertragsparteien (Gesamtansprüche) aufgrund desselben Versicherungsfalls unabhängig von Umfang, Form und Zeitpunkt der Geltendmachung ausschlaggebend.

Mag. Peter Kalab

Redakteur/in: Mag. Peter Kalab - Veröffentlicht am 28.04.2022

Von Mag. Lisa Katharina Promok (Foto), Senior Scientist im Fachbereich Arbeits- und Wirtschaftsrecht für das Forschungsinstitut für Privatversicherungsrecht an der Universität Salzburg

Die Klägerin (idF ein Trockenbauunternehmen) ist in der Rechtsschutzversicherung der Beklagten mitversichert (ARB 2015). Nach Art 22.B.2.3.2 ARB besteht Versicherungsschutz für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen nur sofern und solange die tatsächlichen oder behaupteten Forderungen und Gegenforderungen der Parteien aufgrund desselben Versicherungsfalls die vertraglich vereinbarte Obergrenze (im gegenständlichen Fall 25.000 Euro) unabhängig von Umfang, Form und Zeitpunkt der Geltendmachung nicht übersteigen. Die Klägerin bediente sich zur Erbringung eines Werkes der Subunternehmerin. In der Abrechnung ergaben sich Differenzen. Die Klägerin wurde von ihrer Subunternehmerin sodann auf Zahlung des ausstehenden Werklohns iHv 13.958,07 Euro geklagt. Der Einwand seitens Klägerin stütze sich auf die Werklohnforderung: aufgrund unrichtiger Abrechnung durch die Subunternehmerin, denn es wurde bereits eine „Übererfüllung“ iHv 39.418,61 Euro geleistet und in diesem Umfang besteht laut Klägerin ein Rückforderungsanspruch.

Das Berufungsgericht gab der Klage der Klägerin statt. Die bloße Behauptung der gänzlichen Begleichung der eingeklagten Forderung sei weder eine behauptete noch eine tatsächliche Forderung bzw eine Gegenforderung der Klägerin aufgrund desselben Versicherungsfalls.

Der OGH entschied in dieser Sache anders (OGH Judikatur 7 Ob 134/21p)

Allgemeine Versicherungsbedingungen werden nach den Grundsätzen der Vertragsauslegung (§§ 914, 915 ABGB) ausgelegt. Aufgrund der ständigen Rechtsprechung des 7. Senats des OGH hat die Auslegung aller Versicherungsbedingungen nach dem Maßstab eines durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers zu erfolgen. Die Auslegung undeutlicher Formulierungen ist gemäß § 915 2. HS: stets zum Nachteil desjenigen, der sich der Formulierung bedient hat (in der Regel ist das der Versicherer). Die Auslegung richtet sich danach, wie sie sich einem durchschnittlichen Angehörigen aus dem angesprochenen Verkehrskreis erschließt.

Auch der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer erkennt aus dem Bedingungswortlaut, dass der Gesamtanspruch aus den wechselseitigen Forderungen der Konfliktparteien aus demselben Versicherungsfall gebildet wird, unabhängig von einer bereits erfolgten konkreten Geltendmachung. Die behauptete Überzahlung stellt zwar in dem zu deckenden Verfahren lediglich einen Einwand dar, die Behauptungen der Klägerin begründen aber gleichzeitig einen klagbaren bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch nach § 1431 ABGB, der auf demselben Versicherungsfall (unrichtige Abrechnung der Subunternehmerin) beruht und daher bei der Ermittlung der Streitwertobergrenze zu berücksichtigen ist.

Auf den Punkt gebracht:

Was die besondere Bedeutung von Risikoausschlüssen anbelangt: Diese sind Ausnahmetatbestände und dürfen daher nicht weiter ausgelegt werden als es ihr Sinn unter Betrachtung ihres wirtschaftlichen Zweckes und der gewählten Ausdrucksweise sowie des Regelungszusammenhanges erfordert.

Über Mag. Lisa Katharina Promok

Mag. Lisa Katharina Promok ist Senior Scientist im Fachbereich Arbeits- und Wirtschaftsrecht sowie für das Forschungsinstitut für Privatversicherungsrecht an der Universität Salzburg zuständig und betreibt ihr Dissertationsprojekt zum Thema der Cyberversicherung. Lisa Promok ist zudem Referentin in sämtlichen (versicherungs)rechtlichen Agenden und Unternehmensberaterin.

www.privatversicherungsrecht.at
www.diepromok.com

Den Beitrag lesen Sie auch in der AssCompact Mai-Ausgabe!

Titelbild: ©thodonal – stock.adobe.com

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