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Creditreform: Firmen- und Privatinsolvenzen steigen weiter

(Bild: ©TOPIC - stock.adobe.com)

Creditreform: Firmen- und Privatinsolvenzen steigen weiter

08. November 2023

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6 Min. Lesezeit

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Studien

Der Gläubigerschutzverband Creditreform hat die endgültigen Zahlen bei den Firmen- und Privatinsolvenzen für das 1. bis 3. Quartal 2023 in Österreich analysiert. Die Gesamtzahl der Unternehmensinsolvenzen steigt um rund 10% auf über 4.000 Verfahren an. Die Gesamtzahl der Privatinsolvenzen steigt um rund 8% auf knapp 7.300 Verfahren an. Die Insolvenzquote im Kredit- und Versicherungswesen hingegen ist zurückgegangen.

Kerstin Quirchtmayr

Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 08.11.2023

Firmen Insolvenzstatisitik 1. bis 3. Quartal 202 : Insolvenzverfahren pro Werktag

Gerhard M. Weinhofer, Geschäftsführer des Gläubigerschutzverbandes Österreichischer Verband Creditreform:

"Die Verteuerung von Materialien und Energie, hohe Lohnabschlüsse bei gleichzeitig sinkenden Margen, Ende der Billigfinanzierungen und ein generell verunsichertes Marktumfeld führen zu steigenden Insolvenzen. Grund, Alarm zu schlagen, gibt es aber nicht. Denn selbst die Rückkehr auf das Vor-Corona-Niveau bedeutet eine so geringe Anzahl an Insolvenzen wie vor 21 Jahren."

Die Hauptursachen für Firmeninsolvenzen liegen in der sich verschlechternden allgemeinen Wirtschaftslage, in Managementfehlern und im Kapitalmangel. Inflation trifft auf rückläufige Nachfrage und auf sinkende Margen. Eine steigende Anzahl lässt sich aber auch auf restriktivere gesetzliche Vorschriften (i.e. Bürokratie) zurückführen.

Bundesländervergleich

Den stärksten Zuwachs verzeichnen Kärnten (+34,3%), die Steiermark (+24,2%) und das Burgenland (+18,6%). Hingegen gehen die Insolvenzen in Tirol (-2,4%) als einzigem Bundesland zurück. Die höchste Insolvenzbetroffenheit herrscht in der Bundeshauptstadt mit 17 Insolvenzen pro 1.000 Unternehmen, die – traditionell - geringste in Vorarlberg mit 5 von 1.000 Unternehmen. Österreichweit müssen rund 11 von 1.000 Unternehmen einen Insolvenzantrag stellen.

Branchenvergleich: Etwas weniger Insolvenzen im Versicherungswesen

Absolut betrachtet werden die meisten Insolvenzen im Handel (746), in den Unternehmens-bezogenen Dienstleistungen (643) und im Bauwesen (634) gemeldet.

Am stärksten steigen die Insolvenzen im Beherbergungs- und Gaststättenwesen, i.e. Tourismus (+22,2%) und im Handel (+14,2%). Die konjunkturtreibenden Branchen Sachgütererzeugung/Industrie (+7,5%) und Bau (+6,0%) verzeichnen Zuwachsraten unter dem Österreichweiten Durchschnitt.

Die größte relative Insolvenzbetroffenheit herrscht im Transportwesen mit mehr als 28 von 1.000 Branchenunternehmen.

Insgesamt wurden im Kredit- und Versicherungswesen 85 Insolvenzen gemeldet. Das ist eine Insolvenz weniger als im Vorjahresvergleich. Somit sind die Insolvenzen im Bereich Kredit- und Versicherungswesen um 1,2% zurückgegangen.

Ausblick 2023/2024

Österreich befindet sich in einer Rezession. Die Teuerung und ihre Folgen sind erst in den vergangenen Monaten auch bei den Unternehmen spürbar angekommen. Gestiegene Energiekosten, hohe Kosten für Vorprodukte und Materialien, ein stotternder Wirtschaftsmotor in Deutschland und steigende Zinsen sowie eine schwache Nachfrage – diese toxische Mischung führt zu zahlreichen Insolvenzen quer über alle Branchen. Dazu kommen weitere Belastungen in Form von CO²-Abgaben, Restriktionen bei der Kreditvergabe, schwieriger/teurer werdende Refinanzierungen und Konsumenten, die zunehmend sparen (müssen).

Für das Gesamtjahr 2023 rechnet Weinhofer daher weiterhin mit rund 5.500 Firmeninsolvenzen, ein Wert so niedrig wie zuletzt 2019 bzw. 2002. Daher gibt es (noch) keinen Grund Alarm zu schlagen – wenn auch der Trend sich im kommenden Jahr fortsetzen wird. 2024 wird dann die Marke von 6.000 Insolvenzen erreicht werden.

Privat Insolvenzstatisitk 1. bis 3. Quartal 2023: Insolvenzverfahren pro Werktag

Die Gesamtzahl der Privatinsolvenzen im 1. Bis 3. Quartal 2023 steigt um rund 8% auf knapp 7.300 Verfahren an. Das Vor-Pandemie-Niveau ist damit weiterhin nicht erreicht. Die Zahl der eröffneten Schuldenregulierungsverfahren erhöht sich um 7,4% auf 6.660, die mangels Vermögen abgewiesenen Insolvenzen um massive 16,8% auf 645 Verfahren. Damit bleibt in jedem 10. Fall der Schuldner unter dem Damoklesschwert Exekution und Pfändung bis aufs Existenzminimum, während die (unbesicherten) Gläubiger ein Totalausfall ihrer Forderungen erleiden.

Gerhard M. Weinhofer:

"Die Entwicklung der Privatinsolvenzen zeigt eine Rückkehr zur insolvenzthematischen ‚Normalität‘. Ungeachtet der Inflation und der heraufziehenden Rezession bleibt die Zahl der Privatinsolvenzen Dank des stabilen Arbeitsmarktes und diverser Anti-Teuerungsmaßnahmen nach wie vor hinter dem Vor-Pandemie-Niveau von 2019. Auch die Zinswende mit steigenden Kreditzinsen hat nicht merkbar zu mehr Insolvenzanträgen geführt.“"

Basis für die prekäre Situation vieler überschuldeter/zahlungsunfähiger Personen sei grundsätzlich, dass die meisten über eine längere Zeit über ihren Verhältnissen gelebt und mehr ausgegeben als verdient haben. Dazu komme dann als auslösende Insolvenzursache eine toxische Mischung vieler Tatbestände: Jobverlust, gescheiterte Selbständigkeit, Scheidung, Krankheit.

Bundesländervergleich: 10 von 10.000 Erwachsene sind insolvent

Im Bundesländervergleich gibt es den stärksten Zuwachs in Vorarlberg (+37,9%), gefolgt vom Burgenland (+23,6%) und Kärnten (+18,2%). In der Steiermark (-3,4%) und in Niederösterreich (-1,3%) hingegen sinken die Insolvenzen.

Absolut betrachtet verzeichnet Wien die höchste Zahl an Insolvenzen (2.388 Fälle), aber auch bei der relativen Insolvenzbetroffenheit ist die Bundeshauptstadt führend: 15 von 10.000 erwachsene Wiener gehen vor das Insolvenzgericht. Österreichweit sind 10 von 10.000 Erwachsene zahlungsunfähig.

Ausblick 2023

Wie prognostiziert, wird in diesem Jahr das Vor-Pandemie-Niveau bei den Privatinsolvenzen knapp nicht erreicht werden. Der dank Fachkräftemangel robuste Arbeitsmarkt, hohe Lohnabschlüsse und diverse staatliche Unterstützungen (z.B. Abschaffung der kalten Progression) sorgen dafür, dass trotz der Teuerung die Zahl der überschuldeten und zahlungsunfähigen Österreicherinnen und Österreicher recht moderat wächst.

Trotz einsetzender Rezession ist auch für das kommende Jahr 2024 nicht mit einer Insolvenzwelle bei den Privaten zu rechnen, wenn gleich das Ausmaß von 2019 in Höhe von rund 10.000 Insolvenzen erreicht werden wird

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