Wenn Makler ihren Bestand verkaufen, kann es immer wieder böse Überraschungen geben: Im einfachsten Fall geht es nur um etwas Geld, in schlimmeren Fällen werden gute Freundschaften zerstört, mitunter drohen auch saftige Geldstrafen. Andreas Grimm, Geschäftsführer des Resultate-Instituts in München und Experte für Nachfolgeplanung, kennt die größten Risiken des Bestandsverkaufs.
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 21.07.2017
von Andreas Grimm
Um es gleich vorweg zu sagen: Die komplett unkomplizierte und absolut harmonische Bestandsübertragung ohne Risiken gibt es wirklich sehr, sehr selten. Irgendwas ist immer, und wenn es „nur“ die Panikreflexe sind, die einen Verkäufer plötzlich und unerwartet befallen, wenn der Verkauf des Unternehmens wirklich näherkommt.
Die Liste der Risiken, denen sich der Verkäufer eines Maklerunternehmens aussetzt, ist lang. Die meisten Konsequenzen dieser Risiken sind kaum der Rede wert, der Schaden ist oft gering. Mal wird es ärgerlich oder kostet ein wenig Geld. Aber es gibt eben auch Risiken, da wird es existenziell, richtig teuer und in Einzelfällen hat es dann sogar strafrechtliche Konsequenzen.
Eher harmlos und emotional: Reputationsrisiken
Eher harmlos wirken Reputationsrisiken, deren Auswirkungen eher emotionaler Natur sind. Wenn der Nachfolger beispielsweise doch eine deutlich renditeorientiertere Vertriebspraxis umsetzt, als er es dem Verkäufer versprochen hat, oder wenn er sich eben doch nicht so um seine Kunden kümmern kann, weil er nicht vor Ort, sondern per Callcenter Kunden betreut. So führt dann mancher Besuch beim Bäcker zu eher unangenehmen Begegnungen mit ehemaligen Kunden, die verärgert sind oder sich gar um ihr Erspartes betrogen fühlen und dafür auch den Vorbesitzer verantwortlich machen. Der hat schließlich den „Neuen“ ausgewählt.
Deutlich schmerzhafter: Wenn es ums Geld geht
Wenn es wirklich ums Geld geht, sind die Auswirkungen meist deutlich schmerzhafter. Die ersten Risiken finden sich bereits in der Verhandlungsphase zwischen dem Verkäufer und dem potenziellen Nachfolger. Oftmals überschätzt der potenzielle Käufer seine eigene Kreditwürdigkeit erheblich. Und so stellt sich manchmal erst nach Vertragsschluss heraus, dass die vermeintlich einfach zu beschaffende Finanzierung gar nicht beizubringen ist. Dazu kommt die Heerschar an Kandidaten, die gar keine ernsthaften Kaufabsichten haben, sondern nur einfach mal gucken wollen, wie andere Makler ihr Unternehmen aufgestellt haben und warum die so viel mehr verdienen als man selbst.
Regelmäßig scheitern Verkäufe daran, dass der Kaufinteressent bis zum Notartermin die erforderlichen Finanzmittel nicht nachweisen kann oder später kein Geld überweist. Der Verkäufer hat in einem solchen Fall nicht nur wertvolle Zeit verloren, auch der Wert des Maklerunternehmens leidet unter einer solchen Situation – und nicht selten fängt der Verkäufer dann mit der Nachfolgersuche wieder komplett von vorne an.
Bei ausbleibenden Zahlungen droht der finanzielle Ruin
Ist das Unternehmen allerdings bereits an den Nachfolger übergegangen und es bleiben dann wesentliche Zahlungen oder Raten aus, droht manchem Verkäufer der Ruin. Das Unternehmen ist weg, aber auf das Geld wartet der Makler vergeblich. Mal sind es einfach die mangelnde unternehmerische Fähigkeit des Käufers oder sich ändernde wirtschaftliche Rahmenbedingungen, die zur Zahlungsunfähigkeit oder gar zum Untergang des Unternehmens führen. Deshalb gehört schon viel Mut dazu, darauf zu vertrauen, dass ein Käufer 20 oder 30 Jahre lang eine vereinbarte Rente wirklich wird zahlen können.
Es gibt aber auch die Nachwuchskandidaten, die es darauf anlegen, nicht zahlen zu müssen. Sie verstecken geschickt formulierte Klauseln in den Verträgen und entbinden sich so von ihren Zahlungsverpflichtungen – oder berechtigen sie gar zu überhöhten Regressforderungen. Als geprüfter Sachverständiger für die Bewertung von Maklerbeständen wundere ich mich immer wieder auch, wie viele Makler auf die kostenlose „Wertermittlung“ durch potenzielle Käufer vertrauen und darauf hoffen, dass die so ermittelten Bestandsbewertungen neutral und fair sein könnten. Eine kritische Distanz zum Käufer würde helfen.
Misslungene Kommunikation kann zum Risiko werden
Nicht selten verliert ein Maklerbestand sehr viele Kunden aufgrund einer misslungenen Kommunikation bei der Übergabe oder weil der Käufer sich schlecht bei den Kunden präsentiert. Viele Makler überschätzen zudem die Tragfähigkeit ihrer Beziehung zu Produktgebern und deren Maklerbetreuern. Wenn die datenschutzrechtlichen Voraussetzungen nicht passen, wird ein Versicherer die Bestände nicht auf den neuen Besitzer umbuchen. Egal wie lange man vertrauensvoll zusammengearbeitet hat, die Strafe würde im Zweifel viel zu teuer für ihn werden.
Das größte Risiko bei der Übergabe eines Bestands ist übrigens meist der Inhaber selbst – oder sein geschäftstüchtiger Berater: Viele unterschätzen die möglichen Konsequenzen ihres Handelns. Beantwortet ein Verkäufer beispielsweise Fragen des Käufers ungenau oder unvollständig, weil er „die Braut hübsch machen“ wollte, oder greift er zu „kreativen“ Maßnahmen zur Verbesserung der Datenbasis in der Kundendatenbank, dann ist das kein Kavaliersdelikt.
Fühlt sich der Käufer getäuscht, sorgt das in der Regel nicht nur für bloße Verärgerung. Schadenersatzforderungen bis hin zur Rückabwicklung des ganzen Geschäfts oder gar eine Strafanzeige können die Folge sein. Vom zermürbenden jahrelangen Rechtsstreit und dessen Kosten ganz zu schweigen.
Erfahrenen Beistand hinzuziehen lohnt sich
Wer keine Erfahrung darin hat, sein Unternehmen zu verkaufen, sollte zumindest für die Grobplanung erfahrenen Beistand hinzuziehen. Und wer keine tausendprozentige Menschenkenntnis besitzt, um Schlitzohren oder potenziell erfolglose Käufer auszusortieren, der sollte sich von unabhängigen Spezialisten begleiten lassen.
Quelle: AssCompact Deutschland
zurück zur Übersicht
Beitrag speichern
sharing is caring
Das könnte Sie auch interessieren