Die Betreiberin einer Getreidemühle hatte einen Feuerversicherungsvertrag abgeschlossen. Ein Brand im Ölradiator, ausgelöst durch einen Kurzschluss, wurde auf nicht brennbarem Untergrund begrenzt. Der Versicherer lehnte eine Deckung des entstandenen Schadens ab, da er den Vorfall nicht als „Brand“ im Sinne der Bedingungen ansah. (7Ob113/24d)
Artikel von:
Dr. Roland Weinrauch
Gründer der Kanzlei Weinrauch Rechtsanwälte|https://weinrauch-rechtsanwaelte.at/
Die Versicherungsnehmerin betrieb einen Getreidemühlen-Betrieb. Sie hatte bei dem Versicherer einen aufrechten Feuerversicherungsvertrag.
Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Feuerversicherung (AFB 2002/Stufe 2) lauten auszugsweise wie folgt:
„Artikel 1
Versicherte Gefahren und Schäden
1. Versicherte Gefahren
1.1. Brand: Brand ist ein Feuer, das sich mit schädigender Wirkung und aus Kraft ausbreitet (Schadenfeuer). [...]“
Während eines Betriebsurlaubs wurde im Unternehmen der Versicherungsnehmerin ein Ölradiator aufgestellt, um Frostschäden zu verhindern. Der Ölradiator wurde zu diesem Zweck bereits mehr als zehn Jahre lang verwendet, ohne dass es einmal Probleme gegeben hätte.
Im Unternehmen der Versicherungsnehmerin kam es zu einem nicht bestimmungsgemäßen unkontrollierten Brennen der Bestandteile des Radiators. Die Brandausbruchsstelle befand sich im Ölradiator, wobei der Brand auf einen elektrischen Kurzschluss an den Bauteilen des Ölradiators, zurückzuführen war. Aufgrund der Platzierung des Ölradiators in ausreichender Entfernung von brennbaren Stoffen und auf nicht brennbarem Untergrund blieb der Brand auf den Ölradiator begrenzt. Die abtropfenden Kunststoffteile wären jedoch in der Lage gewesen, in der Nähe gelagerte brennbare Stoffe in Brand zu setzen.
Die Versicherungsnehmerin begehrte von dem Versicherer die Deckung der bei diesem Ereignis eingetretenen Schäden. Der Versicherer bestritt jedoch den Anspruch, da er meinte, dass es sich nicht um einen „Brand“ im Sinne der Versicherungsbedingungen handelte.
Wie ist die Rechtslage?
In seiner Entscheidung vom OGH, 23.09.2024, 7Ob113/24d, führte der OGH zunächst aus, dass ein Brand ein Feuer voraussetzt.
Als Feuer kann weiters jeder Verbrennungsvorgang mit Lichterscheinung verstanden werden, wobei die Lichterscheinung in Flammen, Funken oder in einem Glimmen bestehen kann, solange die Bedingungen, wie hier, keine Flammenbildung vorsehen.
Laut OGH ist ein weiteres Kriterium für das Vorliegen eines „Brandes“, dass sich das Feuer aus eigener Kraft auszubreiten vermag und daher kein so genanntes Bagatellfeuer vorliegt. Selbständige Ausbreitungsfähigkeit des Feuers setzt nach Ansicht des OGH voraus, dass es im konkreten Fall die Fähigkeit zum zündenden Weitergreifen auf andere Stoffe aufweist. Das Feuer muss daher die von ihm für eine wenigstens geringfügige, über seine Ausgangsstelle hinausgehende Ausdehnung im Raum benötigte Energie als Reaktionsenergie selbst ausreichend bereitstellen.
Für eine Ausbreitung des Feuers ist damit lediglich erforderlich, dass es sich von dem Ort seiner ersten Entstehung selbständig entfernt, wobei eine geringfügige räumliche Ausdehnung ausreicht. Eine großflächige oder gar potentiell unbeschränkte weitere Ausbreitung ist nicht notwendig. Das ist nach dem erkennbaren Zweck der Regelung auch nicht geboten, weil es sich bei jeder drohenden Ausbreitung über den ersten Entstehungs- oder Ausbreitungsort hinaus potentiell nicht mehr nur um ein Bagatellfeuer handelt.
Der OGH kam daher zu dem Schluss, dass das Vorliegen eines Brandes nicht davon abhängig ist, ob sich das Feuer tatsächlich ausgebreitet hat oder die Ausbreitung – etwa durch rechtzeitige Löscharbeiten oder wie hier die Platzierung der Brandquelle entfernt von brennbarem Material – noch verhindert werden konnte und gab damit dem gesamten Klagebegehren des Versicherungsnehmers statt.
Schlussfolgerungen
Ein Schadenfeuer ist schon dann gegeben, wenn es die Fähigkeit hat, sich selbständig auszubreiten.
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