Wann der Versicherer eine Geldleistung zu erbringen hat ist im § 11 VersVG unmissverständlich festgelegt. Die Fälligkeit entsteht demnach (unmittelbar!) mit Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalles und des Umfanges der Leistung des Versicherers (VR) nötigen Erhebungen. Verzögerungen in der Schadenabwicklung, die durch das Verschulden des Versicherungsnehmers (VN) entstehen, können selbstverständlich nicht dem VR angelastet werden.
Redakteur/in: Mag. Peter Kalab - Veröffentlicht am 27.04.2022
Von Gerhard Veits, ÖVM Vorstand (Foto)
In der Praxis kommt es aber häufig zu Verzögerungen bei der Versicherungsleistung an den VN, die der Sphäre des VR zuzurechnen sind. Hier geht es um jene Fälle, in denen der VR etwa wegen Personalmangel oder Überlastung der Sachverständigen keine umgehende Schadenerledigung gewährleisten kann.
Fälligstellung einer Abschlagszahlung
Auch wenn sich Verzögerungen manchmal nicht vermeiden lassen, so dürfen diese trotzdem nicht zum Nachteil des VN werden. Daher ist in diesem Zusammenhang auf die Bestimmung des § 11 (2) VersVG hinzuweisen, der den VR verpflichtet, eine Abschlagszahlung (die nach Lage der Sache mindestens zu zahlen ist) zu leisten. Eine solche Abschlagszahlung muss aber vom VN angefordert werden! Der Anspruch des VN auf die Abschlagszahlung wird mit dem Zugang seines Verlangens beim VR fällig. Dem VR ist ab Erhalt dieser Forderung nur noch eine kurze Bearbeitungsdauer für die Auszahlung an den VN zuzugestehen. Danach wäre der VR mit der Abschlagszahlung in Verzug. Nachdem aber der VN diese Bestimmung in den meisten Fällen nicht kennt, ist es Aufgabe des Versicherungsmaklers, das Recht des VN anzusprechen und die Abschlagszahlung fällig zu stellen. Der VR kann die Abschlagszahlung nur verweigern, wenn und solange die Beendigung der Erhebungen infolge eines Verschuldens des VN gehindert ist (§ 11 (3) VersVG. Stellt sich heraus, dass die vom VR geleistete Abschlagszahlung irrtümlich erfolgte, grundsätzlich ungerechtfertigt oder höher als der tatsächliche Schaden war, kann der VR die erbrachte Leistung zurückfordern. Für diese Umstände ist der VR beweispflichtig.
Verzug des VR und Zinsanspruch des VN
Erbringt der VR die Geldleistung bzw. die angeforderte Abschlagszahlung nach Eintritt der Fälligkeit nicht, so gerät er in Verzug. Nachdem das VersVG zum Verzugszins keine weiteren Regelungen vorsieht, sind die Bestimmungen der §§ 918 ff ABGB anzuwenden. Die Höhe des Verzugszinses ist abhängig von der Eigenschaft des VN im Verhältnis zum betroffenen Versicherungsvertrag. Handelt es sich beim VN um einen Verbraucher i.S. des KSchG beträgt der gesetzliche Verzugszins 4% (§ 1000 (1) ABGB). Steht der Verzugszins jedoch einem Unternehmer zu, so beträgt der gesetzliche Verzugszins 9,2% über dem Basiszins (§ 456 UGB).
Unbegründete Ablehnung des VR und Zinsanspruch
Wenn der VR eine Leistungspflicht ablehnt, so bedeutet dies ebenfalls, dass der VR seine Erhebungen abgeschlossen hat. Sollte sich herausstellen, dass diese Ablehnung unbegründet war, so ist die Fälligkeit der Versicherungsleistung bereits mit dieser Ablehnung eingetreten. Dem VN steht in diesem Fall der bereits beschriebene Zinsanspruch ab dem Datum der unbegründeten Ablehnung des VR zu.
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Titelbild: © Maksym Yemelyanov – stock.adobe.com
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