Der Verkauf einer Immobilie stellt ein komplexes Unterfangen dar. Käufer und Verkäufer suchen sich in der Regel einen Vertragserrichter aus – das ist meist ein Anwalt oder Notar. Dass aber durch den zivilrechtlichen Verkaufsvertrag ein bereits bestehender Versicherungsvertrag nicht derogiert/„verdrängt“ wird, ist vielen nicht klar und es besteht hier ein nicht unerheblicher Beratungsaufwand für VersicherungsmaklerInnen.
Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 19.05.2021
Von Mag. Alexander Gimborn (Foto), ÖVM Vizepräsident
Die Praxis zeigt leider, dass weder Rechtsanwälte noch Notare (wiewohl Sie gemäß §1299 ABGB als juristische Sachverständige anzusehen sind), bei der Kaufvertragserrichtung auf das VersVG ein Augenmerk legen. Bis dato ist mir kein einziger Kaufvertrag zu Augen gekommen, der auch dem VersVG vollinhaltlich Genüge getan hat. Somit müssen wir diesen beratenden Rechtsakt übernehmen, damit unsere Kunden (ob nun Käufer oder Verkäufer) und deren doch nicht unbeträchtliche Versicherungswerte auch versicherungsrechtlich richtig versichert sind.
Kündigungsmöglichkeit: Einzelrechtsnachfolge
Es ist in Lehre und Rechtsprechung unbestritten, dass bei einer Immobilientransaktion der Erwerber der versicherten Sache in die Rechte und auch Pflichten des bestehenden Versicherungsvertrages eintritt. Damit soll der neue Eigentümer geschützt werden und ein versicherungsfreier Zeitraum vermieden werden. Die beiden §§69 und 70VersVG geben unseren Erwerber die Möglichkeit, das Versicherungsverhältnis zu kündigen, und findet man vielleicht diesen Passus auch noch in der einen oder anderen Kaufvertragserrichtung. Achtung: Ist ein Ehepaar zur Hälfte Erwerber, so können grundsätzlich nur beide Ehegatten gemeinsam kündigen! Bekannte Voraussetzung für eine Kündigungsmöglichkeit ist ja die sogenannte Einzelrechtsnachfolge, typische Beispiele dafür sind eben Kauf, Tausch oder Schenkung. Praktisch „reduziert“ sich neuerdings die Kündigungsfrist von vier Wochen ab Intabulation bzw. Zustellung des neuen Grundbuchbeschlusses (§70VersVG): Der Notar/Rechtsanwalt erhält den Grundbuchbeschluss mittlerweile elektronisch. Hier können schnell einmal einige Tage verstreichen und sollten wir unsere Kunden hier beratend „sensibilisieren“, damit kein wertvoller Kündigungszeitraum verstreicht.
Unverzüglichen Veräußerungsanzeige
Von fast existentieller Bedeutung ist aber der §71VersVG, den ich ehrlich gestanden in noch keinem zivilrechtlichen Kaufvertrag „erspäht“ hätte. Der Bundegesetzgeber verpflichtet hier den Verkäufer oder den Käufer zu einer „unverzüglichen Veräußerungsanzeige“ an die Versicherung. Das Gebot der Anzeige trifft somit Käufer und Verkäufer gleichermaßen: natürlich reicht aber die Anzeige von einem der Beiden bei der Versicherung. Tipp an alle Kollegen: bei Kenntnis einer Immobilientransaktion (egal ob Ver – oder Käufer) folgende Info an die Versicherung: „Wir eilen unserer Zeit voraus und informieren Sie gem Anhang und §71VersVG“. Schmunzelnd nehmen wir dann auch die Rückmeldung so mancher Versicherungen zur Kenntnis, wo geschrieben wird: „Wir können die Kündigung nicht akzeptieren“.
Wie hat Wolfgang von Goethe so schön gesagt: „Wer sich den Gesetzen nicht fügen will, muss die Gegend verlassen, wo sie gelten“.
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