Die Kosten für medizinische Behandlungen, Medikamente und Technologien steigen stetig an. In welchem Ausmaß sich dies kurz- bis mittelfristig auf die Prämiengestaltung in der Krankenversicherung niederschlagen wird, um die hohen Deckungsraten zu gewährleisten, beantworten Peter Eichler (Vorstand Personenversicherung UNIQA Insurance Group AG), Christian Kladiva (Vorstandsdirektor der Merkur Versicherung AG) und Sonja Steßl (Stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Wiener Städtischen Versicherung AG).
Redakteur/in: Kerstin Quirchtmayr - Veröffentlicht am 7/13/2023
Neben den alltäglichen Ausgaben sei laut Peter Eichler auch im Gesundheitsbereich die Inflation stark zu spüren. Bei der Sonderklasse-Zusatzversicherung basiere die Erhöhung der Versicherungsprämie auf den Erhöhungen der Kostensätze der Krankenhäuser, bei der Privatarztversicherung auf den steigenden Kosten der Arztleistungen. „Die konkrete prozentuelle Erhöhung der Krankenzusatzversicherungsprämie unserer Kund:innen kann nicht prognostiziert werden – sie ist abhängig vom Verbraucherpreisindex, von der Veränderung der Krankenhaus- und Arztkostenverrechnungsätze, deren Wirksamkeitsbeginn, von der bisherigen Dauer des Versicherungsvertrags und anderen Faktoren wie einer allfälligen Veränderung des Inanspruchnahmeverhaltens“, erklärt Eichler.
Für Christian Kladiva seien die Kostentreiber im Bereich Gesundheitsvorsorge einerseits die gesamten Betriebskosten der Krankenanstalten und auf der anderen Seite die steigenden ärztlichen Honorare, die durch Ärztemangel und steigende Kosten für das Pflegepersonal verursacht werden. „Auch der steigende VPI nimmt Einfluss auf die Prämiengestaltung. Bessere Technologien und Medikamente, aufgrund von Rezeptgebühren, haben nur einen untergeordneten Einfluss auf die Kosten“, so Kladiva.
Sonja Steßl verweist darauf, dass die Preise und Honorare im medizinischen Bereich einer der sechs gesetzlich normierten Einflussfaktoren für eine Anpassung von bestehenden Verträgen (Anm: § 178f VersVG) seien und gemäß dem Gebot der dauerhaften Erfüllbarkeit der Leistungsverpflichtungen (Anm: § 102(2) VAG) im Neugeschäft berücksichtigt werden müssen. „Ob und wie stark dies auf die Prämien durchschlägt, hängt von anderen möglichen Einflussfaktoren ab wie z. B. der Häufigkeit der Inanspruchnahme von Leistungen oder Änderungen im Gesundheitswesen. Aus heutiger Sicht ist mittelfristig mit einem Anstieg der Prämien zu rechnen, zumal wir in vielen Bereichen seit Jahren auch steigende Inanspruchnahmen beobachten. (Ausnahme: vorübergehender Rückgang bei geplanten Krankenhausaufenthalten in den Corona-Jahren)“, informiert Steßl.
„Die Nachfrage nach einer privaten Gesundheitsvorsorge steigt in allen Altersgruppen“
Die Nachfrage nach Absicherung im Gesundheitsbereich ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Seit der Pandemie habe dieser Trend, so Eichler, zusätzlich an Fahrt aufgenommen. Die Nachfrage steige in allen Altersgruppen. „Wir erkennen aber doch, dass der Wunsch nach Absicherung von Kindern immer mehr zunimmt, unabhängig davon, ob die Eltern bereits für sich privat vorsorgen oder nicht. Die Diskussionen über das öffentliche Gesundheitswesen und die Realität, die die Österreicher:innen in manchen Bereichen des öffentlichen Gesundheitssystems erleben, fördern das Interesse an der privaten Gesundheitsvorsorge zusätzlich. Auch die Zielgruppe der Arbeitnehmer:innen wird sich immer mehr der Gesundheitsrisiken am Arbeitsplatz bewusst: Insbesondere in gefährlichen Berufen oder solchen mit hohem Stressniveau suchen Arbeitnehmer:innen vermehrt nach zusätzlicher Absicherung, die speziell auf ihre Arbeitsbedingungen zugeschnitten sind“, ist sich Eichler sicher.
Auch Christian Kladiva ist der Meinung, dass das Risikobewusstsein in allen Alters- und Zielgruppen stark gestiegen sei. „Vor allem unsere ambulanten Tarife erfreuen sich großer Beliebtheit.“
Sonja Steßl verweist auf die die Gesundheitsstudie 2022 der Wiener Städtischen, die zeige, dass das Interesse an einem Neuabschluss in den vorangegangenen zwölf Monaten bei rund einem Drittel gestiegen ist – in der Altersgruppe bis 35 Jahre sind es sogar 37%. „Eine private Gesundheitsvorsorge ist aber schon lange ein Thema der breiten Bevölkerung – Gesundheit ist und bleibt ein Megatrend. Jeder Dritte in Österreich hat bereits eine private Gesundheitsvorsorge“, so Steßl.
Lesen Sie im zweiten Teil der Interviewrunde zum Thema Gesundheitsvorsorge, in welchen Bereichen die drei Experten eine Chancen sehen, durch Anreizsysteme zur Krankheitsprävention beizutragen.
Hier geht's zum zweiten Teil der Interviewrunde ...
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Foto oben v.l.n.r.: Christian Kladiva (Vorstandsdirektor der Merkur Versicherung AG), Sonja Steßl (Stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Wiener Städtischen Versicherung AG) und Peter Eichler (Vorstand Personenversicherung UNIQA Insurance Group AG)
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