Krankenversicherer müssen neue Wege gehen, um zukunftsfähig zu bleiben. Welche Trends die Sparte verändern, und warum Versichern allein nicht mehr ausreicht, um beim Kunden zu punkten, erklärt Michael Süß, Co-Autor einer aktuellen Studie zur Krankenversicherung.
Redakteur/in: Mag. Peter Kalab - Veröffentlicht am 28.04.2016
Von Michael Süß, Geschäftsführer Adcubum
Die Krankenversicherer müssen vom Einzelkämpfer zum Gesundheitspartner im Rahmen eines Netzwerks werden, in dem andere Akteure Leistungen für sie übernehmen. Den wichtigsten Branchentrend sehen sie in der Digitalisierung. Das sind Ergebnisse einer umfassenden Studie über die Zukunft der PKV, die der Softwarehersteller Adcubum und die Versicherungsforen Leipzig, Dienstleister für Forschung und Entwicklung in der Assekuranz, gemeinsam ausgearbeitet haben. Dabei wurden Versicherer und Experten aus Österreich, Deutschland und der Schweiz online befragt und persönlich interviewt.
Große Trends erfordern neuen Ansatz
Die Krankenversicherer müssen sich umstellen, um zukunftsfähig zu bleiben. Zu den größten Herausforderungen für das österreichische Gesundheitssystem gehört dabei der demografische Wandel. Erschwerend hinzu kommt das – einem raschen Wandel unterworfene – technische und wirtschaftliche Umfeld.
Folgen für die Branche haben nach Einschätzung der Versicherer fünf Top-Trends: An erster Stelle steht die Digitalisierung (100% Zustimmung unter den Studienteilnehmern), gefolgt vom medizinischen Fortschritt (94%), dem demografischen Wandel (92%), der Industrialisierung (77%) und dem Thema E-Health (73%).
Gesundheitscoach und Berater für den Kunden sein
Ein wichtiges Thema sind Leistungen und Services, die über den reinen Versicherungsschutz hinausgehen und dem Krankenversicherer eine Positionierung als Gesundheitscoach erlauben. Durch die Erweiterung ihrer Wertschöpfungskette können Versicherer neue und vor allem regelmäßige Kontaktpunkte zum Kunden erschließen und erlebbare Mehrwerte außerhalb des Leistungsfalls schaffen. Im Bereich der Prävention können das etwa Ernährungsberatungen, Subventionierungen von Fitnessstudios, die Finanzierung von zusätzlichen Vorsorgeuntersuchungen oder auch die schnelle Vereinbarung von Arzt-Terminen sein.
Auch im Leistungsfall entwickelt sich der Krankenversicherer mehr und mehr zum Berater, der den Kunden nicht nur versichert, sondern ihn begleitet. Er gibt ihm ein Netzwerk an die Hand, das ihm eine effiziente und effektive Behandlung ermöglicht, um die Genesung zu fördern. 84 Prozent aller befragten Krankenversicherer erwarten, dass sich dieser Managed-Care-Ansatz durchsetzen wird. Die österreichischen Anbieter hingegen stufen diese Art der Steuerung als eher wenig relevant ein, da sie nur Zusatzversicherungen anbieten.
IT: weg von Insellösungen, hin zum Datenpool
Eine Ausrichtung als Gesundheitscoach erfordert entsprechend flexible und agile IT-Systeme. Hier muss vielfach erst noch die technische Basis geschaffen werden. Unter dem Strich geht die Entwicklung weg von den branchenüblichen Insel-Lösungen mit Daten in unterschiedlichen IT-Systemen und hin zum Netzwerk, auf dessen Datenpool alle Beteiligten zugreifen können. Die 2006 in Österreich eingeführte, elektronische Versicherungskarte verfolgt diesen Gedanken ebenso wie entsprechende deutsche und schweizerische Initiativen. Ziel ist die elektronische, alle Daten vereinende Patientenakte.
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