Größere Produktrückrüfe verursachen durchschnittlich Schäden von mehr als 10 Mio. Euro, errechnet ein aktueller Report des Industrieversicherers Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS). Damit steigt auch in Österreich der Bedarf an entsprechender Absicherung.
Redakteur/in: Mag. Peter Kalab - Veröffentlicht am 05.12.2017
Der AGCS-Report hat insgesamt 367 Produktrückrufforderungen aus 28 Ländern und 12 Branchen im Zeitraum zwischen 2012 und dem ersten Halbjahr 2017 untersucht. Von „Rekordzahlen bei Rückrufaktionen in Bezug auf Größe und Kosten“ spricht Christof Bentele, Head of Global Crisis Management bei AGCS. Dazu tragen mehrere Faktoren bei, etwa eine strengere Regulierung, komplexere globale Lieferketten, wirtschaftlicher Druck und die zunehmende Bedeutung von Reputationsschutz. Dadurch steigt das Potenzial für größere und komplexere Schäden.
Die meisten Rückrufe in Automobilindustrie
Die Automobilindustrie war mit 42% der Schäden am stärksten von Rückrufaktionen betroffen, gefolgt von der Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie (18%) und Haushaltsgeräten (10%). Auch bei der Schadenhöhe liegt die Automobilindustrie (71%) klar an der Spitze, vor der Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie (16%) und dem IT-/Elektroniksektor (3%). Die Hauptursache für Rückrufe sind ein mangelhaftes Produkt oder eine fehlerhafte Ausführung (80%). Produktverunreinigungen (12%) kommen besonders häufig in der Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie vor.
Schäden in Milliardenhöhe
Mehr als die Hälfte des Schadenaufwandes ist nur auf zehn Rückrüfe zurückzuführen. Die durchschnittlichen Kosten für einen größeren Rückruf belaufen sich laut AGCS auf über 10,5 Mio. Euro, die in Einzelfällen aber auch weitaus höher sein können. So werden bei der bisher größten Rückrufaktion in der Autobranche wegen defekter Airbags laut Schätzungen wohl 60 bis 70 Mio. Fahrzeuge von mindestens 19 Herstellern weltweit in die Werkstätten zurückgeholt. Die Kosten werden auf fast 21 Mrd. Euro geschätzt. An Fällen wie diesen zeigt sich der „Domino-Effekt“: Da viele gängige Komponenten von mehreren Herstellern gleichzeitig verwendet werden, kann ein einziger Rückruf Auswirkungen auf eine ganze Branche haben.
Neue Risiken: Cyberangriffe und Reputationsschutz
Neue Rückrufauslöser und –risiken sind großteils auf moderne Technologien zurückzuführen. Der technologische Wandel in der Automobilindustrie hin zur elektrischen und autonomen Mobilität werde den Allianz-Experten zufolge weitere Rückrufrisiken mit sich bringen. Auch Cyberrückrufe werden zunehmend zur Gefahr. Hacker könnten ein Produkt verändern oder kontaminieren, indem sie in automatisierte Produktionsanlagen eindringen und die Steuerung von Maschinen übernehmen. Cyber sei laut Studie derzeit ein noch unterschätztes Rückrufrisiko, es gebe jedoch bereits erste Rückrufe aufgrund von Sicherheitslücken in Autos oder Kameras.
Auch der Schutz von Reputation könne gerade in Zeiten von Social Media Rückrufe auslösen, insbesondere dann, wenn nicht professionell kommuniziert wird. Es werde zunehmend Fälle geben, bei denen es keine gesetzliche Verpflichtung zum Rückruf gibt, der Rückruf aber aus Reputationsgründen trotzdem erforderlich ist.
Rückruf-Versicherung als Teil des Risikomanagements
Vorausschauende Planung und Vorbereitung können einen erheblichen Einfluss auf die Größe eines Rückrufs und den finanziellen sowie den Reputationsschaden haben. „In den vergangenen 24 Monaten ist auch die Nachfrage nach Produktrückruf-Versicherungslösungen in Österreich merkbar angestiegen“, sagt Ole Ohlmeyer, der für das AGCS-Geschäft in Österreich und Osteuropa verantwortlich ist. Produktrückruf-Versicherungen übernehmen Kosten für einen Rückruf, einschließlich Betriebsunterbrechung und bieten auch Zugang zu Krisenmanagement-Services sowie spezialisierten Beratern.
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