Nachdem ein Junge beim Hallenklettern gestürzt war, lehnte seine Unfallversicherung die Deckung ab. Die Streitfrage: Ist Hallenklettern genauso gefährlich wie ungesichertes „Freeclimbing“ oder Bergsteigen?
Redakteur/in: Mag. Peter Kalab - Veröffentlicht am 07.12.2016
Der Bub war auf einer Route der Schwierigkeitsstufe 5 in einer Kletterhalle in Wien unterwegs. Wegen eines Sicherungsfehlers seines Kletterpartners stürzte er und verletzte sich schwer. Nun sollte die Unfallversicherung seiner Mutter, in der er mitversichert war, Leistung erbringen. Diese lehnte die Deckung jedoch ab und berief sich auf die Ausschlüsse laut den Allgemeinen Bedingungen (Art. 18.5 AUVB 2004). Vom Versicherungsschutz ausgenommen sind demnach Unfälle bei gefährlichen Aktivitäten bzw. Sportarten – darunter auch sogenanntes „Freeclimbing“ sowie Bergsteigen ab Schwierigkeitsgrad 5.
Unter dieses „Freeclimbing“ falle auch Hallenklettern, meinte der Versicherer. Das Freeclimbing am Berg wie auch in der Halle berge ein erhöhtes Unfallrisiko. Das Hallenklettern an Wänden entspreche dem Schwierigkeitsgrad, der beim Klettern im Freien erst auf der Stufe 5 oder höher erreicht wäre.
Ausschluss „gröblich benachteiligend“
Es folgte ein Deckungsstreit, der bis zum Obersten Gerichtshof ging. Der Kläger brachte vor, es bestehe bei ihm aufgrund seiner Verletzungen an Lendenwirbeln und Blase eine Dauerinvalidität von 50%. Daher habe der Versicherer 100% der Versicherungssumme und somit rund 187.000 Euro zu bezahlen. Der Begriff „Freeclimbing“ sei unverständlich und unbestimmt, der Ausschluss für Hallenklettern außerdem gröblich benachteiligend.
Hallenklettern nicht mit „Freeclimbing“ gleichzusetzen
Erst- und Berufungsgericht gaben dem Kläger Recht und bejahten die Deckungspflicht des Versicherers. Der Oberste Gerichtshof (7 Ob 191/16p) bestätigte das Urteil. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer verstehe unter „Freeclimbing“ Freiklettern ohne jegliche Hilfsmittel und ohne Sicherung in der freien Natur. Hierzu gehöre nicht das gesicherte Hallenklettern, das dem Breitensport zuzurechnen sei. Weil das Erstgericht bisher zum Vorliegen einer dauerhaften Invalidität keine Feststellungen traf, verwies der OGH den Fall an dieses zurück.
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