Eine Baumaschine gerät in Brand und wird beinahe zur Gänze zerstört. Der Versicherer zieht fast 40% der Schadenssumme wegen Unterversicherung ab, der Kunde klagt nun den Versicherungsmakler. Warum dieser Fall aus Deutschland auch für Österreich interessant ist, hat die Rechtsservice- und Schlichtungsstelle (RSS) im Fachverband der Versicherungsmakler näher betrachtet.
Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 17.05.2016
Der Kunde bestellte einen neuen Radlader inklusive Zubehör um 138.000 Euro. Ein Versicherungsmakler vermittelte ihm eine Maschinen- und Kaskoversicherung. In den Versicherungsbedingungen wurde als Versicherungswert der Neuwert festgelegt: der jeweils gültige Listenpreis der versicherten Sache im Neuzustand zuzüglich der Bezugskosten.
Erstgericht: nicht der Makler, sondern der Verkäufer ist verantwortlich
Etwa ein Jahr nach Versicherungsabschluss geriet der Radlader bei Arbeiten auf dem Betriebsgelände in Brand und wurde dabei fast völlig zerstört. Vom knapp 89.000 Euro hohen Schaden zog der Versicherer eine Unterversicherung von 39%, also fast 35.000 Euro ab. Der Kunde klagte den Versicherungsmakler nun wegen Beratungsverschuldens.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Nicht der Makler, sondern der Verkäufer des Radladers sei in Anspruch zu nehmen. Der Kläger sei zudem im Versicherungsschein ausdrücklich auf die Bedeutung des Listenpreises hingewiesen worden. Das Oberlandesgericht Naumburg hob das Urteil auf und verwies den Fall an das Erstgericht zurück. Die Haftung des Maklers schloss das Gericht zwar nicht dem Grunde nach aus, hielt aber die Rechtssache nicht für entscheidungsreif.
Das ist aus der Begründung für Österreich relevant:
Der Versicherungsmakler müsse (nach § 61 Abs 1 VVG) bei einer Maschinenversicherung einen auskömmlichen Versicherungswert ermitteln, den Versicherungsnehmer über die Bedeutung des jeweils gültigen Listenpreises aufklären und auf die Risiken einer Unterversicherung hinweisen.
Der beklagte Makler könne sich nicht auf die Ausschlussklausel (§ A 2 Nr. 5 lit. i ABMG 2008) berufen, wenn der Versicherer seine Leistung nur wegen einer Unterversicherung gekürzt hat. Für eine unberechtigt zu geringe Versicherungsleistung habe er hingegen nicht einzustehen. Wenn eine aussagekräftige Herstellerpreisliste fehlt oder der Versicherungsnehmer zumindest besonders schwierig an eine solche gelangt, sei zweifelhaft, ob die Listenpreis-Regelung die gebotene Transparenz aufweise und ob ein Herstellerlistenpreis noch in einem ausgewogenen Verhältnis zum tatsächlichen Wert der versicherten Sache stehe.
Kein Listenpreis vorhanden – Makler haftet nicht
Das Erstgericht hat im fortgesetzten Verfahren die Haftung des Maklers verneint, da es für den Radlader keinen Listenpreis gebe und daher der Unterversicherungseinwand des Versicherers verfehlt sei.
Die RSS betont angesichts dieser Entscheidung, „dass der Versicherungsmakler – anders als ein primär dem Versicherer verpflichteter Versicherungsvertreter – in besonders herausragender Vertrauensposition für den Versicherungsnehmer als dessen Vertragspartner tätig wird.“ Er schulde dem Versicherungsnehmer die Beschaffung eines bestmöglichen Versicherungsschutzes. Zu seinen Pflichten gehöre auch die Deckungsanalyse, das heißt die Ermittlung der richtigen Versicherungsart und der bedarfsgerechten Versicherungssumme – und daher im konkreten Fall auch die Überprüfung der Ermittlung des Neuwertes.
Quelle: RSS/Fachverband der Versicherungsmakler; bearbeitet von AssCompact Österreich
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