Ein Arbeitnehmer wird wegen vermeintlicher Fälschung einer Krankenstandsbestätigung von seiner Arbeitgeberin gekündigt. Der Arbeitnehmer verklagte seine Arbeitgeberin, da die Entlassung seiner Meinung nach zu Unrecht erfolgt ist. Er verlor das Verfahren und seine Rechtsschutzversicherung forderte eine Rückzahlung der von ihr geleisteten Verfahrenskosten.
Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 29.09.2022
Der nunmehr Beklagte wurde von seiner ehemaligen Arbeitgeberin entlassen. Die Arbeitgeberin begründete die Entlassung damit, dass der nunmehr Beklagte eine Krankenstandsbestätigung verfälscht haben soll, was von ihm jedoch bestritten worden ist. Der nunmehr Beklagte brachte daher in einem Vorverfahren eine Klage gegen seine ehemalige Arbeitgeberin ein. Die Klage war auf Feststellung gerichtet, dass die Entlassung zu Unrecht erfolgt ist.
Dieses Vorverfahren wurde von seiner Rechtsschutzversicherung gedeckt. Der nunmehr Beklagte begründete sowohl seine Anfechtungsklage, als auch seine Deckungsanfrage bei der Rechtsschutzversicherung nicht nur damit, den vorgeworfenen Entlassungsgrund (Verfälschen einer Krankenstandsbestätigung) nicht gesetzt zu haben. Vielmehr machte er auch geltend, dass die Entlassung zu spät erfolgt und daher verfristet sei.
In weiterer Folge unterlag der nunmehr Beklagte in diesem Vorprozess. Das Gericht ging davon aus, dass er die Krankenstandsbestätigung tatsächlich verfälscht haben soll. Die Klägerin begehrte daraufhin im nunmehrigen Gerichtsverfahren die Rückzahlung der dem Beklagten im Vorprozess geleisteten Verfahrenskosten, und zwar mit der Begründung, der Beklagte habe zur Erreichung der Deckungszusage bewusst unrichtige Angaben gemacht und dadurch gegen die gesetzliche Auskunftspflicht gemäß § 34 VersVG verstoßen. Auf eine vertragliche Obliegenheit, samt der Anordnung, dass bei deren Verletzung unter den Voraussetzungen des § 6 Abs 3 VersVG Leistungsfreiheit eintritt, hat sich die Klägerin hingegen nicht gestützt.
Wie ist die Rechtslage?
Gemäß § 34 Abs 1 VersVG kann der Versicherer nach dem Eintritt des Versicherungsfalls verlangen, dass der Versicherungsnehmer jede Auskunft erteilt, die zur Feststellung des Versicherungsfalls oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers erforderlich ist. Solche Obliegenheiten nach dem Versicherungsfall dienen dem Zweck, den Versicherer vor vermeidbaren Belastungen sowie ungerechtfertigten Ansprüchen und vor betrügerischen Machenschaften zu schützen. Damit soll der Versicherer in die Lage versetzt werden, sachgemäße Entscheidungen über die Behandlung des Versicherungsfalls zu treffen und insbesondere Art und Umfang seiner Leistung möglichst genau und frühzeitig überblicken zu können.
§ 34 VersVG sieht zwar keine Rechtsfolgen für die Verletzung der gesetzlichen Auskunftspflicht vor. Allerdings kommt eine Verpflichtung des Beklagten zur Rückzahlung der von der Klägerin aufgewendeten Verfahrenskosten nach den allgemeinen Grundsätzen des Schadenersatzrechts in Betracht. Dabei muss die geschädigte Rechtsschutzversicherung eine Pflichtverletzung und einen dadurch verursachten Schaden sowie den ursächlichen Zusammenhang (Kausalzusammenhang) zwischen Pflichtverletzung und Schaden beweisen.
Im gegenständlichen Fall wurde jedoch vom Obersten Gerichtshof (7 Ob 203/21k) ein solcher Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten des Beklagten und einem Schadenseintritt bei der Klägerin verneint. Die Klägerin hat ihr Rückzahlungsbegehren nur auf die unrichtigen Angaben des Beklagten im Zusammenhang mit dem Verfälschen einer Krankenstandsbestätigung gestützt. Nach Ansicht des OGH habe die Klägerin allerdings nicht bewiesen, dass sie nicht ohnedies Rechtsschutzdeckung hätte gewähren müssen, und zwar bereits aufgrund der vom Beklagten eingewandten Verfristung des Entlassungsgrundes. Die Klägerin legte nämlich keine Gründe dar, aus welchen sie im Fall des pflichtgemäßen Verhaltens des Beklagten (Erteilen der vermissten Information über das Verfälschen der Krankenstandsbestätigung) vor dem Hintergrund der weiters von ihm erhobenen Einwendungen gegen die Entlassung die begehrte Rechtsschutzdeckung ablehnen hätte können.
Schlussfolgerung
Dazu Dr. Roland Weinrauch: „Im Ergebnis schied daher ein Schadenersatzanspruch der klagenden Rechtsschutzversicherung schon deshalb aus, weil sie die Kausalität der behaupteten Täuschungshandlung nicht aufzeigen konnte.“
Von Dr. Roland Weinrauch (Foto), Gründer der Kanzlei Weinrauch Rechtsanwälte: https://weinrauch-rechtsanwaelte.at/
Titelbild: ©Studio_East – stock.adobe.com
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