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Zur Deckungsabgrenzung bei Dieselgate-Ansprüchen gegen Kfz-Hersteller

(Bild: © bluedesign – stock.adobe.com)

Zur Deckungsabgrenzung bei Dieselgate-Ansprüchen gegen Kfz-Hersteller

13. März 2024

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5 Min. Lesezeit

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Im Blickpunkt

Nach dem "Dieselgate" waren bekannte Automarken wie Volkswagen, Audi und Ford betroffen. Auch Mercedes musste rund 238.000 Diesel-Fahrzeuge zurückrufen, um Software-Updates durchzuführen. Dies führte zu zahlreichen Ansprüchen von Autokäufern gegen die Hersteller sowie zu rechtlichen Auseinandersetzungen mit Rechtsschutzversicherungen. Dieser Beitrag beleuchtet die Frage der Deckungsabgrenzung bei Ansprüchen von Versicherungsnehmern gegen den Kfz-Hersteller aufgrund des Kaufs eines Fahrzeugs mit manipulierter Dieselabgassoftware.

Artikel von:

Prof. Mag. Erwin Gisch, MBA

Prof. Mag. Erwin Gisch, MBA

Fachverbandsgeschäftsführer der Versicherungsmakler und Lektor an der Donau Uni Krems, WU-Wien und Juridicum Wien

Allgemeines zum Baustein-System und zu Deckungsabgrenzungsausschlüssen in den ARB

Gemäß Artikel 1 Satz 2 der ARB wird der Versicherungsschutz durch die Gemeinsamen und Besonderen Bestimmungen geregelt. Dadurch erfolgt eine Teilung der ARB in mindestens zwei Bereiche: In den Standardprodukten oder im Massengeschäft werden die ARB in Allgemeine Bestimmungen (Artikel 1 bis 16) und Besondere Bestimmungen (Artikel 17ff) unterteilt. Die Besonderen Bestimmungen stellen eine Aneinanderreihung unterschiedlicher versicherbarer Risiko- und Rechts-Bausteine dar. Der OGH stellt dazu u.a. fest, dass die in diesen Rechtsschutz-Bausteinen beschriebenen Risiken in Form von Rechtsschutz-Kombinationen angeboten werden (siehe z.B. OGH 7 Ob 133/21s; 7 Ob 65/97b; 7Ob250/07a). Dabei ist eine klare Abgrenzung der Deckung zwischen den einzelnen Rechtsschutz-Bausteinen eine Voraussetzung für eine problemfreie Nutzung dieses flexiblen Systems zur Produktgestaltung. Die Abgrenzung der Deckung in der Rechtsschutzversicherung erfolgt in erster Linie durch eine positive Definition der versicherten Risiken (vgl. Gisch, ARB Onlinekommentar, Art 1 ARB). Dort, wo es zur Vermeidung von ungewollten Deckungsüberschneidungen oder Unklarheiten notwendig ist, erfolgt die Abgrenzung zusätzlich durch sogenannte Deckungsabgrenzungsausschlüsse. Im Gegensatz zu Risikoausschlüssen im eigentlichen Sinne haben diese Deckungsabgrenzungsausschlüsse ausschließlich die Aufgabe, bestimmte Risiken aus einem Baustein auszuschließen und einem anderen Baustein zuzuordnen. Der jeweilige Deckungsabgrenzungsausschluss tritt nur dann in Kraft, wenn das betroffene Risiko nach der positiven Deckungsbeschreibung eines anderen Bausteins, dem die Deckung durch einen Querverweis zugewiesen wurde, grundsätzlich versicherbar ist (siehe RIS-Justiz RS0134040). Dabei spielt es keine Rolle, ob der passende Rechtsschutz-Baustein tatsächlich versichert ist oder nicht.

Grundsätzlich mögliche Rechtsschutz-Bausteine / Risikobereiche bei Ansprüchen des VN gegen den Fahrzeug-Produzenten

Ausgehend von dieser Baustein-Struktur der ARB und den möglichen Ansprüchen des VN gegen den Produzenten und/oder den Hersteller von mit Dieselabgasmanipulationssoftware ausgestatteten Kfz kommen unterschiedliche Rechtsschutz-Bausteine als mögliche Deckungsgrundlagen des Rechtsschutz-Versicherers in Frage; zu denken ist dabei etwa an den

  • Fahrzeug-Schadenersatz-RS im Rahmen Artikel 17 ARB,
  • Fahrzeug-Vertrags-Rechtsschutz nach Artikel 17 ARB,
  • („allgemeinen“) Schadenersatz-Rechtsschutz nach Artikel 19 ARB sowie u.U.
  • Allgemeinen Vertrags-Rechtsschutz nach Artikel 23 ARB.

Jeder dieser Rechtsschutz-Bausteine enthält eine eigene primäre Risikobeschreibung; dazu gesellen sich diverse Deckungsabgrenzungsausschlüsse, die zu beachten sind.

Zum anwendbaren Rechtsschutz-Baustein bei Ansprüchen gegen den Hersteller des Kfz

Der OGH hat sich bis dato zwei Mal konkret mit Fragen der Deckungsabgrenzung bzgl. der Rechtsschutz-Deckung bei Ansprüchen gegen den Produzenten eines mit Dieselmanipulationssoftware ausgestatteten Fahrzeugs beschäftigt: OGH 7 Ob 32/18h und 7 Ob 133/21s. Dabei hat er im Wesentlichen drei Rechtsschutz-Bausteine als mögliche Deckungsgrundlagen geprüft, konkret den

  • Fahrzeug-Schadenersatz-RS (Art. 17.2.1. ARB),
  • Fahrzeug-Vertrags-Rechtsschutz (Art. 17.2.4. ARB) sowie
  • Schadenersatz-Rechtsschutz nach Art 19.2.1. ARB.

In der Entscheidung 7 Ob 32/18h (= versdb 2018, 46), die sich primär mit der Frage des Versicherungsfalls auseinandergesetzt hat, verwies der OGH zunächst darauf, dass die VN mit ihrem Anspruch aus dem Ankauf bzw. Rückruf des Pkw gegenüber der Produzentin keinen Eingriff in ein absolut geschütztes Rechtsgut geltend machen würde. Einerseits würden die mangelhafte Herstellung einer Sache und ein Sachschaden einander schon begrifflich ausschließen (siehe dazu bereits RIS-Justiz RS0122647) und auch bei listiger Verleitung zum Vertragsabschluss sei von einem reinen Vermögensschaden auszugehen (vgl. RIS-Justiz RS0016303); andererseits würde das Software-Update nach dem Vorbringen der VN bloß nicht zu der angestrebten Verbesserung führen und dies stelle ebenfalls keinen Eingriff in ein absolut geschütztes Rechtsgut dar. Auch die behaupteten allfälligen Nachfolgeschäden seien ebenfalls reine Vermögensschäden. Das Vermögen an sich ist aber kein absolut geschütztes Rechtsgut (siehe RIS-Justiz RS0022462), sodass die VN letztlich Deckung für die Geltendmachung reiner Vermögensschäden begehren würde.

Den gesamten Beitrag lesen Sie in der AssCompact März-Ausgabe!

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