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Zur Wiederherstellungsklausel und Gleichartigkeit einer neu angeschafften Sache

(Bild: ©rcfotostock - stock.adobe.com)

Zur Wiederherstellungsklausel und Gleichartigkeit einer neu angeschafften Sache

13. Februar 2023

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2 Min. Lesezeit

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Im Blickpunkt

Ein Versicherungsnehmer betreibt ein Gletscherskigebiet, in dem es im Jahr 2018 durch Lawinen zu derart massiven Beschädigungen zweier Schlepplifte kam, sodass diese nicht mehr betrieben werden konnten. Nach durchgeführten Aufräumarbeiten errichtete der Versicherungsnehmer anstelle der Schlepplifte in derselben Lifttrasse eine Luftseilbahn. Zwischen dem Versicherungsnehmer und dem belangten Versicherungsunternehmen bestand zum Schadenszeitpunkt ein Sachversicherungsvertrag, von dessen Versicherungsschutz auch die beschädigten Liftanlagen umfasst waren. Dabei war die Anlage zum Neuwert versichert und wurde eine strenge Wiederherstellungsklausel vereinbart, sodass dem Versicherungsnehmer ein Anspruch auf Leistung über dem Zeitwert nur dann zusteht, wenn das Gebäude in „gleicher Art und Zweckbestimmung an der bisherigen Stelle“ wiederhergestellt wird.

Artikel von:

Dr. Roland Weinrauch

Dr. Roland Weinrauch

Gründer der Kanzlei Weinrauch Rechtsanwälte|https://weinrauch-rechtsanwaelte.at/

Wie ist die Rechtslage?

Vor dem Hintergrund der vereinbarten strengen Wiederherstellungsklausel war der OGH in der gegenständlichen Entscheidung (7 Ob 162/22g) mit der Frage befasst, unter welchen Voraussetzungen die Anschaffung einer neuen Sache mit vergleichbarer Zweckbestimmung den Ersatz des Neuwertschadens rechtfertigt.

Übereinstimmend mit der bisherigen Judikaturlinie hält der OGH eingangs seiner Entscheidung fest, dass eine strenge Wiederherstellungsklausel ein Gleichartigkeits- und Gleichwertigkeitsgebot impliziert. Es besteht zwar kein Modernisierungsverbot, die neu angeschaffte Sache muss jedoch von gleicher Gesamtgröße und vergleichbarer Zweckbestimmung sowie Art und Güte sein. Hinsichtlich neu errichteter Gebäude ist es nicht erforderlich, dass dieses dem zerstörten Gebäude in sämtlichen Einzelheiten gleicht, allerdings muss es nach Lage, Gesamtgröße und Zweck vergleichbar sein.

Im gegenständlichen Fall hat sich zwar weder Zweckbestimmung (Beförderung von Wintersportlern) noch Lage des Lifts geändert. Nach Ansicht des OGH entspricht jedoch die neu errichtete Luftseilbahn dennoch nicht dem Gleichartigkeits- und Gleichwertigkeitsgebot der strengen Wiederherstellungsklausel. Nach Art und Größe gehe die neu errichtete Anlage über eine bloße Modernisierung der beschädigten Schleppliftanlage hinaus. Dabei berücksichtigte der OGH unter anderem auch die höheren Kosten, die mit der Errichtung der Seilbahn im Vergleich zu einer bloßen Modernisierung verbunden waren. Die Judikatur bezüglich Individualstücke, nach der die Beschaffung einer anderen Sache dennoch dem Gleichartigkeits- und Gleichwertigkeitsgebot entsprechen kann, sei im vorliegenden Fall aufgrund mangelnden Individualstückcharakters der neu beschafften Sache nicht anwendbar.

Schlussfolgerung

"Die Frage, ob eine neu angeschaffte Sache dem Gleichartigkeits- und Gleichwertigkeitsgebots im Rahmen einer strengen Wiederherstellungsklausel entspricht, hängt stets von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab und muss anhand strenger Kriterien geprüft werden. Art, Größe, Güte und Zweck müssen vergleichbar sein, wobei vom OGH auch die Kostendifferenz sowie der Individualstückcharakter in der Beurteilung berücksichtigt werden."

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