Bei Haftpflichtschadenfällen ist die Diskussion zum Tätigkeitsausschluss ein „Klassiker“. Nicht immer ist die Abgrenzung einfach. Rechtsexperte Ewald Maitz gibt Ihnen einen Einblick in einige Abgrenzungsthemen.
Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 29.03.2021
Ausgeschlossen sind nach den AHVB Schadenersatzverpflichtungen wegen Schäden an beweglichen Sachen, die bei oder infolge ihrer Benützung, Beförderung, Bearbeitung oder einer sonstigen Tätigkeit an oder mit ihnen entstehen sowie an jenen Teilen von unbeweglichen Sachen, die unmittelbar Gegenstand der Bearbeitung, Benützung oder einer sonstigen Tätigkeit sind.
Voraussetzung für den Ausschluss ist eine BEWUSSTE UND GEWOLLTE Einwirkung auf die Sache.
Folgeschäden
Folgeschäden an Sachen, die nicht Gegenstand der Tätigkeit sind und die somit nicht Ausschlussobjekt sind, sind versichert. Dies gilt auch für Personenschäden und aus Sachfolgeschäden oder Personenschäden entstandene Vermögensschäden. Vermögensschäden als Folge eines gedeckten Sachfolgeschadens sind zwar auch mittelbare Folgen eines nicht versicherten Tätigkeitsschadens, aber dennoch versichert.
Eine Tätigkeit setzt ein auf einen bestimmten Zweck abgestelltes Verhalten voraus. Die Tätigkeit muss an oder mit der fremden Sache vorgenommen werden. Im ersten Fall ist die Sache selbst Gegenstand der Tätigkeit, im zweiten Fall dient sie der Tätigkeit. Bearbeitet beispielsweise der Versicherungsnehmer mit einem fremden Akkuschrauber ein fremdes Möbelstück, sind beide Gegenstände vom Tätigkeitsausschluss erfasst.
Verborgene Sachen
Bei verborgenen Sachen aber, die im Wirkungsbereich der Tätigkeit des Versicherungsnehmers vorhanden sind, muss der Versicherungsnehmer das Bewusstsein haben, dass diese andere Sache vorhanden ist oder zumindest vorhanden sein kann, um Schäden an diesen der Tätigkeitsklausel unterstellen zu können; das fahrlässige Nichtwissen reicht für das Tätigkeitsbewusstsein nicht aus. Bohrt der Versicherungsnehmer beispielsweise eine Wasserleitung an, von der er nicht wusste, dass sie vorhanden ist, ist der Tätigkeitsausschluss nicht anwendbar.
Körperliche Beziehung
Es muss eine körperliche Beziehung zwischen dem Versicherungsnehmer und der fremden Sache bestehen, damit der Tätigkeitsausschluss zur Anwendung kommt. Diese Beziehung ist auch dann noch gegeben, wenn Sachen nur aus sicherer Entfernung mit Strahlung, durch magnetische oder sonstige Wellen, durch Zufuhr von Wärme oder Kälte behandelt werden, auch ohne dass ihre Substanz verändert wird, sodass Schäden an solcherart bearbeiteten Sachen auch unter den Ausschlusstatbestand fallen.
Unbewegliche Sachen
Bei unbeweglichen Sachen sind nur solche Teile der unbeweglichen Sache ausgeschlossen, die bei vernünftiger Betrachtungsweise als Gegenstand der Bearbeitung angesehen werden müssen. Der restliche Teil der unbeweglichen Sache ist vom Ausschlusstatbestand jedenfalls nicht umfasst. Wesentlich ist dabei immer, an welcher „funktionalen Einheit“ der Versicherungsnehmer tätig ist. Ist der Versicherungsnehmer beispielsweise an der Dachhaut tätig, sind Schäden am Dachstuhl nicht vom Ausschluss erfasst. Der Tätigkeitsausschluss ist nicht anwendbar, wenn Fußböden, Treppen oder Wege durch ihre gewöhnliche Benützung beschädigt werden. Der Grund liegt darin, dass dem Benutzer dieser Sachen die Nutzung nicht als besonderer Vorgang ins Bewusstsein dringt.
Bewegliche Sachen
Der Tätigkeitsausschluss umfasst bei beweglichen Sachen alle Schäden, selbst, wenn der Versicherungsnehmer nur Teile davon zu bearbeiten hatte. Eine Ausnahme liegt bei zusammengesetzten Sachen dann vor, wenn der zu bearbeitende Teil aus der zusammengesetzten Sache herausgelöst wird und getrennt davon bearbeitet wird. Wenn Einzelteile von einer beweglichen Sache abgenommen werden und dann getrennt bearbeitet werden, dann wird der von der Sache getrennte Teil im Sinne der Tätigkeitsklausel als eine besondere, von der Gesamtsache verschiedene Sache anzusehen sein. Wenn während der Bearbeitung der getrennten Sache die restliche Sache beschädigt wird, wird auf diese Beschädigung die Tätigkeitsklausel nicht zur Anwendung kommen, vorausgesetzt, dass die örtliche Trennung des zu bearbeitenden Teiles von dem Rest der Sache so durchgeführt wird, dass offensichtlich bei normaler Durchführung der Bearbeitung die restliche Sache nicht in Mitleidenschaft gezogen werden kann.
Erweiterten Privathaftpflichtversicherung
Der Tätigkeitsausschluss findet in der erweiterten Privathaftpflichtversicherung nur insoweit Anwendung, als die Sachen vom Versicherungsnehmer oder den mitversicherten Personen entliehen, gemietet, geleast, gepachtet bzw. dem Versicherungsnehmer oder den mitversicherten Personen im Rahmen von bloßen Gefälligkeitsverhältnissen überlassen wurden; weiters, als die Sachen in Verwahrung genommen oder einer Bearbeitung (insbesondere Reparatur oder Wartung) unterzogen wurden. „Bearbeitung“ bedeutet lt. Wiktionary und wohl auch aus Sicht des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers:
- allgemein: Vorgang, durch den ein Gegenstand, zum Beispiel ein Dokument, in Form oder Inhalt verändert wird
- Technik: Vorgang, durch den ein Werkstück in eine andere Form gebracht wird
Eine Reinigung ist daher wohl nicht als „Bearbeitung“ zu verstehen, weil die Form der Sache dadurch nicht verändert wird.
Quellen: Maitz, AHVB/EHVB – Verlag Österreich, versdb SCHADENANALYSE
Autor: Ewald Maitz, MLS (Foto) – www.knowhow-versicherung.at
versdb – Datenbank: www.versdb.at
versdb – Zeitschrift: www.versdb.at/print
Titelbild: ©sdecoret – stock.adobe.com
zurück zur Übersicht
Beitrag speichern
sharing is caring
Das könnte Sie auch interessieren