Private Anleger in mehr als 50 Ländern platzierten ihr Erspartes 2017 nur noch zu 42% in Bankeinlagen, die Österreich jedoch weiterhin zu 80%. Damit fahren die heimischen Haushalte auch die mit Abstand niedrigste Rendite im Euroraum ein, wie der aktuelle Allianz Global Wealth Report zeigt.
Redakteur/in: Andreas Richter - Veröffentlicht am 26.09.2018
Im weltweiten Anlageverhalten kam es 2017 zu einer „bemerkenswerte Wende“, heißt es in dem Bericht, der Geldvermögen und Verschuldung der privaten Haushalte in über 50 Ländern analysiert. So wurden Bankeinlagen bei privaten Haushalten weltweit unbeliebter und verbuchten nur noch 42% der Neuanlage. 2016 lag dieser Wert noch bei 63%. Aktien und Investmentfonds, die von Anlegern nach der Finanzkrise weitgehend ignoriert wurden, kamen erstmals wieder auf nennenswerte Summen. Mit knapp einem Fünftel lag ihr Anteil an der Neuanlage sogar höher als in den Vorkrisenjahren. Im Kontext der boomenden Börsen verzeichneten Wertpapiere im Vorjahr mit 12,2% das mit Abstand stärkste Wachstum aller Vermögensklassen. Insgesamt stieg ihr Anteil an den gesamten weltweiten Ersparnissen auf 42%.
Inflation „Gift“ für Sparbuch-Sparer
In Österreich zeigt sich hingegen ein anderes Bild: Hierzulande flossen knapp 80% der frischen Spargelder in Bankeinlagen. Die Inflation konnte damit nicht mehr kompensiert werden, die reale Rendite des Geldvermögens fiel auf 0,1%. „Die Rückkehr der Inflation ist Gift für die ‚Sparbuch-Sparer‘, die privaten Sparanstrengungen sind hierzulande praktisch im Sand verlaufen“, sagt Martin Bruckner, Chief Investment Officer der Allianz Gruppe in Österreich. Weltweit wuchs das private Geldvermögen 2017 um 7,7%. In Österreich belief sich das Wachstum auf nur 3,3%.
Österreich Spitzenreiter bei Schuldenstandsquote
Die österreichischen Haushalte erzielten im Durchschnitt der letzten sechs Jahre eine reale Rendite von weniger als einem Prozent – mit Abstand der schlechteste Wert im gesamten Euroraum. Österreichs Haushalte konnten aber auch als Schuldner vom Zinsverfall nur wenig profitieren. Seit Beginn der geldpolitischen Lockerung steht ein Minus von 14 Mrd. Euro bei den Nettozinseinkommen zu Buche. In Summe aller Sektoren (private Haushalte, Staat, nicht-finanzielle Kapitalgesellschaften und finanzielle Kapitalgesellschaften) reduziert sich dieses Minus dank der heimischen Unternehmen allerdings auf drei Milliarden Euro (knapp ein Prozent des BIP). Mit 51,6% des BIP liegt Österreichs Schuldenstandsquote so niedrig wie in keinem anderen Industrieland der Welt.
Österreicher besitzen im Schnitt knapp 54.000 Euro
Mit einem Netto-Geldvermögen von 53.980 Euro pro Kopf liegt Österreich in der Rangliste der 20 reichsten Länder unverändert auf dem 17. Platz, einen Rang vor Deutschland. An der Spitze thront – nach einem Jahr Pause – wieder die Schweiz mit einem Pro-Kopf-Vermögen von 175.720 Euro. Auch sonst stehen die europäischen Länder 2017 insgesamt besser da als in den Vorjahren. Dies spiegle laut Allianz Report in erster Linie die Aufwertung des Euro im vergangenen Jahr wider. Global wuchs das Brutto-Geldvermögen der privaten Haushalte um 7,7% auf eine Gesamthöhe von 168 Billionen Euro.
Vermögenswachstum: USA stärker als China
Anders als zuvor entwickelte sich 2017 auch das weltweite Vermögenswachstum. Während es in den Industrieländern – allen voran den USA – um mehr als einen Prozentpunkt zulegte, ging es in den Schwellenländern – nicht zuletzt aufgrund des langsameren Wachstums in China – um drei Prozentpunkte zurück. 2017 gingen rund 44% des globalen Zuwachses im Brutto-Geldvermögen der Haushalte auf das Konto der USA, nur noch rund 25% auf Chinas. Allein in China gelang seit dem Jahr 2000 aber rund 500 Mio. Menschen der Aufstieg in die globale Vermögensmittelklasse; noch einmal mehr als 100 Mio. können sich heute sogar schon der globalen Vermögensoberklasse zurechnen. Die letzten beiden Jahrzehnte der Globalisierung ließen weltweit eine neue Vermögensmittelklasse entstehen, zu der bereits nahezu 1,1 Mrd. Menschen zählen – mehr als doppelt so viele wie zur Jahrtausendwende.
„Zeichen stehen auf Sturm“
Weltweit sei 2017 trotz zunehmender politischer Spannungen ein nahezu perfektes Jahr für die Anleger gewesen. Nun gehe aber die Post-Krisen-Ära unwiderruflich zu Ende, so Michael Heise, Chefvolkswirt der Allianz. „Die Zeiten, in denen eine extrem expansive Geldpolitik für eine stetige und weitgehend schwankungsfreie Aufwärtsentwicklung an den Finanzmärkten sorgte, sind vorbei. Die Zeichen stehen auf Sturm: Höhere Zinsen, Handelskonflikte und eine zunehmend populistische Politik verursachen Spannungen und Turbulenzen. Die ersten Monate dieses Jahres haben darauf schon einen Vorgeschmack gegeben“, so Heise.
Die Ergebnisse des Allianz Global Wealth Report sind in einem interaktiven Online-Tool einsehbar.
zurück zur Übersicht
Beitrag speichern
sharing is caring
Das könnte Sie auch interessieren